Der grosse Wunsch bleibt unerfüllt
21.11.2023 Bettwil, Region OberfreiamtDie Egli Motorradtechnik AG wird liquidiert – am Samstag ist der Garagen-Ausverkauf
Es ist eine Geschichte über Leidenschaft, über Träume. Über Schnelligkeit, über Innovation. Es ist aber auch eine Geschichte, die nicht weitergeschrieben ...
Die Egli Motorradtechnik AG wird liquidiert – am Samstag ist der Garagen-Ausverkauf
Es ist eine Geschichte über Leidenschaft, über Träume. Über Schnelligkeit, über Innovation. Es ist aber auch eine Geschichte, die nicht weitergeschrieben wird. Acht Jahre nachdem Alexander und Felicitas Frei die Egli Motorradtechnik AG übernommen haben, folgt die Liquidation. «Das tut extrem weh.»
Annemarie Keusch
Dass es in einer Werkstatt nach Motorenöl riecht, ist wenig erstaunlich. Auch die roten Motorräder springen einem sofort ins Auge, natürlich Eglis, die Eigenkreationen. Dass eines davon keine Räder hat, zeugt davon, was hier gemacht wird. Geschraubt, repariert, restauriert. Und trotzdem, es ist ruhig bei der Egli Motorradtechnik AG in Bettwil. Fast unheimlich. Kein Motor dröhnt, keine Maschine läuft, keine Mitarbeitenden nehmen einen in Empfang. «Wir sind aktuell noch zu viert», sagt Alexander Frei nachher beim Gespräch. Ihm ist bewusst: «Es ist gespenstisch ruhig geworden.» Aber es wird noch ruhiger. Ende Monat, dann wenn Schluss ist mit dem Geschäft, spätestens Ende Jahr, wenn auch der letzte Mitarbeiter einer neuen Anstellung nachgeht. Die Egli Motorradtechnik AG schliesst ihre Türen. Für immer.
Wirklich glauben kann Alexander Frei das nicht. «Es ist nicht einfach.» Seine Stimme sagts, sein Gesichtsausdruck zeigts. «Und trotzdem, es geht nicht anders. Es ist der einzige mögliche Schritt. Alles hat seine Zeit.» Alexander Frei wird nächstes Jahr 70-jährig. Seit drei Jahren beschäftigen sich seine Frau Felicitas und er damit, die Nachfolge zu regeln, vergebens. «Wir haben bis zuletzt gehofft. Aber uns ist bewusst, dass es aktuell nicht einfach ist, diesen Betrieb zu übernehmen.» Frei spricht das neue Egli-Motorrad mit einem 1400-ccm-V2-Motor an. Eine komplett in der Schweiz entwickelte und hergestellte Egli. Dass sie die Strassenzulassung erhält, war der grosse Traum der Freis. Und den liessen sie sich einiges kosten.
Über Sohn entstand Kontakt nach Bettwil
1965 hat Fritz W. Egli die Einzelfirma gegründet, damals noch in Oberwil, 1970 folgte der Umzug nach Bettwil. Meilensteine gab es viele zu feiern, bis 2015 der Verkauf kam. Wie heute bei den Freis war der Grund bei Egli damals das Alter. Frei erinnert sich: «Mein Sohn wollte in Solothurn eine Töff-Firma aufbauen und trat mit Fritz W. Egli bezüglich einer Vertretung von Royal Enfield in Kontakt.» Vater und Sohn gingen für eine Besprechung nach Bettwil. Am Schluss dieser platzierte Egli, dass seine Firma zum Verkauf stehe. Warum er, der zwar leidenschaftlicher Motorradfahrer ist, aber vorher nicht in diesem Bereich gearbeitet hat, zusagte? «Wir hatten grosse Lust, noch einmal etwas ganz Neues zu machen.»
