Das Realisieren beginnt
15.07.2025 Kelleramt, ArbeitNach 19 Jahren an der Kreisschule Kelleramt wurde André Kunz verabschiedet
Er habe sich jeden Morgen gefreut, vor die Klassen zu treten. Fast 20 Jahre lang tat André Kunz dies in Jonen. Die Wertschätzung, die er nun bei seinem Abschied erfuhr, ...
Nach 19 Jahren an der Kreisschule Kelleramt wurde André Kunz verabschiedet
Er habe sich jeden Morgen gefreut, vor die Klassen zu treten. Fast 20 Jahre lang tat André Kunz dies in Jonen. Die Wertschätzung, die er nun bei seinem Abschied erfuhr, überwältigt ihn. Er blickt auf die Zeit im Kelleramt zurück.
Annemarie Keusch
Es sind solche Beispiele, die zum Ausdruck bringen, wie sehr André Kunz in Jonen geschätzt wurde. In erster Linie von seinen Schülerinnen und Schülern. Und es sind Beispiele, die nachfühlen lassen, dass ihm der Abschied von der Schule Jonen nicht leichtfällt. Als er letztes Jahr nach einem dreiwöchigen Urlaub in Kuba am Flughafen in Zürich landete, warteten da Schülerinnen und Schüler – samt Plakat. Im Laufe der letzten Wochen ertönte im Unterricht plötzlich eine Konfetti-Kanone. Die Tür ging auf. Lino Martschini kam ins Schulzimmer. «Sie wissen, dass ich EVZ-Fan bin, und organisierten das für mich. Solche Momente machen den Abschied nicht einfacher», sagt André Kunz und lacht.
Leicht fällt es ihm sowieso nicht. 19 Jahre sind eine lange Zeit. «Die Schulleitung, das Lehrerteam. Es ist grandios hier», sagt er. Es seien Freundschaften entstanden, die weit über die Schule hinausgehen. Das Miteinander werde gelebt, in der Unterrichtsvorbereitung, aber auch am Jasstisch. André Kunz wurde bereits angefragt, ob er in den nächsten Jahren Abschlusslager begleite. «Wenn es passt, bin ich gerne dabei.» Auch in Bezug auf mögliche Stellvertretungen in Jonen winkt er nicht ab. «Wir werden sehen. Auf jeden Fall war es mir eine Ehre, mit diesen Menschen an dieser Schule tätig zu sein.»
Schon während Ausbildung Lehrer in Wohlen
Überhaupt, Kunz hat als Lehrer seine Berufung gefunden. «Es gibt doch keinen schöneren Job», sagt er. Er habe sich jeden Morgen gefreut, in die Schule zu fahren. «Zum Leidwesen der Schüler auch im Französisch-Unterricht um 7.30 Uhr.» Dabei wurde Kunz erst auf dem dritten Bildungsweg Lehrer. Nach Ausbildungen als Elektromonteur und im kaufmännischen Bereich und Aufenthalten im Ausland startete er 30-jährig die Ausbildung zum Lehrer. «Im Nachhinein bin ich froh darüber. Ich brachte mehr Lebenserfahrung mit, auch von der Arbeit auf dem Bau, vom ‹richtigen Leben›. Das war bestimmt kein Nachteil.» Damals herrschte im ganzen Land akuter Lehrermangel. Schon im letzten Ausbildungsjahr unterrichtete er parallel – an der Realschule in Wohlen. Mit Unterbrüchen blieb er zwölf Jahre lang an der Real- und Sekundarschule in Wohlen tätig.
Dann, vor 19 Jahren, erfolgte der Wechsel ins Kelleramt. Verändert hat sich in dieser Zeit viel. «Die Welt ist eine andere», sagt André Kunz. Vor allem das Smartphone habe vieles verändert. «Das Ausgrenzen erfolgt auf viel subtilere Art. Nicht in der Schule, sondern nachher, online.» Dass mehr und mehr Handyverbote an Schulen aufkommen, findet er gut. «Für manche Kinder kommt es einer Erlösung gleich.» Integrierte Schule, Folgen der Pandemie – wenig ist gleich, wie es war, als André Kunz Lehrer wurde. Aber er sagt: «Eigentlich geht es noch um das Gleiche. Die Schülerinnen und Schüler suchen ihren Platz in einer Gruppe, wollen akzeptiert werden.»
Die Schüler möglichst positiv beeinflussen
Das Lehrer-Sein sei für ihn im Laufe der Jahre und der Entwicklungen nicht schwieriger geworden. Authentisch sein, den Jugendlichen auf Augenhöhe begegnen, sie dort abholen, wo sie sind, und sie möglichst positiv beeinflussen – für André Kunz die Definition eines guten Lehrers. Als Klassenlehrer, anfangs in der Sekundar-, zwischenzeitlich in der Real- und zuletzt wieder mehrere Jahre in der Sekundarschule, habe er genau dies versucht. «Es ist eine Wechselwirkung: fordern und unterstützen.» Dass dabei ab und zu Reibung entsteht, das sei völlig normal. «Das gehört dazu. Und oft sind es genau diese Schüler, die einen nach Abschluss der Schulzeit am meisten besuchen», sagt André Kunz und lacht.
Zwölfminütiger Film zum Abschluss
Dass seine Zeit an der Schule in Jonen nun vorbei ist, «beginne ich langsam so richtig zu realisieren». Die Schulschlussfeier sei «unglaublich schön» gewesen. Weil Kunz Klassenlehrer einer Abschlussklasse war, bereitete er diese mit seinen Schülerinnen und Schülern mit vor. «Eine richtige Show.» Dazu gehörte auch ein zwölfminütiger Film mit Interviews über ihn. «Diese Wertschätzung zu erfahren, auch in vielen Nachrichten. Einmalig.»
Sizilien und Spanisch lernen
André Kunz schwärmt vom Lehrer-Sein, von der Schule in Jonen. Und trotzdem nimmt er eineinhalb Jahre vor der Pensionierung Abschied. «Eine Klasse zu übernehmen und nach eineinhalb Jahren weiterzugeben, das will ich nicht», sagt er. Eineinhalb Jahre über die Pension weiterarbeiten komme ebenfalls nicht infrage. Zu gross ist die Leidenschaft fürs Reisen, der Kunz nun nachgehen will. Und der Wunsch, frei zu sein. Im Herbst wird er einige Wochen in Sizilien verbringen. «Italien ist mein absolutes Lieblingsland.» Spanisch zu lernen, ist ein weiteres Projekt. Aber eben, Stellvertretungen an Schulen schliesst André Kunz nicht aus – in Jonen erst recht nicht. «Die Verbindung wird bleiben, ganz sicher.»