«Das Ensemble ist übergeordnet»
06.12.2024 WohlenVersammlung der Ortsbürgergemeinde: Vorlage Umbau für das Regionale Zivilstandsamt Wohlen zurückgewiesen
Der Widerstand gegen den Umbau der Liegenschaft Bünzstrasse 3 samt Anbau wurde bereits im Vorfeld diskutiert. Die Rückweisung der ...
Versammlung der Ortsbürgergemeinde: Vorlage Umbau für das Regionale Zivilstandsamt Wohlen zurückgewiesen
Der Widerstand gegen den Umbau der Liegenschaft Bünzstrasse 3 samt Anbau wurde bereits im Vorfeld diskutiert. Die Rückweisung der 1,5-Millionen-Vorlage war logisch. Nun soll das Bauprojekt für das Regionale Zivilstandsamt Wohlen überarbeitet werden.
Daniel Marti
Das Anwesen der Villa Isler mit den drei Liegenschaften und dem wunderbaren Park ist schützenswert. Ihm gilt es Sorge zu tragen. Darüber sind sich die Mitglieder der Ortsbürgergemeinde, die Besitzerin dieser schönen Idylle, einig. Eingriffe sind nur mit viel Sorgfalt plan- und umsetzbar.
Ob der geplante Umbau der Liegenschaft Bünzstrasse 3, direkt neben dem Schweizer Strohmuseum, der sorgfältigen Prüfung standhalten kann, darüber wurde bereits im Vorfeld der «Gmeind» der Ortsbürger spekuliert.
Härtetest nicht bestanden, lautete der Entscheid der Ortsbürgergemeinde. Ein Rückweisungsantrag wurde mit 60 Stimmen grossmehrheitlich angenommen – und das Projekt an den Gemeinderat zurückbeordert. In die sanierte Bünzstrasse 3 sollte das Regionale Zivilstandsamt Wohlen einziehen. Die Umbaukosten plus Erweiterung werden auf 1,5 Millionen Franken geschätzt.
8-Punkte-Plan von Walter Dubler
Vor allem der ehemalige Gemeindeammann Walter Dubler stimmte die Ortsbürgerinnen und Ortsbürger auf den Rückweisungskurs ein. Er präsentierte, grundsolid und informativ, einen Acht-Punkte-Plan. Damit zeigte er die Mängel des Bauprojekts auf. Die Liegenschaft Bünzstrasse 3 sei ein schönes Gebäude, ähnlich wie die Villa nebenan, so Dubler. Vor allem der vorgesehene Anbau (für ein neues Traulokal) bekam sehr viel Kritik. Der sei unnötig, «und stört das bestehende Ensemble. Dieser Anbau verschlechtert das Erscheinungsbild markant», sagte Dubler weiter.
Er verwies zudem auf den Kaufvertrag zwischen der Ortsbürgergemeinde und der Familie Rudolf Isler aus dem Jahr 2007. Gemäss diesem Werk müssen Gebäude und Gartenanlage während 25 Jahren in der Gestaltung erhalten bleiben. Zudem müsste für Ersatz- und Ergänzungsbauten ein Wettbewerbsverfahren durchgeführt werden. Dubler kritisierte auch die Abweichung von der Machbarkeitsstudie, diese hatte dem Gebäude genügend Platz eingeräumt für das Zivilstandsamt, notabene ohne Anbau.
Er habe Verständnis dafür, dass der Anbau nun irreführend sein könne, relativierte Gemeindeammann Arsène Perroud. «Aber ohne Anbau gibt es grösste Bedenken, dass eine Lösung erzielt werden kann.» Das Raumprogramm des Regionalen Zivilstandsamtes benötige unbedingt einen Anbau. «Das Zivilstandsamt passt in den schützenswerten Park, es ist eine sinnvolle Ergänzung», betonte Pascal Emmenegger, Geschäftsführer von ae2p Architekten GmbH, die das Bauprojekt ausgearbeitet hat. Die Erweiterung mit dem Traulokal sei in Absprache mit der Denkmalpflege erfolgt, so Emmenegger weiter.
Denkmalpflege wird verschieden interpretiert
Auch Gemeindeammann Perroud verwies auf die Haltung der Denkmalpflege. Und die fiel im Beamtendeutsch folgendermassen aus: «Zusammenfassend ist das vorliegende Projekt in Nachachtung des geltenden Kulturgesetzes in seiner Stellung, Geschossigkeit und Volumenentwicklung in Bezug auf die Prüfbelange der Kantonalen Denkmalpflege als bewilligungsfähig zu beurteilen.» Diese Haltung gab verschiedentlich zu diskutieren.
