Brücken der Verständigung
31.05.2024 WohlenZuversicht trotz Fehlstart
Jubiläum Kinderhort Peter Dreifuss
Die Kita Peter Dreifuss steht vor dem 50-Jahr-Jubiläum. Sie ist zur wichtigen Institution geworden. Der Start war aber schwierig. Die «Kommission zur Förderung des Kontaktes zur ...
Zuversicht trotz Fehlstart
Jubiläum Kinderhort Peter Dreifuss
Die Kita Peter Dreifuss steht vor dem 50-Jahr-Jubiläum. Sie ist zur wichtigen Institution geworden. Der Start war aber schwierig. Die «Kommission zur Förderung des Kontaktes zur ausländischen Bevölkerung» plante den Kinderhort Asilo. Das Stimmvolk lehnte im März 1973 den Gemeindebeitrag an der Urne ab. Ein Fehlstart. Gebaut wurde trotzdem. Mit Zuversicht. --dm
Kita Peter Dreifuss an der Oberen Farnbühlstrasse: Eine bewegende Geschichte hin zum Jubiläum
Die Kindertagesstätte (Kita) Peter Dreifuss feiert ein grosses Jubiläum. Die Entstehungsgeschichte ist eindrücklich und bewegend. Vor allem dank dem Industriellen Peter Dreifuss konnte die Institution gut gedeihen. Weiter leisteten Don Silvano Francola, der italienische Seelsorger in Wohlen, und der Gemeinnützige Ortsverein (GOV) wichtige Unterstützung.
Daniel Marti
Wenn die Kita Peter Dreifuss an der Oberen Farnbühlstrasse am Samstag, 22. Juni, ihr 50-Jahr-Jubiläum feiern darf, dann werden alle Beteiligten strahlen und sich freuen. Eine gute Sache wird dann ein halbes Jahrhundert alt sein. Eine Tagesstätte, die wertvolle Dienste anbietet, wird im Mittelpunkt stehen. Vergessen ist dann das eher schwierige Verhältnis zur Gemeinde Wohlen in den Anfangszeiten. Vergessen sind dann die finanziellen Probleme. Alle Hürden – und die waren nicht klein – wurden in den 50 Jahren genommen. Die Kita Peter Dreifuss steht heute gefestigt da, sie ist seit März 2015 ein Verein. Und seit sechs Jahren gibt es sogar einen Kooperationsvertrag mit der Gemeinde.
Gemeindebeitrag scheiterte am Referendum
Das war nicht immer so harmonisch. Die Gemeinde Wohlen wollte oft dem Asilo, so die frühere Bezeichnung, zur Seite stehen. Was aber längst nicht immer klappte. Der Beginn war bereits recht schwierig. Und der war im Jahr 1972. Der Industrielle Peter Dreifuss setzte eine Arbeitsgruppe ein, um einen Kinderhort zu realisieren. Die «Kommission zur Förderung des Kontaktes zur ausländischen Bevölkerung» sah ihre Aufgabe darin, einen Kinderhort zur Betreuung der Gastarbeiterkinder zu bauen, dies betraf vor allem Menschen aus Italien. Der Gemeinnützige Ortsverein (GOV) übernahm die Trägerschaft für den Kinderhort und die katholische Kirche bewilligte einen Baubeitrag in der Höhe von 200 000 Franken. Die reformierte Kirchgemeinde steuerte 15 000 Franken bei. Mit dem GOV hoffte man, die politischen Kräfte und die Bevölkerung für das Projekt zu gewinnen und zu begeistern. Dies gelang nicht immer – obwohl das Engagement des Gemeinnützigen Ortsvereins immer riesig war.
Der Gemeinderat wollte tatsächlich 250 000 Franken an den Bau des Kinderhorts beisteuern. Der Einwohnerrat sagte dazu überzeugend Ja mit 29 zu 5 Stimmen. Trotzdem gab es Widerstand. Der LdU, der Landesring der Unabhängigen, die Partei gibt es heute nicht mehr, ergriff das Referendum und sammelte 1214 Stimmen. Und tatsächlich: Wohlens Stimmbürger lehnten im März 1973 den Gemeindebeitrag an der Urne knapp ab. Dies war ein klassischer Fehlstart der Beziehung Asilo – Gemeinde.