Erfahrungen als Firmeninhaber hatte er. «Nun ist es das erste Mal, dass es ein solches Ende nimmt», sagt Frei. Er spricht von der schwierigsten Entscheidung, die es im Berufsleben zu fällen galt. Und eben, akzeptiert hat er sie noch nicht ganz. «Wir sind immer noch daran, möglichst gute Lösungen zu finden.» Gute Lösungen beispielsweise dafür, an wen sich Egli-Fahrer künftig für Reparaturen wenden können. «Was unsere Liquidation für die Marke Egli bedeutet, das ist schwierig zu sagen. Ich nehme an, dass eine Werkstatt die Ersatzteile kauft und die Marke weitergeht, auch ohne Firma», sagt Frei. Entsprechende Aussichten bestehen, spruchreif sei aber noch nichts.
Es hat noch zu viel gefehlt
Dieser Traum. Alexander Frei erwähnt ihn immer wieder. Nachdem 2017 die letzte Egli «Fritz W.» präsentiert wurde, wuchs die Idee einer komplett in der Schweiz entwickelten und hergestellten Egli. Die Freis stellten Ingenieure an, die neue Egli mit 1400-ccm-V2-Motor fährt auch, hat bereits die ersten Lärm- und Abgasmessungen absolviert und «eine ansehnliche Strecke auf geschlossenem Strassenareal zurückgelegt». Nur, bis zur Strassenzulassung brauchts noch viel. Viel Zeit, viel Aufwand, viel Geld. «Es ist immer aufwendiger, die Normen zu erfüllen», sagt Frei. «Es blieb uns nichts anderes übrig, als die Bremse zu ziehen.» Ob es falsch war, so viel Geld und Energie in die neue Egli zu stecken? «Ich weiss es nicht. Es war einfach unser Traum.»
Aber Frei ist realistisch genug und sagt, dass in den letzten zwei Jahren auch die Classic-Abteilung, wo in sorgfältiger Handarbeit Old- und Youngtimer-Motorräder über die Marke Egli hinaus restauriert werden, nicht lief. «Bis zur Pandemie stimmten diese Zahlen, seither nicht mehr.» Frei spricht von einem regelrechten Einbruch. «Wir haben weiterhin restauriert, aber die betriebseigenen Motorräder. Das brachte natürlich zu wenig Einkommen.» Eine Redimensionierung wäre nötig gewesen, das weiss Frei. «Aber das wollten wir nicht. Es hätte sich zu viel geändert.»
Viel Schönes, aber auch Frust
Ein Jahr ist vergangen, seit seine Frau und er die Mitarbeitenden erstmals informierten. Kurz darauf verliessen drei den Betrieb. «Das verstehe ich. Sie brauchen einen sicheren Job.» Für die Mitarbeitenden tue ihm das Ende am meisten leid. «Ich bin sehr froh, dass alle eine Anschlusslösung gefunden haben, die ihnen entspricht und gefällt.» Weh tue ihm das Ende auch für Firmengründer Fritz W. Egli, der anfangs noch als Berater in technischen Fragen fungierte. «Die Verbindung war immer da, schliesslich lebt er im Haus» sagt Alexander Frei. Und auch für ihn und seine Frau Felicitas tue ihm die Entwicklung leid. «Ich möchte klar betonen, wir sind nicht Konkurs gegangen, wir führen die Firma mangels Nachfolgelösung in eine geordnete Liquidation über. Aber auch das ist eine bittere Erfahrung.»
Was noch ansteht, ist der Garagen-Ausverkauf vom kommenden Samstag. Interessierte können Werkstatteinrichtungen, Werkzeug, Material, Mobiliar und einiges an Egli-Accessoires wie T-Shirts erwerben. Am Nachmittag werden die noch zum Verkauf stehenden Motorräder und Rahmenkits versteigert. Und dann, was bleibt? «Viele schöne Erinnerungen an eine spannende Zeit», sagt Alexander Frei. Im doch nicht mehr ganz jungen Alter noch so viel Neues kennenzulernen, das sei ein Privileg. «Aber es bleibt auch der Frust darüber, dass wir unseren Traum nicht erfüllen konnten.»