Sabrina Salm, Redaktorin.
Der Fall mit dem Ton
«Wie alt?», «von wo?», «12 Franken, bitte.» So und ähnlich tönt es in der Badisaison von den Personen hinter der Kasse. Es ...
Sabrina Salm, Redaktorin.
Der Fall mit dem Ton
«Wie alt?», «von wo?», «12 Franken, bitte.» So und ähnlich tönt es in der Badisaison von den Personen hinter der Kasse. Es ist üblich, dass das Badipersonal sich nach dem Alter der Kinder erkundigt, wissen möchte, woher die Gäste kommen, und natürlich den Betrag nennt, den der Eintritt kostet. Meist muss es ja schnell gehen, denn an heissen Tagen kommt es nicht selten vor, dass sich eine lange Schlange vor dem Eingang bildet. Für lange Schwätzchen und Small Talks reicht die Zeit nicht. Kurz und knapp halten reicht vollkommen aus. Die Frage ist nur, wie man es macht.
An einem schönen Sommertag bekomme ich in einer Badi gleich mit, wie man trotz Wortkargheit die Gäste richtig willkommen heisst und wie eben nicht. Person 1 scheint offensichtlich schlecht gelaunt zu sein. Grimmig, fordernd mit einer monotonen, flachen Stimme fragt sie «wie alt», «von wo», «12 Franken, bitte». Bei dieser Tonlage wertet nicht einmal das Anstandswort «Bitte» die Situation auf. Einige der Gäste betreten daraufhin irritiert die Badi. Andere wirken eingeschüchtert. So oder so, die Begrüssung hat auf die Laune gedrückt, was man definitiv gleich spürt und in den Gesichtern der Besucher sieht. Man könnte meinen, Gewitterwolken mit zischenden Blitzen seien aufgezogen und haben dem schönen Baditag einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Kurz darauf löst Person 2 die erste ab. Sie setzt sich und beginnt wie ihre Vorgängerin mit «wie alt», «von wo», «12 Franken, bitte». Diesmal schwingt in der aufgestellten Stimme jedoch Heiterkeit und Klarheit mit. Sofort erhellt sich die Stimmung in der Warteschlange wieder, die Vorfreude auf eine Abkühlung im Wasser ist bei den Badibesuchern zurückgekehrt.
Die gleichen Sätze, unterschiedlich vorgetragen, beeinflussen unsere Wahrnehmung und unsere Emotionen. Dies ist auch wissenschaftlich bewiesen. Es heisst, dass unser Gehirn Worte nach 140 Millisekunden verarbeitet. Der Inhalt spielt dabei nur eine sehr kleine Rolle. Denn wir überlegen schon vorher, anhand der Stimme, ob uns das Gegenüber sympathisch ist oder nicht. Das Wie ist also entscheidend. Der Tonfall macht eben wahrhaftig den Unterschied.