«Das klingt doch cool»
26.09.2025 Arbeit, Schule, Jugend, Wohlen«Wie ein Lotto-Sechser»
Berufe Wohlen+: Neue Führung sowie 420 Schülerinnen und Schüler auf Berufsschau
Die Berufsinfotage sind ein Erfolgsmodell – und für junge Menschen äusserst wertvoll. Auch ...
«Wie ein Lotto-Sechser»
Berufe Wohlen+: Neue Führung sowie 420 Schülerinnen und Schüler auf Berufsschau
Die Berufsinfotage sind ein Erfolgsmodell – und für junge Menschen äusserst wertvoll. Auch der Führungswechsel von Ruth Salzmann zu Thomas Leitch ist bestens verlaufen.
Daniel Marti
Zehn Jahre lang war Ruth Salzmann die treibende Kraft von Berufe Wohlen+. Sie brachte unzählige Firmen und die Schulen von Wohlen, Villmergen und Niederwil für die Berufsinfotage zusammen. Sie ermöglichte mit ihrem Engagement, dass sich die Unternehmen den jungen Menschen präsentieren können und dass Schülerinnen und Schüler der drei Gemeinden einen umfassenden Einblick in die Berufswelt erfahren dürfen. Im letzten Jahr übergab Ruth Salzmann ihr «Lieblingskind» in die Hände von Thomas Leitch, ehemaliger Lehrer und ehemaliger langjähriger SP-Grossrat von Wohlen. Natürlich war sie immer noch ein bisschen im Hintergrund tätig für die elfte Auflage. Sie kann deshalb am besten den Übergang beurteilen. Und Ruth Salzmann ist nach wie vor happy, dass sie Leitch für ihre Nachfolge gewinnen konnte. «Er ist wie ein Lotto-Sechser», freut sie sich. Ein feines Kompliment.
Und wie hat Thomas Leitch seine persönlich erste Auflage von Berufe Wohlen+ erlebt? «Es ist schlichtweg grandios, alles lief super», schwärmt er. «Ich bin riesig begeistert.» Alles sei bestens verlaufen. 63 Firmen haben den 420 Schülerinnen und Schülern eine tolle Plattform geboten. Und ringsherum würden viele Menschen die Berufsinfotage Berufe Wohlen+ nur bewundern. «Viele sind ein wenig neidisch auf uns», erklärte er. Denn der Schritt hin zur Professionalisierung geht stets weiter.
Und Thomas Leitch gibt das Kompliment von Ruth Salzmann ganz gerne zurück. «Ohne sie geht es nicht. Wir durften weiterhin von ihrem Wissen und von ihren Beziehungen profitieren. Denn ihr Netzwerk ist einfach riesig», so Thomas Leitch über seine Vorgängerin, die gleichzeitig Pionierin ist.
Berufe Wohlen+: Über 30 junge Menschen nahmen Einblick in die Firma Connova AG in Villmergen
Wenn Carbonteile dieser Firma in Formel-1-Boliden mitfahren oder in Satelliten im Weltraum mitfliegen, dann ist das definitiv faszinierend und interessant. Die Connova AG stellt genau solche Teile her – und war erstmals bei Berufe Wohlen+ dabei. Ganz zur Freude von etlichen Schülerinnen und Schülern.
Daniel Marti
«Wir pflegen viele spezielle Kunden, auch das macht unseren Job so interessant», sagt Taylan Toprak, er ist Verkaufsleiter der Connova AG. Im Villmerger Industriegebiet hat die Connova AG ihren Sitz. Von aussen beschaulich, und drinnen laufen die Drähte bei vielen spannenden Segmenten zusammen: Von der Luftfahrt bis zur Medizintechnik, von der Raumfahrt bis zum Motorsport und zur Automobilbranche. Aviatik und Industrie komplettieren die Bereiche. Die Connova AG steht für neue Wege des Verbundwerkstoffs. Sie stellt Carbonfaser-Bauteile her – und ist weltweit tätig.
Da klingt zwar vieles recht technisch. Aber wenn Toprak beschreibt, dass die Firma beispielsweise Teile für den Formel-1-Rennstall Sauber produziert oder für die Raumfahrt sehr leichte und ultrasteife Kohlefaserteile herstellt, ja dann klingt alles hochinteressant. Vor allem auch für junge Leute, die auf der Suche nach einer geeigneten Lehrstelle sind.