Man müsse eben kämpfen um die Anliegen, betonten Urs Müller und Walter Dubler. So hat die Denkmalpflege beim benachbarten Strohmuseum einen Aussenlift bewilligt. Das müsse auch machbar sein bei der Bünzstrasse 3. Die Frage sei nur auf welcher Hausseite. Und ein Aussenlift würde eventuell das Platzproblem lösen.
Unterstützung für den Gemeinderat gab es von Einwohnerrat Ruedi Donat und von der ehemaligen Einwohnerrätin Marianne Keusch. Schon beim «Sternen» habe man um den Anbau gestritten und beim Schlössli gab es Widerstand, «heute sind beide nicht mehr wegzudenken», so Donat, dieser forderte, dass man nun mit dem Zivilstandsamt vorwärtsmache, damit endlich wieder Mietzins fliesst. Und Marianne Keusch sprach sogar von einem nicht angebrachten «Misstrauensvotum gegenüber den Fachleuten, die sich mit dem Umbau und Anbau beschäftigt haben».
«Zu wenig ausgereift»
Deutlich wurde Urs Müller: «Das Ensemble des ganzen Anwesens ist übergeordnet. Es ist einfach falsch, hier etwas anzubauen.» Und die Denkmalpflege, das sei herauszuspüren, «ist nicht ganz einverstanden, die will einfach nichts verhindern. Die Denkmalpflege stört sich auch am Anbau.» Man solle schliesslich dem Willen vom damaligen Verkäufer Rudolf Isler nachleben, erinnerte Hans Meyer. «Wir sind verpflichtet, dem Sorge zu tragen.» Die Rückweisung sei der Weg, «damit wir zu einer besseren und sinnvolleren Lösung kommen», sagte Einwohnerrätin Stefanie Dietrich. So gebe es Platz für gute Ideen. «Denn das Zivilstandamt ist an der Bünzstrasse 3 an einem guten Ort.» Und Andreas Weber spürte eine «unglückliche Situation», darum sei die Rückweisung richtig. Und beispielsweise mit einer Neuanordnung des Archivs – vom schönen Dachgeschoss in den Keller – werde wieder Platz frei. Das Projekt sei zu wenig ausgereift, reklamierte Christoph Weber.
Mut oder doch Verunstaltung
Der Aufruf von Dominik Donat kam letztlich nicht an: Walter Dubler wolle rund um die Villa Isler immer alles bekämpfen, er solle doch seine Energie positiv einsetzen. «Zeigen wir Mut und realisieren wir dieses Projekt.» Der ehemalige Gemeindeammann sieht das ganz anders: «Wir müssen kämpfen für unsere Anliegen. Beispielsweise für einen Aussenlift am richtigen Ort. Und wir müssen gegen diesen Anbau kämpfen, denn das ist eine Verunstaltung des gesamten Geländes.»
Diesem Aufruf folgten 60 Ortsbürgerinnen und Ortsbürger, sie unterstützten den Rückweisungsantrag (gegen 8 Nein). Die Rückweisung sehen die meisten als Chance für eine Lösung, die ideal ins Anwesen passt.
Und die Varianten sind wohl klar: Das Regionale Zivilstandsamt Wohlen ohne Anbau. Oder dann ein Wohnhaus, wie es das 1836 erbaute und historische Gebäude schon fast immer war.
Der Rückweisungsantrag
Das Vorprojekt Bünzstrasse 3 sei an den Gemeinderat zurückzuweisen mit dem Auftrag, das Ergebnis der Machbarkeitsstudie im Rahmen der Vorprojektstufe nochmals zu vertiefen. Dies mit der Auflage, innerhalb des bestehenden Gebäudes das Raumprogramm unterzubringen (also folglich ohne Anbau). Dieser Antrag von Walter Dubler, ehemaliger Gemeindeammann und ehemaliger Vorsteher Ortsbürgergemeinde, wurde mit 60 Ja zu 18 Nein bei einer Enthaltung gutgeheissen. Falls die Schlussfolgerung sein sollte, dass die Bedürfnisse des Regionalen Zivilstandsamtes so nicht erfüllt werden können, «muss die Weiterprojektierung aufgegeben werden», sagte Dubler noch. Das bedeutet, dass für die Bünzstrasse 3 eine neue Nutzung gesucht werden müsste.

