Auch Kritik am Gemeinderat
06.12.2024 WohlenUneinigkeit beim Budget
Was passiert mit dem Steuerfuss der Gemeinde Wohlen? Dies beschäftigt Steuerzahler und die Parteien. Die Mitglieder des Einwohnerrates werden sich am kommenden Montag erneut mit dem Budget 2025 befassen. Der Gemeinderat beantragt auch in ...
Uneinigkeit beim Budget
Was passiert mit dem Steuerfuss der Gemeinde Wohlen? Dies beschäftigt Steuerzahler und die Parteien. Die Mitglieder des Einwohnerrates werden sich am kommenden Montag erneut mit dem Budget 2025 befassen. Der Gemeinderat beantragt auch in seiner zweiten Fassung eine Steuerfusserhöhung von 116 auf 120 Prozent. Dafür haben nicht alle Parteien Verständnis. SVP und FDP wollen nichts wissen von einem Steuerfuss von 120 Prozent. Mitte und Grünliberale wissen, dass eine solche Marke an der Urne fast keine Chance hat. Grüne und SP signalisieren, dass es die 120 Prozent braucht. Das alles bedeutet, dass sich das Wohler Dorfparlament wohl kaum einig werden wird. --dm
Einwohnerratssitzung vom kommenden Montag, 18 Uhr, im Casino: Eine Steuerfusserhöhung hat es bei den Parteien schwer
Eine Steuerfusserhöhung hat im Einwohnerrat nur wenig Chancen. FDP und SVP lehnen eine solche kategorisch ab. Mitte und GLP sind sich bewusst, dass eine Steuerfusserhöhung an der Urne einen schweren Stand hätte. Grüne und SP signalisieren, dass es 120 Prozent braucht. Aber die Ratslinke wird wohl chancenlos sein.
Daniel Marti
Die Geschichte ist bekannt: Grossmehrheitlich hat der Einwohnerrat im Oktober das Budget 2025 zurückgewiesen. Die beantragte Steuerfusserhöhung von 116 auf 120 Prozent wurde dabei am stärksten diskutiert. Und was macht der Gemeinderat: Er präsentiert eine zweite Fassung ohne wesentliche Veränderung. Und verteidigt hartnäckig den Steuerfuss von 120 Prozent. Am kommenden Montag steht nun die zweite Budgetdebatte an. Sollte es zu keiner Einigung kommen, ist das nach der Rückweisung die zweite Ablehnung. Die Folge davon: Wohlens Budget 2025 würde nach Aarau befördert und der Regierungsrat würde entscheiden, wie Wohlens Finanzhaushalt im nächsten Jahr zu handeln ist und bei welcher Marke der Steuerfuss angesiedelt würde.
Die Grünen kennen die «beste Lösung»
Was denken die Parteien zur spannenden Ausgangslage? Die Grünen haben es eigentlich am einfachsten. «Bereits bei der ersten Fassung haben wir Grünen dem Budget zustimmen wollen», sagt Patrick Schmid, Co-Präsident der Grünen. Bereits bei der ersten Fassung haben der Gemeinderat und die Abteilungen «massive Abstriche vorgenommen. Wir beurteilen das Budget so, dass es kaum echtes Sparpotenzial beinhaltet.» Es gebe gebundene Ausgaben, die wir von Gesetzes wegen stemmen müssen», beispielsweise in der Pflegerestkostenversicherung oder der Bildung. «Andererseits führt ein Herausschieben von Aufgaben in der Regel zu höheren Kosten und einer Qualitätseinbusse im Service publique», dabei würden vor allem Bürgerinnen und Bürger mit geringem Einkommen leiden. «Um eine weitere Verschuldung zu verhindern – und als Gemeinde weiterhin selbstständig bestimmen zu können –, ist ein Steuerfuss von 120 Prozent, wie er seit Jahren im Finanzplan vorgesehen ist, die beste Lösung», so Patrick Schmid.
SP: Nachvollziehbar und trotzdem nicht zufrieden
Die SP-Fraktion ist dagegen nicht überrascht, dass die zweite Fassung des Budgets «nur einige kosmetische Anpassungen enthält», sagt SP-Präsidentin Laura Pascolin. Der vom Gemeinderat vorgeschlagene Steuerfuss von 120 Prozent sei jedoch nachvollziehbar, «da die Ausgaben – gebundene Ausgaben und Investitionen – sonst nicht durch die Steuereinnahmen gedeckt werden können». Und für Pascolin ist klar: «Eine dauerhafte Steuerfusserhöhung ist notwendig, um die Finanzlage langfristig zu stabilisieren.» Der Gemeinderat habe jedoch die zentralen Forderungen der SP, wie den Teuerungsausgleich für das Verwaltungspersonal, nicht in die zweite Vorlage aufgenommen. «Deshalb sind wir mit dem vorliegenden Budget nicht zufrieden.»
Allfällige Kürzungen, insbesondere in den Bereichen Gesellschaft, Bildung und Kultur wird die SP konsequent ablehnen. «Auch einen Steuerfuss unter 120 Prozent können wir nicht unterstützen», so Pascolin.