Premiere bei Berufe Wohlen+
Die Connova AG ist erstmals bei der Aktion Berufe Wohlen+ dabei. Aus gutem Grund. «Vor etwa drei Jahren haben wir uns auf den Weg gemacht, eigene Lehrlinge auszubilden», erklärt Taylan Toprak. Es sei für sie schwierig, Personal zu rekrutieren, «deshalb wollen wir es selbst ausbilden und wenn möglich an unser Unternehmen binden». Aktuell sind zwei junge Leute bei der Connova AG in der Ausbildung. «Wir möchten lokal verwurzelte Menschen in unserem Betrieb», sagt er noch. «Junge Menschen, die auf unseren Beruf und unsere Firma aufmerksam machen.» Deshalb ist Berufe Wohlen+ so wertvoll für die Firma.
Die Connova AG bietet zwei Lehren an: Formenbauer (4 Jahre) und Formenpraktiker (2 Jahre). «Es ist unser Ziel, jährlich ein, zwei Lehrlinge zu engagieren», betont Toprak. «Und ganz ehrlich, es klingt doch cool, wenn man Teile für die Formel 1, für Drohnen im zivilen Bereich oder für die Raumfahrt herstellen kann.» Das dachten sich auch etliche Schülerinnen und Schüler, die bei Berufe Wohlen+ mitmachten. Insgesamt über 30 junge Menschen interessierten sich für die spezialisierte Firma.
Lehrlingsausbildner Fabian Schenk erzählte mit Begeisterung von seinem Job. Die Lehre absolvierte er als Konstrukteur. Und als begeisterter Windsurfer und Segler musste er sich ab und zu mit kaputten Teilen beschäftigen. So entwickelte sich seine Faszination für Teile aus Carbon. Der Schritt zur Connova AG war dann nicht mehr weit. Die Carbonfasern wurden zu seinem Mittelpunkt im Berufsleben. «Carbon ist leicht, sehr stabil, sieht erst noch gut aus und es ist langlebig», fasst er für die jungen Menschen das Material zusammen.
Von der Forschung bis zur Produktion
Die Connova AG in Villmergen zählt zurzeit 50 Mitarbeitende, hinzu kommen rund zehn temporär Angestellte. Bei der deutschen Tochterfirma in der Nähe von Dresden sind es 25 Mitarbeitende.
Zum Produkt: Ganz viele Fasern werden zum Carbonstoff verwoben. «Und es entstehen qualitativ hochwertige Teile», präzisiert Fabian Schenk. «Wir bieten ganzheitliche Lösungen an», ergänzt Taylan Toprak. «Der Kunde kann mit einer Skizze zu uns kommen, und er bekommt ein gebrauchsfertiges Produkt.» Alles wird im Haus Connova erledigt. Die 50 Mitarbeitenden decken alles Wesentliche ab: Forschung, Entwicklung, Machbarkeitsanalyse, Beratung, Konstruktion, Berechnung, Produktion, Qualitätssicherung. Die Ingenieure entwickeln oft in enger Zusammenarbeit mit führenden Hochschulen und Partnern aus der Privatwirtschaft innovative Produkte. Bekannte Firmen zählen dabei zum Kundenstamm: Vom Formel- 1-Team Sauber über Porsche, Pilatus, Airbus, ABB bis hin zur Europäischen Weltraumorganisation European Space Agency oder dem Paul Scherrer Institut (PSI).
Eine Nische, die kontinuierlich wächst
Letztlich sind Carbonfasern Kunststoff. Da stellt sich die Frage nach der Umweltbelastung und der Nachhaltigkeit – vor allem auch bei den jungen Schülerinnen und Schülern. Der Leichtbau bietet einen grossen Vorteil: Er führt zu wesentlichen Energie-Einsparungen. Weniger Gewicht in Rennautos, Fahrzeugen oder Flugzeugen bedeutet weniger Treibstoff.
