«Das Herz berühren»
23.04.2024 BremgartenBea Nold eröffnet im Sommer einen Blumenladen in der einstigen «Wundertüte» – ein Kreis, der sich schliesst
Der erfolgreiche Urdorfer Blumenladen «Aloha» der Zufikerin Bea Nold zieht nach Bremgarten. Im August löst er das ...
Bea Nold eröffnet im Sommer einen Blumenladen in der einstigen «Wundertüte» – ein Kreis, der sich schliesst
Der erfolgreiche Urdorfer Blumenladen «Aloha» der Zufikerin Bea Nold zieht nach Bremgarten. Im August löst er das Liquidationsgeschäft an der Zugerstrasse ab. Für die Floristin ist es ein Heimkommen, das sie mit Vorfreude erfüllt – ihr aber auch viel Respekt abnötigt.
Marco Huwyler
Bea Nold hat wieder einmal Glück gehabt. Just als in ihr der Wunsch immer stärker wurde, ihren Beruf wieder näher von zu Hause auszuüben. Just als sie auch ernsthaft mit dem Gedanken zu spielen begann, ihren florierenden Blumenladen aus Urdorf ins Freiamt zu zügeln. Just dann ergab sich plötzlich die ideale Gelegenheit dafür. Im Herbst vernahm sie, dass Furrers Wundertüte in Bremgarten schliessen muss. Traurige Neuigkeiten eigentlich, die sie als regelmässige Kundin bestürzten. Doch damit wurde auch ein Ladenlokal im Herzen Bremgartens frei, an jener Lage, in jener Grösse, wie es sich Nold ausgemalt hatte. Ein Lokal zudem, das von Sabina Glarner verpachtet wird. Einer guten Kollegin von Nold. Eine, die einst selbst Floristin war. Die beiden Frauen verbindet auch darüber hinaus einiges. Und so war eine Einigung schnell gefunden. «Aloha» in der einstigen «Wundertüte» – das passt. Schicksal scheinbar. Einmal mehr.
Zeichen in Hawaii
Denn dieses Schicksal – beziehungsweise glückliche Fügungen – spielten schon so manche Male eine entscheidende Rolle in Bea Nolds Leben. Sie, die immer kreativ und ein wenig verträumt war, lässt die Dinge gerne auf sich zukommen. So war es schon zu Schulzeiten, als es um die Berufswahl ging. «Mein Mami hat mir eines Tages gesagt: So, jetzt gehst du mal in diesem Blumenladen schnuppern», lächelt die heute 52-Jährige. Und Beas Mutter landete damit einen Volltreffer. Denn was die Teenagerin im damaligen Bremgarter «City Fleur» an Umgebung und Aufgaben antraf, gefiel ihr so gut, dass sie darin ihre Berufung fand. «Die wunderbaren Düfte und überwältigenden Farben – damit arbeiten zu dürfen –, ich fühlte mich einfach auf Anhieb wohl und in meinem Element», sagt sie.
Auf dem Mutschellen machte Nold dann ihre Lehre und war anschliessend 12 Jahre lang Floristin und Geschäftsführerin im «Blumen-Laube-Arcade» in Oberlunkhofen. «Danach hatte ich das Gefühl, dass ich mal ausbrechen muss», sagt sie. Gemeinsam mit ihrem Mann nahm sich Nold eine viermonatige Auszeit in Hawaii. Eine Reise, während der sie viel Zeit hatte, um über ihre Zukunft zu sinnieren. Soll sie den Blumen treu bleiben? Einen eigenen Laden wagen? «Ich bat den Himmel damals um ein Zeichen», sagt sie. Und das kam gleich doppelt. Er schickte Bea Nold einerseits einen prächtigen Regenbogen. Und ein einheimisches Kind, das nichts von Nolds Beruf oder Gedanken wusste und ihr eine Zeichnung schenkte. Darauf zu sehen: ganz viele Blumen.
«Alohaspirit» vermitteln
So gründete Nold zurück in der Heimat folgerichtig den Blumenladen «Aloha», nach dem berühmten hawaiianischen Grusswort. «Es bedeutet unter anderem: ‹Liebe, Mitgefühl und Lebensfreude sollen dich heute durch den Tag begleiten›», erklärt die Floristin. «Genau das, was ich mit meinen Blumen auch vermitteln will.» Aus Respekt vor ihrem ehemaligen Arbeitgeber gründete Nold ihr eigenes Pflanzengeschäft weit weg vom Freiamt. «Dass es Urdorf wurde, war eigentlich dann Zufall – respektive Gelegenheit.» Oder je nachdem wieder Schicksal. Denn der Laden im Zürcher Exil florierte von Anfang an bis heute. Dieses Jahr würde Nold bereits das 20-Jahr-Jubiläum feiern. Doch eben – «Aloha» zügelt nach Bremgarten.
Bea Nold verspürt eine grosse Vorfreude auf den kommenden Sommer. «Es ist für mich ein wenig wie ein Heimkommen», sagt sie. Ihr neuer Laden wird in Fussdistanz zur Wohnung der Nolds liegen. Das bringt viele Vorteile. «Zuallererst den, dass ich so noch mehr für meine Tochter da sein kann. Das ist das Allerwichtigste.» Doch auch auf die Menschen hier freut sie sich. «Als jemand, der sein Leben lang in der Region gewohnt hat, kenne ich natürlich einige», lächelt sie.