Peter Dreifuss schenkte das Land und viel Hoffnung
Noch am Tag der Abstimmung beschloss die Kommission, das Bauprojekt trotzdem weiter zu verfolgen. Auf eigene Faust, auf eigene Verantwortung. Peter Dreifuss stellte das Bauland (18 Aren) an der Ecke Obere Farnbühlstrasse / Reithalleweg mit einer Schenkung zur Verfügung. Dies war ein neuerlicher Startschuss mit viel Tempo. Denn zwei Monate später, im Mai 1973, erfolgte bereits der Spatenstich. Und am 8. Juni 1974 wurde das Asilo eröffnet. Die Feier dauerte drei Tage. «Das Ziel war hochgesteckt, der Weg beschwerlich», hiess es damals.
Das Fazit über das Einweihungsfest fiel sehr positiv aus. Zitat aus dieser Zeitung vom 11. Juni 1974: «Es wurden Brücken gebaut. Brücken der Verständigung zwischen Nationen und Konfessionen.Von Mensch zu Mensch.» Zehn Wohler Künstler stellten bei der Einweihung ihre Werke aus, der Erlös von Verkäufen floss ins Bauwerk. Gemeinderat Bruno Fontana übergab Hermann Vögeli, Präsident der Baukommission, einen kleinen finanziellen Zustupf. Und Nationalrat Albert Rüttimann aus Jonen bezeichnete die Einweihung als «Tag der Freude».
Zwei Jahre später lag die Bauabrechnung vor. Die Realisation des Kinderhortes kostete 864 755 Franken.
Den sozial schwachen Schichten nicht mehr zumuten
Die Zahl der betreuten Kinder lag jeweils zwischen 50 und knapp über 60. Anfang der 1980er-Jahre sank diese Zahl regelmässig unter 50. Und Mitte der 1980er-Jahre wurde zudem erstmals angekündigt, dass die Ordensschwestern bald in ihr Stammhaus nach Italien zurückbeordert werden. Die Ordensschwestern waren für die Betreuung der Kinder extra aus Italien angereist. Diese Rückkehr geschah dann glücklicherweise erst im Jahr 2005. Gleichzeitig fielen die Beiträge des Kantons und des italienischen Konsulats weg. Spätestens da mussten neue Finanzquellen gesucht werden – bei der Bernhard und Theodor Dreifuss-Stiftung wurde man fündig. Die Stiftung sprang ein, um die Mehrkosten zu übernehmen. Dass die Finanzen saniert werden mussten, stand allerdings schon Ende der 90er fest. Der jährliche GOV-Beitrag alleine reichte eben nicht aus, anfänglich waren das 2000 und später 4000 Franken.
Aber auch Verhandlungen mit der Gemeinde scheiterten. Im Jahr 2000 gab es ein Nein, den Jahresbeitrag von 5000 Franken zu erhöhen. Die Kosten wurden damals zu 70 Prozent mit Elternbeiträgen gedeckt, «doch mehr kann den sozial schwachen Schichten nicht zugemutet werden», ist im Protokoll des GOV aus dem Jahr 2000 nachzulesen. Eine gewisse Entspannung resultierte dann dank der damaligen CVP. Auf Antrage der Partei wurde der Gemeindebeitrag von 5000 auf 15 000 Franken erhöht. Dies war ein Zeichen, dass Gemeinde und Kinderhort die steten finanziellen Probleme angehen wollten.
Seit 2018 ein Kooperationsvertrag
Auch der Kinderhort musste schmerzliche Einschnitte akzeptieren. Aus Kostengründen musste Anfang Jahrtausend der Betrieb auf drei Abteilungen reduziert und eine Erzieherin entlassen werden. Für die Betreuung der damals 45 Kinder mussten zwei Schwestern und eine Erzieherin reichen. Die nächste grosse Hürde stellte die Renovation der Kita Peter Dreifuss im Jahr 2011 dar. Diese wurde dank dem Erneuerungs- und Investitionsfonds sowie dank einem Darlehen des Gemeinnützigen Ortsvereins in der Höhe von 300 000 Franken gemeistert. Peter Dreifuss – immer wieder er – legte bereits im Jahr 1981 einen Erneuerungsfonds an.
Im Jahr 2018 erfolgte die Namensänderung: Aus dem Kinderhort Peter Dreifuss wurde die Kita Peter Dreifuss. Und ein Verein. Mit der Gemeinde Wohlen konnte eine Kooperationsvereinbarung eingegangen werden, welche die Zusammenarbeit untereinander regelt.