Spätestens zur Jahrtausendwende haben sich die Entwicklung der Carbonteile und die Nachfrage verändert. Dagegen werden Spezial-Carbonprodukte in Raumfahrt, Luftfahrt, Rennsport schon lange verwendet. «Das Thema Leichtbau gewinnt darüber hinaus nun stets mehr an Bedeutung», betont Taylan Toprak. «Wir besetzen eine Nische, die kontinuierlich wächst.»
In dieser Branche braucht er also immer mehr Spezialisten – zum Beispiel Formenbauer und Formentechniker, wie sie jetzt den interessierten Oberstufenschülern bei Berufe Wohlen+ erstmals gezeigt wurden.
Das gute Image weiter gestärkt
Berufe Wohlen+: 420 junge Menschen konnten während zwei Tagen 1425 Besichtigungen vornehmen
Ein glücklicher Chef Thomas Leitch. 420 zufriedene Schülerinnen und Schüler aus Wohlen, Villmergen und Niederwil. Und 63 Unternehmen, die eine perfekte Plattform geboten haben. Das ist Berufe Wohlen+. Die Infotage sind wertvoller denn je.
Daniel Marti
«Deine Brücke zur Berufswelt». So werden die Berufsinfotage Berufe Wohlen+ auch bezeichnet. Treffend natürlich. Wie wertvoll diese beiden Tage für die Oberstufenschülerinnen und Oberstufenschüler sind, war erneut bei der Abschlussveranstaltung in der Aula des Berufsbildungszentrums spürbar. Nur zufriedene und glückliche Menschen. Die Vertretungen der beteiligten Firmen, das Organisationsteam und stellvertretend vier Schülerinnen der Bezirksschule betonten, wie wichtig die Plattform inzwischen ist.
Was von Ruth Salzmann vor zehn Jahren im Alleingang ins Leben gerufen wurde und einen wahren Steigerungslauf hingelegt hat, wurde nun zu einem Verein fortgesetzt. Thomas Leitch, ehemaliger SP-Grossrat, amtet als Präsident. Er konnte Lucia Marjanovic, Angie Meyer und Werner Brunner dazu gewinnen. Rolf Mettier, Guido Burkard und Jenny Hugi machten vom ehemaligen Team weiter. Diese Besetzung zeigt, dass Berufe Wohlen+ immer weiter entwickelt werden konnte. Und mit Leitch ist eine Persönlichkeit am Ruder, die betreffend Berufswahl ein Experte ist. 35 Jahre lang war der Wohler an der Kreisschule Mutschellen als Klassenlehrer an der Sekundarschule tätig. In dieser Zeit begleitete er elf Klassen bei der Berufswahl.
«Die Allermeisten machen es gut»
Er engagiere sich gerne für das «grossartige Projekt der Berufsinformationstage», so Leitch weiter. «Im Aargau machen 80 Prozent der Jugendlichen eine Lehre, umso wichtiger ist eine sorgfältige Berufswahl.» Und Berufe Wohlen+ sei ein wichtiger Schritt im Berufswahlprozess.
Vereinspräsident Leitch hofft zudem, dass die 63 beteiligten Firmen und Institutionen nur gute Erfahrungen gemacht haben mit den jungen Leuten. 420 Schülerinnen und Schüler aus Wohlen, Villmergen und Niederwil holten sich wichtige Informationen in den Betrieben ab. Jugendliche der zweiten Oberstufe können laut Leitch eine Herausforderung für Lehrpersonen sein. «Dennoch bin ich überzeugt, dass die Allermeisten es gut machen.»
Und viele Jugendliche würden sich spätestens während der Lehre «grossartig entwickeln, weil sie nun den Sinn und die Verantwortung für sich selbst sehen». Dabei steuern die Unternehmungen einen wichtigen Anteil bei. Leitch ist auch absolut überzeugt vom dualen Bildungssystem. Praktische Erfahrungen im Betrieb und theoretischer Unterricht in der Berufsschule sind eine ideale Kombination. Auch dabei sind die Unternehmen natürlich ein wesentlicher Eckpfeiler.
