«Bremgarter Leu» für Stadtführer
11.11.2025 BremgartenDie Verleihung des Förderpreises der Ortsbürgergemeinde fand im Casino statt
Jährlich verleihen die Ortsbürger den Förderpreis «Bremgarter Leu», dotiert mit 10 000 Franken, an Personen oder Institutionen, die sich in besonderem Masse in ...
Die Verleihung des Förderpreises der Ortsbürgergemeinde fand im Casino statt
Jährlich verleihen die Ortsbürger den Förderpreis «Bremgarter Leu», dotiert mit 10 000 Franken, an Personen oder Institutionen, die sich in besonderem Masse in und um Bremgarten bemüht haben. Die Stadtführer revanchierten sich im Casino mit einer wahren Begebenheit von 1776.
Hans Rechsteiner
Nach den Begrüssungen trat für den letztjährigen Preisträger, die turnenden Vereine mit all ihren Sparten und Riegen, Ilona Hersperger ans Mikrofon. Der willkommene Betrag sei vor allem der Jugendförderung zugutegekommen, die Turnfamilie besuchte siebzigköpfig das imposante Mehrsportzentrum des Aargauischen Turnverbandes in Lenzburg und richtete einen Plauschjugendtag aus. Hersperger wünscht «dem Leu ein schönes Jahr 2026 in der Stadtführergruppe. Ihr habt ihn verdient.» Stadtammann Raymond Tellenbach kommentierte mit leiser ironischer Wehmut: «Ich weiss, wie schwär es isch, de Leu loszloo.»
Die Ehrung gilt den szenischen Stadtführungen
Die Stadtführergruppe erhält den Bremgarter Leu, eine gute Skulptur des Holzbildhaukünstlers Alex Schaufelbühl, ein Wanderpreis für je ein Jahr, für ihre szenischen Stadtführungen, deren Anfänge mit Rundgängen ins Jahr 1994 zurückgehen. Raymond Tellenbach fasste die Begründung für den verdienten Förderpreis in Worte: «Der diesjährige Preis wird verliehen für die lebendige Darstellung von unterschiedlichen Facetten des Lebens im Bremgarten vom Mittelalter über die frühe Neuzeit bis ins 19. und 20. Jahrhundert. Die selber recherchierten und mit viel Leidenschaft und Detailtreue vorgetragenen Darbietungen in der historisch einzigartigen Kulisse der Stadt vermögen jedes Mal ein vielhundertstarkes Publikum zu begeistern. Diese Aufarbeitung von historischen Details stellt einen wichtigen Beitrag an das kulturelle Leben in unserer Stadt dar.»
«De Raufhandel vo zwöi bsoffne Wiiber z Boswil – 1776»
Die Stadtführergruppe revanchierte sich auf der Casinobühne in eindrücklicher theatralischer Kompetenz. Aufgeführt wurde eine schon mal 2017 gespielte Szene um einen geschichtlich verbürgten vom damaligen Berner Landvogt Ulrich von Steiger dem Jüngeren gefällten Gerichtsfall, von Historiker Reto Jäger überarbeitet und mit dem Nachtwächter (Alt-Stadtammann Robert Bamert) und dem Geist der so unglücklich zu Tode gekommenen «Turi Müli» trefflich ergänzt. Und der ging so: An einem fatalen Abend kam es «bim Heiri Notter dehei z Boswil zwüsche em Turi Müli ond em Bölle Trini» zu einem tragischen Raufhandel «vo zwöi Wiiber, sie händ halt zvill gsoffe». Am Schluss «isch s’Turi Müli eifach tot gsii», wie s’Bölle Trini (75) aussagte. «Aber ich bi uuschuldig, ich ha uu Schulde.» Wie war es zum Streit gekommen? s’Bölle Trini: «Sie het mer die Fründ ewegnäh wele.» Der Landjäger, anderntags spät am Tatort eingetroffen, wohl zu Fuss, rapportiert: «Mir händ sie verlochet, sie hät jo nüüt gha, de armi Tropf.» Protokoll: «kes, bruuched mer nüt.» Am 7.7.1777 fällt Landvogt von Steiger in Bremgarten das Urteil: Bölle Trini wird geschlagen, bis ihr Rücken blutet, dann wird sie nach Hause nach Boswil verbannt, sie darf das Dorf nie mehr verlassen und nie mehr eine Beiz und keine Losi besuchen, lebenslang.
Gesellschaftliches Ereignis
Eine besondere Laudatio schenkte der mit dem «Bremgarter Leu 2025» Geehrte Georg Matter, als Leiter der betreffenden Abteilung im Departement Bildung, Kultur, Sport der wichtigste Kulturhüter und -förderer im Kanton. Er rühmte die szenischen Stadtführungen als ein «einzigartiges Format, ein gesellschaftliches Happening, ja, ein besonderes Freilichttheater, das Kultur und Geschichte zusammenfliessen lässt, eine Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart». Sich begegnen in den Kulissen der eigenen Stadt, Kultur und Geschichte erleben als Einladung, Bremgarten neu zu entdecken, versteckte Ecken, Hinterhöfe und Plätze zu finden. Das sei ein Geschenk an die Stadt und an die ganze Region. «Wenn Menschen zusammenkommen, kann Grosses entstehen und weit in die Zukunft wirken.» So sei der Leu ein Zeichen grosser Wertschätzung.
Für die musikalische Überraschung sorgte die unvergleichliche Elisabeth Sulser. Sie bespielte den alten Dudelsack, ihre Flöten, das Kuhhorn, ein Krummhorn aus der Renaissance – und natürlich den Flügel. Danach wurde ein Apéro riche ausgerichtet und selbstverständlich Stadtberger ausgeschenkt, denn schliesslich war es ein prächtiger Anlass der Ortsbürger.