FDP will Druck erhöhen
Ganz anders sieht das Lionel Zingg, Fraktionspräsident der FDP. «Wir sind enttäuscht über die vom Gemeinderat vorgelegte zweite Version des Budgets. Es wurden keine bedeutenden Einsparungen vorgenommen, und das, obwohl eine deutliche Mehrheit im Einwohnerrat dies vom Gemeinderat verlangt hat.» Der Vorschlag der FDP, eine lineare Kürzung, sei mit der Aussage beiseitegewischt, dass es nicht einer seriösen Budgetplanung entsprechen würde. «Das können wir nicht nachvollziehen, da beispielsweise der Bund ebenfalls auf das Mittel von linearen Kürzungen zurückgegriffen hat.» Laut Zingg verlangt die finanzielle Situation von Wohlen nach «unkonventionellen und kreativen Sparmassnahmen».
Die zweite Budgetversion sei für die Freisinnigen Ausdruck «einer kompromisslosen Haltung. Wir werden deshalb den Druck auf den Gemeinderat erhöhen und uns für keine Steuerfusserhöhung einsetzen.» Erst kürzlich haben der Gemeinderat und alle Parteien ausser der SVP «eine Klatsche kassiert» mit der verlorenen Abstimmung zu den Schulraumprojekten. Wir haben den Wink der Bevölkerung verstanden.» Die FDP wird das Budget nicht erneut zurückweisen, «denn es liegt in unserer Verantwortung als Einwohnerrat, ein mehrheitsfähiges Budget zu zimmern». Einem Budget mit einer erneuten Steuerfusserhöhung werde die FDP nicht zustimmen. Und die FDP ist gegenüber Sparanträgen grundsätzlich sehr positiv gestimmt.
Mitte findet das Sparpotenzial nicht
Dieses Vorgehen des Gemeinderates deutet die Mitte auf ihre Art. Der Spielraum für sinnvolle Einsparungen wurde wohl nicht grösser beziehungsweise schon beim ersten Wurf wurde sehr straff budgetiert», sagt Sonja Isler-Rüttimann vom Co-Präsidium. «Wenn wir den Steuerfuss wie von verschiedenen Seiten gefordert bei 116 Prozent belassen würden, dann müssten wir 1,2 Millionen Franken einsparen.» Die Mitte-Fraktion sei nach intensiver Diskussion allerdings nicht fündig geworden, «wo wir diese 1,2 Millionen noch einsparen könnten». Die Fraktion ist zudem betreffend Steuerfuss gespalten. «Es ist uns absolut bewusst, dass eine Steuerfusserhöhung einen sehr schweren Stand hätte an der Urne», so Sonja Isler-Rüttimann.
Matthias Angst, Präsident der GLP, ist dagegen in seiner Äusserung kurz und knapp: «Die Fraktion GLP/EVP hat das Budget 2025 mitsamt den Vorarbeiten seitens Verwaltung und FGPK genau studiert und diskutiert. Am kommenden Montag soll dies ebenfalls passieren und ein Entscheid gefällt werden. Eine Steuerfusserhöhung wird es bekanntlich sehr schwer haben.»
SVP glaubt, dass der Gemeinderat nach Aarau will
Abschliessend noch zur SVP und Parteipräsident Roland Büchi. «Das Verhalten vom Gemeinderat ist einfach inakzeptabel. Der Gemeinderat nimmt den Einwohnerrat und somit auch die Bevölkerung nicht ernst. So geht man nicht mit dem Einwohnerrat um», wettert er. Es sei überhaupt kein Sparwille vorhanden. «Es kommt der Verdacht auf, dass der Gemeinderat das mit Absicht macht und Aarau über den Wohler Steuerfuss entscheiden soll», lautet Büchis Vorwurf.
Die SVP wird Sparanträge stellen und auch Sparanträge von anderen Parteien unterstützen. «Wir werden aber einem Steuerfuss von mehr als 116 Prozent nicht zustimmen», so Büchi abschliessend.
Die Traktanden
Einwohnerratssitzung vom kommenden Montag, 9. Dezember, 18 Uhr: 1. Eingänge und Mitteilungen. – 2. Inpflichtnahme von Owen Hyde, SP. – 3. Ersatzwahl eines Mitglieds der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission. – 4. Bericht und Antrag Erhöhung Stellenplan im Bereich Planung, Bau und Umwelt – Abteilung Liegenschaften und Anlagen – Projektleitung Hochbau 60 Prozent (befristet). – 5. Bericht und Antrag Erhöhung Stellenplan im Bereich Gesellschaft, Soziales und Bildung – Schulsozialarbeit (Dienstleistungen für Dritte). – 6. Budget 2025 der Einwohnergemeinde Wohlen AG – Zweite Vorlage. – 7. Bericht und Antrag Kenntnisnahme Entwicklungsrichtplan «Rigacker». – 8. Antwort zur Anfrage betreffend Stand der Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes. – 9. Antwort zur Anfrage betreffend Erweiterung Kantonsschule Wohlen. – 10. Motion betreffend Wiedereinführung von Kleinklassen (der Gemeinderat beantragt die Nichtüberweisung der Motion). – 11. Postulat betreffend Nachtzugangebot im Freiamt (der Gemeinderat beantragt die Nichtüberweisung des Postulats).