Schöne Aussichten gleich doppelt
Und der Gemeinnützige Ortsverein kann aktuell über die Kita nur Positives berichten. «Die Kita Peter Dreifuss steht auf gesunden finanziellen Beinen», steht im GV-Protokoll des letzten Jahres. Und weiter: «Die Planung der Kitaerweiterung wurde an die Hand genommen, die in diesem Jahr unter der Leitung von Architekt Vincenz Erni fertiggestellt wird. Mit dem Einbezug des ehemaligen Schwesternhauses erhält die Kita mehr Platz.» Schöne Aussichten.
Die Existenz des Asilo war mehrfach bedroht, wegen personellen und finanziellen Sorgen. Dank der grossen Unterstützung von Peter Dreifuss, der Theodor und Bernhard Dreifuss-Stiftung sowie des GOV konnte immer wieder das Schlimmste verhindert werden. Der GOV stellte mit seinem Patronat sicher, dass der Kinderhort Peter Dreifuss den Betrieb aufnehmen und diesen am Leben erhalten konnte. Auch deshalb kann die beliebte Kita in drei Woche ein grosses Jubiläum feiern. «Und die heutigen gesetzmässigen wie auch finanziellen Rahmenbedingungen waren für die Kita Peter Dreifuss noch nie so gut», hält der Gemeinnützige Ortsverein fest. Nochmals schöne Aussichten.
«Ein Pionierwerk mit grosser Bedeutung»
Paul Huwiler ist neuer Präsident der Trägervereins
Der Verein Kita Peter Dreifuss hat mit Alt-Gemeinderat Paul Huwiler einen neuen Präsidenten. Er wurde für dieses Amt angefragt und hat dann auch zugesagt. «Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für mich ein Thema, das mich während meiner politischen Tätigkeit als Einwohner- und später als Gemeinderat stets begleitet hat und für das ich mich immer eingesetzt habe», sagt er. «Wohlen unterstützt Familien und Erziehende vorbildlich bei der familienergänzenden Kinderbetreuung.» Er habe die Anfrage gerne geprüft und den Aufwand abgeschätzt. Er sei dann zum Schluss gekommen, dass er diese Aufgabe bewältigen könne. Insbesondere sei ihm «die Thematik aus meiner früheren Tätigkeit bekannt». Am 25. März wurde Paul Huwiler als Vorstandsmitglied und Präsident des Vereins Kita Peter Dreifuss gewählt.
Und Paul Huwiler kann natürlich die Bedeutung der Institution sehr gut einordnen: «Die Kita Peter Dreifuss war ein Pionierwerk in Wohlen und hatte in der Gründerzeit vor 50 Jahren eine grosse Bedeutung für italienische Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter. Heute besuchen Kinder aus vielen verschiedenen Nationen die vier Gruppen der Kita.»
«Gebot der Stunde»
Huwiler betont zudem, dass die Kita über grosszügige Räume und einen Aussenspielbereich in einem privaten Park verfügt. «Sie bildet Lernende aus und fördert so den eigenen Nachwuchs an Fachpersonen. Das Angebot an familienexternen Betreuungsmöglichkeiten ist ein Gebot der Stunde und hilft, dem Fachkräftemangel zu begegnen.» Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf werde durch Kindertagesstätten gefördert beziehungsweise ermöglicht. «Für Wohlen ist die Kita Peter Dreifuss aufgrund ihrer Grösse mit den vier Gruppen mit maximal 75 Betreuungsplätzen systemrelevant», so der neue Präsident abschliessend. --dm
Tag der offenen Tür
Am Samstag, 22. Juni, feiert die Kita Peter Dreifuss ihr 50-Jahr-Jubiläum. Mit einem Tag der offenen Tür wird dann ein interessanter Einblick gewährt. Es gibt dabei auch vielfältige und interessante Programmpunkte.
Geplant ist eine «Märliecke»: Stündlich werden Geschichten vorgelesen. In einer «Schminkecke» können sich die Kinder schminken lassen. An einem Basteltisch können die Kinder individuelle Sachen basteln. Weiter werden diverse Spiele für Unterhaltung sorgen: Angelspiel, Parcours Dosenspiel. Und selbstverständlich gibt es einen Wurststand und Waffelstand, inklusive Getränke und Glaces. --dm