Die Floristin spürt, dass sich auch die Menschen hier freuen, dass Bremgarten nach dem Abgang des «T&O Meisterfloristen» vor eineinhalb Jahren wieder einen Blumenladen erhält. «Von denen, die es bereits wissen, habe ich schon ganz viele nette Nachrichten erhalten», lächelt sie. Nold spürt immer wieder, dass den Menschen Blumen in ihrer Nähe guttun. «Gerade während Corona war das extrem», sagt sie. «Viele Leute waren einsam und brauchten Blumen und Pflanzen als Aufheiterung. Sie haben die Fähigkeit, das Herz zu berühren.»
Eine Gabe
Vor ihrer neuen Aufgabe – einem eigenen Laden am Ort, wo sie zu Hause ist – hat Nold auch viel Respekt. «Vor allem davor, dass die Menschen zu grosse Erwartungen haben», lächelt sie.
Davor, dass es nicht laufen könnte hier, in einer Ortschaft, wo manche Lädeli ums Überleben kämpfen, hat Nold dagegen keine Angst. «Vielleicht bin ich naiv. Doch ich habe grosses Vertrauen in die Menschen und in meine Pflanzen. Und bislang hat mich das noch nie enttäuscht.»
Einen grossen Anteil daran, dass die Blumenläden, in denen Nold tätig war, in vier Jahrzehnten immer floriert haben, hat natürlich auch die Floristin selbst. Ihr positives, strahlendes Gemüt ist ansteckend. Sie versprüht Zuversicht und gute Laune und passt damit wunderbar zu den Blumen, die sie umgeben. Hinzu kommt, dass Bea Nold sich aufrichtig interessiert für die Menschen, denen sie begegnet. Sie kann gut zuhören und auf Leute eingehen – und hat im Anschluss zumeist passende Blumen oder Pflanzen für den Betreffenden. «Das ist vielleicht auch eine Gabe, die ich haben darf», lächelt sie. «Manchmal kommt zum Beispiel vor, dass jemand ein Geschenk sucht. Da reichen mir dann oft ein paar wenige Angaben, um etwas zusammenzustellen, das wirklich gut zur Person passt – so wird es mir jedenfalls im Anschluss gesagt.»
Nold geht dabei intuitiv vor, wie sie überhaupt vieles nach Gefühl und im Moment macht. So auch den Einkauf. «Online bestellen liegt mir daher nicht», sagt sie. Beim Einkauf an der Blumenbörse kommen nämlich sämtliche Sinne der 52-Jährigen zum Einsatz. Neben dem Auge auch die Haptik und der Geruch. «Ich nehme einfach das, was mich anzieht.»
Keine Perfektion
Die Kunden Nolds schätzen ihre Art, Kompetenz und die Zeit, die sie sich nimmt. Letztlich kommt es ihr und ihrem «Aloha» auch zugute, dass die Besitzerin ein zufriedener Mensch ist, der nicht zwanghaft nach mehr Erfolg strebt. Nold ist zufrieden damit, wenn sie gut über die Runden kommt und Freude an ihrem Beruf hat. «Ich strebe keine Perfektion an, dafür aber viel Herzblut», sagt sie. Einen «typischen Stil» habe sie nicht. «Meine Arbeiten sind immer individuell und tagesabhängig.» Überhaupt nimmt sie sich selbst nicht zu wichtig. «Denn Blumen sind Blumen und von Natur aus schön. Die habe nicht ich gemacht.»
Ort der Entschleunigung
Sie schaffe bloss die Voraussetzungen dafür, diese Schönheit, so gut es geht, in Szene zu setzen. Und auch Menschen sollen in Nolds Laden stets optimale Voraussetzungen vorfinden, um zu gedeihen. Neben ihren langjährigen, vertrauten Mitarbeiterinnen Sybille Büttner und Yvonne Schmid beschäftigt Nold immer auch zwei Lehrlinge. «Ich habe grosse Freude daran, mit jungen Menschen zu arbeiten und zu sehen, wie sie wachsen», sagt sie. «Das Schönste ist es, wenn sie mich dann gar überflügeln.» Das hat Nold schon einige Male erleben dürfen. Mehrere ihrer ehemaligen Lernenden sind mittlerweile selbst erfolgreiche Floristen mit eigenem Laden und Renommee.
Die Zufikerin will in Bremgarten auch eine Oase des Wohlfühlens schaffen. «Ich werde meinen Kunden nach Möglichkeit beispielsweise gerne auch einen Kaffee anbieten», sagt sie. Aloha soll auch ein Ort der Entschleunigung sein. Wo die Sorgen des Alltags in den Hintergrund rücken und neben der Blumenpracht für einen Moment verblassen. Zumal schlussendlich eh vieles das Schicksal richtet, wie Nolds Werdegang beweist – hoffentlich auch in Bremgarten zum Positiven.
Der Blumenladen Aloha an der Zugerstrasse 7 wird voraussichtlich Ende August mit einem Fest eröffnet. Noch bis Ende Juli ist in der ehemaligen «Wundertüte» das Liquidationsgeschäft «Casa Rex» eingemietet.