Auf die Grösse kommt es nicht an
16.07.2024 WohlenKleines Paradies
Sommerserie «Übernachten im Freiamt»: Tiny House in Wohlen
Es ist ein Insidertipp: Mitten im Dorfzentrum steht eine Oase, die man buchen kann.
Stefan Sprenger
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Kleines Paradies
Sommerserie «Übernachten im Freiamt»: Tiny House in Wohlen
Es ist ein Insidertipp: Mitten im Dorfzentrum steht eine Oase, die man buchen kann.
Stefan Sprenger
In Wohlen gibt es nur wenige Übernachtungsmöglichkeiten. Die besonderste Variante befindet sich mitten im Dorfzentrum und ist trotzdem versteckt. Stephanie Rohr und Camillo Henggeler haben in ihrem wundervollen und naturnahen Garten ein Tiny House (zu Deutsch: Kleinhaus) hingestellt. Seit wenigen Monaten kann man dieses buchen. Letzte Woche übernachteten beispielsweise amerikanische Gäste – die das Taylor-Swift-Konzert in Zürich besuchten – und blieben ein paar Tage. Das Feedback war überragend. Das Tiny House hat auf der Plattform «Airbnb» die Höchstnote. Für rund 150 Franken pro Nacht kriegt man auf den rund 45 m2 sehr viel geboten. «Uns liegt es sehr am Herzen, dass sich die Gäste wohlfühlen», sagen Stephanie Rohr und Camillo Henggeler. Das Paar hat mit dem Tiny House auch eigene Interessen verfolgt. Welche das sind, erzählen sie ausführlich. Und beim Rundgang und dem Gespräch wird auch klar, dass sie beide – genauso wie ihr Tiny House und der wundervolle Standort – spannende Geschichten zu erzählen haben und selbst aussergewöhnliche Fähigkeiten besitzen.
Sommerserie «Übernachten im Freiamt»: Ein besonderes Tiny House in Wohlen
Stephanie Rohr und Camillo Henggeler bieten gleich hinter dem Rüebliland-Kafi eine aussergewöhnliche Übernachtungsmöglichkeit an. Wenn man als Gast die Gastgeber kennenlernt, dann kriegt man vielleicht gute Tipps von einer Vize-Schweizer-Meisterin im BMX-Fahren oder einem Experten in Sachen naturnahe Gärten.
Stefan Sprenger
So schnell ist man Hausbesitzer. Der Aufbau des Tiny House dauerte nur wenige Tage. Ein Schraubfundament unten, wenige fertig gelieferte Hauselemente oben, schneller Einbau der Möbel innen. Fertig ist das erste Kleinhaus in der Gemeinde Wohlen. Die Kosten – alles in allem – lagen bei rund 200 000 Franken. «Es hat viele Vorteile», sagen Stephanie Rohr und Camillo Henggeler. Beispielsweise entstehen am Kleinhaus kaum Heizkosten während der kalten Monate, weil es sehr gut isoliert ist und wegen der Wärmepumpe. Auch der Strombedarf ist vergleichsweise sehr gering.
Gäste sind Touristen, Arbeiter und Festivalbesucher
Innen ist es gemütlich, modern und man hat alles, was man zum Leben braucht. Ein Badezimmer mit Dusche und Toilette, eine Küche, ein Wohnzimmer, zwei Schlafzimmer. Dieses Kleinhaus, das im Mai 2023 erstellt wurde, ist spannend. Die Umgebung, wo sich das Tiny House befindet, ist ebenfalls ein Highlight. Auf der Seite von Airbnb – einer Plattform zur Vermietung von Zimmern und Häusern – steht zum Wohler Tiny House geschrieben: «Das Haus liegt in einer kleinen Naturoase mitten in der Stadt. Es gibt viel zu erleben und zu entdecken. Geniessen Sie die Zeit im grossen Naturgarten, gönnen Sie sich eine Abkühlung im wunderschönen grossen Naturpool und im modernen Saunahaus.» Erst seit wenigen Wochen vermietet das Paar ihr Tiny House. Arbeiter aus Deutschland oder Touristen aus den USA und Kanada wohnten schon darin. Auch während der Festivals in der Region, beispielsweise dem Sounds of Garden in Dottikon oder dem Hive Air in Wohlen, hatte man Gäste. Das Feedback: durchwegs positiv, auf Airbnb hat das Wohler Tiny House die Maximalnote 5,0.