Positives Image ist wichtig
Und das Freiamt mit einem vielfältigen Mix an Unternehmungen hat viel zu bieten. Dies verdeutlichte Claudia Heger mit ihrem Referat. Sie ist Leiterin Wirtschaftsförderung Bünztal. Der Regionalplanungsverband (Repla) Unteres Bünztal ist Trägerin der Wirtschaftsförderung Bünztal. Wichtig sind laut Heger die wirtschaftlichen Standortfaktoren. Dazu zählen die Qualifikation der Arbeitskräfte und der Verkehr. «Die Anbindung ist immer wieder wichtig», betont sie. Es brauche aber auch Flächen und Immobilien, damit sich die Region entwickeln könne. Eine wesentliche Rollen bei den harten Faktoren spielen das Netzwerk, und die steuerlichen Abgaben.
Weiche Faktoren, laut Claudia Heger ebenso wichtig, sind das positive Image und die Ausstrahlung. Die Region Bünztal sei diesbezüglich gut aufgestellt, «es gilt aber auch Herausforderungen zu meistern». Die Wirtschaft und die Betriebe der Region «müssen am Puls bleiben, stets gilt es Lösungen zu suchen». Beispielsweise bei der Digitalisierung, beim Fachkräftemangel und beim lebenslangen Lernen.
Die Wirtschaftsförderung Bünztal umfasst elf Gemeinden. Ein Vorteil sei die zentrale Lage und die gute Erreichbarkeit. «Gut, das sagen inzwischen alle, aber das Bünztal liegt tatsächlich zentral», so Heger. In unmittelbarer Nähe sind die Zentren Basel, Luzern, Zug, Zürich. Deshalb dürfe man von einem «interessanten Einzugsgebiet» sprechen. Wobei Wohlen und Villmergen den Mittelpunkt der Wirtschaftsförderung Bünztal bilden.
Das Gebiet, das Claudia Heger betreut, hat rund 2800 Firmen. In diesen werden aktuell rund 1080 Lernende ausgebildet, jährlich sind 330 neue Eintritte in eine Lehre zu verzeichnen. Die KV-Lehre ist dabei immer noch führend, wobei die Handwerkerberufe aufholen. Claudia Heger findet zudem Berufe Wohlen+ «extrem wichtig. Das ist eine super Sache, und wir sind dankbar und froh, darauf zählen zu dürfen.» Die Berufsinfotage tragen dazu bei, das «Image weiter zu stärken». Dies gilt auch für das Netzwerk innerhalb der Firmen.
Die Fachkräfte von morgen
Fasziniert von Berufe Wohlen+ ist auch Adrian Duss, Mitinhaber und Mitglied der Geschäftsleitung der KIP/Planora AG mit Standorten in Aarau, Muri und Wohlen. Rund 60 Mitarbeitende zählt das Unternehmen, 13 davon sind Lernende. Warum KIP/Planora Plätze für Lernende anbietet, hat für Adrian Duss drei Gründe. «Das duale Bildungssystem ist ein grosses Erfolgsmodell», sagte er bei seinem Referat. Die jungen Menschen müssen dabei auch rasch Verantwortung übernehmen.
«Und die Lehrlinge sind unsere Fachkräfte von morgen», so Duss. Es sei ein Bestreben der KIP/Planora AG, dass die Ausgebildeten dann weiter im eigenen Betrieb beschäftigt werden. Adrian Duss sind zudem die Begriffe Team, Kultur, Spirit wichtig. «Und vor allem der Spirit der jungen Menschen bereichert unseren Arbeitsalltag.»
Für ihn ist es zur Selbstverständlichkeit geworden, dass er Lernende anstellt und dass er sich bei Berufe Wohlen+ beteiligt. In kompakter Form könne ein Blick in verschiedene Berufe erfolgen, lautet ein Urteil von einem seiner Lehrlinge, der über Berufe Wohlen+ bei der KIP/Planora gelandet und dort geblieben ist. Der Entscheid für die Lehre sei für sein Leben prägend gewesen.
Genau solche Eindrücke konnten Zoé Angstmann, Vivienne Scholz, Alessandra D’Amato und Teodora Alimpic nur bestätigen. Sie sprachen am Apéro stellvertretend für die 1425 Besichtigungen während zwei Tagen. Die vier Bezlerinnen erzählten von ihren Erlebnissen. «Wir hätten uns die Berufsinfotage nicht besser vorstellen können», sagten alle vier.