Bevölkerung möglichst breit abholen
22.08.2025 Region Oberfreiamt, BesenbürenDie Gemeinde Besenbüren lancierte einen Online-Dialog zum kontroversen Thema Abfall
Grüngut abholen lassen oder weiterhin zur Sammelstelle im Dorf bringen? Die Sammelstelle weiterhin unterhalten oder sich als Gemeinde dem Recycling-Paradies anschliessen? Es sind ...
Die Gemeinde Besenbüren lancierte einen Online-Dialog zum kontroversen Thema Abfall
Grüngut abholen lassen oder weiterhin zur Sammelstelle im Dorf bringen? Die Sammelstelle weiterhin unterhalten oder sich als Gemeinde dem Recycling-Paradies anschliessen? Es sind die zwei kontroversesten Fragen rund um ein Thema, das in Besenbüren bewegt: der Abfall.
Annemarie Keusch
Zufall wars. Das gibt der Gemeinderat Besenbüren unverhohlen zu. «Ein positiver Zufall, um den wir mittlerweile sehr froh sind und den wir weiterempfehlen würden», ergänzt Gemeinderat Peter Ammann. «BrainE4» heisst dieser Zufall, den Gemeindeammann Mario Räber entdeckte, als er via Google Maps über Besenbüren flog. Dieser Eintrag stach ihm ins Auge. «Ich kannte diese Firma überhaupt nicht und wurde neugierig.» Räber meldete sich bei Andreas Seonbuchner. Er ist Gründer von «BrainE4» und lebt in Besenbüren. Seine Firma entwickelte das Umfrage-Tool, das die Gemeinde nun zum zweiten Mal nutzte. «Es ist ein gutes Instrument, um die Bevölkerung auf den Weg der Partizipation zu bringen», sagt Gemeinderat Peter Ammann.
Dass an der «Gmeind» jeweils nur ein Prozentsatz der Stimmberechtigten entscheidet, das ist auch in Besenbüren so. «Das stört mich», sagt Mario Räber. «Natürlich, ganz viele Leute hätten die Chance, dabei zu sein, tun es aber nicht. Trotzdem muss man sich die Frage stellen, wie breit abgestellt denn Entscheide sind, die dort gefällt werden.» Und dennoch, die Gemeindeversammlungen sind neben dem zweimal jährlich stattfindenden Politapéro die Orte, wo der Gemeinderat die Meinung der Bevölkerung abholt. «Aber es sind immer in etwa dieselben. Dieselben, die teilnehmen und dieselben, die etwas sagen. Wir wollten aber auch den anderen Leuten im Dorf Gehör verschaffen», betont Mario Räber.
Immer zwischen zwei Thesen entscheiden
Rund um das Thema Schulraum lancierte die Gemeinde ein erstes Mal einen Online-Dialog. Während mehrerer Wochen steht dieser der Bevölkerung offen. Zwei Thesen stehen jeweils einander gegenüber. Wer teilnimmt, gibt an, welche er oder sie präferiert. «Und wer mit beiden nicht einverstanden ist, kann seine Thesen hinzufügen», sagt Mario Räber. Diese neuen Thesen werden sofort bisherigen gegenübergestellt. Eine Interaktion zwischen Gemeinderat und Bevölkerung also. Und eine Möglichkeit, Meinungen abzuholen, bevor Projekte oder Konzepte fertig ausgearbeitet werden. «Genau das ist der Punkt. Wir erhoffen uns dadurch, vorher schon die Stossrichtung zu erfahren, bevor die grosse Arbeit losgeht», sagt Peter Ammann.
So ist es nun auch mit dem Thema Abfall. Dass dieses bewegt, zeigte sich am letzten Politapéro deutlich. Schon seit mehreren Jahren kommen diesbezüglich punktuell Äusserungen an Gemeindeversammlungen. Kommt hinzu, dass das aktuelle Abfallreglement von 2015 ist und den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden muss. Die Gemeinde beauftragte einen Experten, sich mit dem Reglement zu befassen, um Vorschläge zu erhalten, wo es Verbesserungspotenzial gibt. Zudem soll neu das Grüngut im Reglement inkludiert werden. Daraus entstanden verschiedene Wunschszenarien. Und als der Prozess beinahe beendet war, folgt die Botschaft aus Muri, dass fortan nur noch im Recycling-Paradies entsorgen darf, wer in einem Dorf lebt, das sich an den Kosten beteiligt. «Das spuckte uns gehörig in die Suppe», gesteht Peter Ammann. Die Vielfalt an möglichen Lösungen und Diskussionspunkten wurde also noch vielfältiger. «Wie man dabei die Lösung ausarbeitet, die für alle stimmt? Für uns lag es auf der Hand, dies auch mittels Online-Dialog zu eruieren.»
Resultate gibts am Politapéro vom 22. Oktober
Konkrete Resultate vom Online-Dialog können und wollen Ammann und Räber noch nicht präsentieren. «Die Analyse ist noch nicht abgeschlossen», sagt Ammann. Zudem soll die Bevölkerung am Politapéro am 22. Oktober eingehend informiert werden. Bereits klar ist, dass die Bevölkerung den Online-Dialog schätzt. Über 100 machten mit, knapp ein Sechstel aller Einwohnerinnen und Einwohner. «Ein schönes Zeichen. Wir hoffen sehr, dass auch viele am Politapéro dabei sind und dann natürlich an der ‹Gmeind›. Denn Online-Umfrage hin oder her: entschieden wird an der Gemeindeversammlung», betont Mario Räber.
Die Knackpunkte beim Abfallthema sind heute schon klar. Einerseits geht es um Grüngut. Bisher hat die Bevölkerung dieses bei der Sammelstelle im Dorf abgegeben – dort, wo auch Glas, PET, Aluminium, Leuchtmittel, Öl, Batterien, Plastik, Alteisen und Altkleider gesammelt werden. Dass dort nicht nur die Besenbürer Bevölkerung ihr Grüngut ablagert, stört. «Unser Dorf allein hätte nicht solch überdurchschnittliche Mengen», weiss auch Peter Ammann. Das Grüngut deshalb aber im ganzen Dorf abholen lassen, ist eine der viel diskutierten Fragen. Eine andere stellt die gesamte Sammelstelle infrage.
Weil sich die Gemeinde am Recycling-Paradies in Muri beteiligen und die Bevölkerung dort alles entsorgen könnte – Hausrat würde weiterhin alle zwei Wochen abgeholt. Das stellt im Dorf niemand infrage. Nur, die Gemeinde will sich nicht in Muri beteiligen und gleichzeitig in Besenbüren eine eigene Sammelstelle betreiben. «Das macht schlicht keinen Sinn.» Auch hier wird eine Entscheidung gefällt werden müssen. Mittels Online-Dialog hat der Gemeinderat nun den Puls der Bevölkerung gefühlt. «Wir hoffen sehr, dass sich dadurch noch mehr Menschen für das politische Leben im Dorf interessieren und mitmachen – nicht nur online, sondern auch physisch an der ‹Gmeind›», sagt Gemeindeammann Mario Räber.