Auch ein Musterhaus
Das Kleinhaus steht mitten in Wohlen, gleich hinter dem Rüebliland-Kafi, zwischen Bank- und Bünzweg, am unteren Ende des Grundstücks. Am oberen Ende wuchs der 37-jährige Camillo Henggeler auf. Hier steht sein Elternhaus. Er konnte das Haus, das vor rund 150 Jahren erbaut wurde und früher eine Schneiderei war, gemeinsam mit seiner Partnerin Stephanie Rohr übernehmen. «Das Haus ist renovierungsbedürftig», erklärt Henggeler. Ihre Idee: Sie bringen das grosse Elternhaus auf Vordermann und leben in dieser Zeit im Kleinhaus. Vielleicht, irgendwann, ziehen sie ganz in das Tiny House. «Solange wir nicht umbauen, vermieten wir es nun», erklärt Henggeler. Ein Glücksfall war, dass die Schwester von Stephanie Rohr solche Kleinhäuser verkauft. Die beiden konnten dadurch vieles selber machen, vor allem, was die Vorbereitungsarbeiten vor dem Aufbau betrifft.
Er ist Gartenexperte, sie ein BMX-Fan
Das Tiny House in Wohlen dient auch als Musterhaus. Mitte September ist der nächste Besichtigungstermin des «Minicasa Engadina Q50». Menschen, die sich für diese Wohnform interessieren, dürfen dann reinschschauen. Oder – wenn es konkret wird – auch darin probeschlafen. Wer sich für diese Art des Wohnens entscheidet, muss vermutlich erst mal ausmisten. Denn im Tiny House zu leben, bedeutet auch, seine materialistischen Gegenstände zu minimalisieren.
Das Paar lebt seit sieben Jahren hier (im grossen Elternhaus). Und natürlich, das Tiny House ist beim Gespräch der ausschlaggebende Punkt. Doch schnell wird klar, dass auch die Umgebung enorm spannend ist – und das Paar ebenso. Wenn es um den Garten geht, dann ist Camillo Henggeler der richtige Ansprechpartner (www.henggelernaturgärten.ch). Der gelernte Landschaftsgärtner macht sich aktuell selbstständig. Er ist ein Experte für naturnahe Gärten. «Es darf wild sein», sagt er. Biodiversität ist ihm wichtig. Das spürt man im riesigen Garten bestens. Hier hat es irgendwie mehr Vögel und Insekten als rundherum. Es wachsen Pflanzen, die einen hohen Nutzen haben für die Tierwelt. Es ist wild und doch gepflegt. Jeder, der seinen eigenen Garten ebenfalls naturnah und biodivers haben möchte, der ist bei Henggeler an der richtigen Adresse. Wohl auch hier ist sein eigener Garten ein bestes Muster dafür, wie man das hinkriegt.
Auch Stephanie Rohr hat spannende Fähigkeiten. Die 37-Jährige ist in Waltenschwil aufgewachsen, arbeitet in der IT-Branche. Ihr grösstes Hobby ist das BMX-Fahren. BMX ist die Abkürzung für Bicycle Motocross, wobei das X für das englische Wort «cross» steht. Die Sportart wurde in den 1960er-Jahren populär. Rohr ist Expertin, sie unterrichtet Kinder und Erwachsene – und sie wurde vor wenigen Jahren gleich mehrfach Vize-Schweizer-Meisterin im Freestyle BMX.
Camillo Henggeler und Stephanie Rohr sind ein erfrischendes und offenes Paar, das gerne mit dem Camper auf Reisen geht. Und gerne neue Projekte anpackt. Irgendwann in den kommenden Jahren steht eine grosse Kiste an: Der Umbau des grossen Hauses. Dann ziehen sie in das kleine Haus. Und man kann nicht mehr im Tiny House übernachten. Doch so lange kann man das naturnahe Kleinhaus buchen, spannende Begegnungen mit den beiden Gastgebern inklusive. Es ist ein Traum auf rund 45 m2. Und die Kosten von rund 145 Franken pro Nacht allemal wert.
Weitere Informationen unter www.kleinhauszeit.ch.



