Als Frau ihren «Mann» gestanden
19.12.2025 WohlenAriane Gregor hat sich 20 Jahre lang in der Wohler Politik engagiert, jetzt ist Schluss
Das kann sich sehen lassen: Die Vertreterin der Mitte hat 12 Jahre lang im Einwohnerrat politisiert und als Gemeinderätin während acht Jahren zwei verschiedene Ressorts ...
Ariane Gregor hat sich 20 Jahre lang in der Wohler Politik engagiert, jetzt ist Schluss
Das kann sich sehen lassen: Die Vertreterin der Mitte hat 12 Jahre lang im Einwohnerrat politisiert und als Gemeinderätin während acht Jahren zwei verschiedene Ressorts geführt. Das klingt nach viel Arbeit. Und doch: «Der Spass war immer grösser als die Belastung», sagt Ariane Gregor.
Chregi Hansen
«Die letzten vier Jahre waren nicht einfach», gibt Ariane Gregor zu. «Es ist nicht schön, am Pranger zu stehen.» Die Kritik, die auf den Gemeinderat einprasselte, hat die gebürtige Appenzellerin nicht unberührt gelassen. «Es gab durchaus Artikel und Leserbriefe, die ich nur noch quergelesen habe», gibt sie zu. Aber wer sich einsetzt, der setze sich eben auch aus. Und: «Man darf uns kritisieren. Aber manchmal war der Ton grenzwertig», fügt sie an.
Dies aber sei nicht der Grund für den Rücktritt, ergänzt sie sofort. Sie und Thomas Burkard hätten schon frühzeitig signalisiert, dass es die letzte Amtsperiode sei. Gerade auch im Sinne einer kontinuierlichen Erneuerung im Gemeinderat. Dass nun auch Denise Strasser und Arsène Perroud gehen, das sei natürlich nicht optimal, da geht viel Know-how verloren. Sie hätte sich tatsächlich überlegt, nochmals anzutreten und vielleicht noch zwei Jahre zu bleiben. «Aber ein Wechsel mitten in der Amtsperiode ist auch nicht optimal. Und überhaupt. Ich habe mich jetzt 20 Jahre in verschiedenen Funktionen engagiert. Irgendwann reicht es auch», sagt sie.
Amt als Weiterbildung sehen
Zwölf Jahre war sie im Einwohnerrat aktiv, davon zwei Jahre als Präsidentin der GPK und zwei Jahre als Einwohnerratspräsidentin. Dass sie gerne auch für den Gemeinderat kandidieren würde, war ein offenes Geheimnis. «Aber irgendwie hat es einfach nicht gepasst für eine Kandidatur», schmunzelt sie. Vor acht Jahren war es dann so weit. Nahm sie Einsitz in der Regierung. Und übernahm die Finanzen. «Das war nicht mein Wunschressort, aber ich hatte keine Wahl», schaut sie auf diese Zeit zurück. Doch sie habe sich in das Thema eingearbeitet und Freude daran entwickelt. «In diesem Ressort ist man in allen Geschäften involviert, sieht hinter die Kulissen. Es gibt eigentlich nichts, was nicht mit den Finanzen zu tun hat. Das hat mir gefallen.» Sie habe enorm viel gelernt in dieser Zeit. Als Gemeinderat sei man in Wohlen nicht unbedingt gut bezahlt, fügt sie an. «Aber statt mich zu ärgern, habe ich dann das Ganze einfach als Weiterbildung angesehen.»
Obwohl sie gerne Finanzministerin war, wechselte sie nach vier Jahren ins Ressort Schule. Hier fühlte sie sich zu Hause. Ariane Gregor ist selber als Lehrerin tätig. Nun erlebte sie diesen Bereich aus einer ganz anderen Perspektive. Sie erinnert sich noch gut an den Anfang. «Meine erste Amtshandlung bestand darin, dass ich die Kündigung einer Schulleiterin entgegennehmen musste», erzählt sie. Sofort war sie gefordert, musste sich um die Nachfolge kümmern. Bewerbungsgespräche führen. «Das kannte ich gar nicht. Ich hatte mich in meinem Leben erst einmal beworben. Die übrigen Anstellungen wurden mir jeweils angeboten», lacht sie. Doch auch in diesem Ressort fühlte sie sich schnell sicher. Dies auch dank der Mitglieder der Schulleitungskonferenz. «Da ist Wohlen sehr gut aufgestellt», so ihr Lob. Zwar sei das Pensum für die Schule grösser als in anderen Ressorts. Aber es habe immer Spass gemacht. Und dass sie selber in Villmergen noch unterrichtet hat, erachtet sie als Vorteil. Die beiden Bereiche zu trennen, das sei ihr leicht gefallen.
Frauen ermöglichen, ihren Beitrag zu leisten
Ariane Gregor ist stolz auf das Erreichte. Dies umso mehr, als viele ihr das nicht zutrauten. Nach der Geburt der vier Kinder blieb sie mehrere Jahre lang als Familienfrau zu Hause. Dass so jemand wichtige Funktionen in der Gemeinde übernehmen kann, das konnten sich viele nicht vorstellen. «Das ist zum Glück heute anders», sagt sie. Als Frau in der Politik ihren «Mann» stehen, das war ihr immer wichtig. So hat sie, als sie noch in Zufikon wohnte, das Mütter- und Väterzentrum auf dem Mutschellen mit aufgebaut. «Wir wollten den Familienfrauen die Möglichkeit geben, sich auszutauschen und zu informieren, während die Kinder betreut sind. Wir wollten zeigen, dass wir ‹Hausfrauen und -männer› auch etwas können.»
Wollte immer Bescheid wissen
Wenn sie auf die vergangenen 20 Jahre zurückblickt, so habe sich die Politik in Wohlen schon verändert, sagt sie. «Ich will niemanden kritisieren. Aber ich habe das Gefühl, dass sich die Einwohnerräte früher mehr mit den Geschäften auseinandergesetzt haben. Heute lesen viele nur den Bericht, die zusätzlichen Akten im Gemeindehaus finden nur bei Teilen Beachtung.» Sie kann das nicht verstehen – ihr war es immer ein Anliegen, möglichst genau Bescheid zu wissen. «Das war auch nicht immer einfach, ich musste mich reinknien, gerade im Gemeinderat.»
Ihre Dossiers zu kennen, das war ihr immer wichtig. Umgekehrt konnte sie auch viel lernen. «Ich habe die Gemeinde auf ganz andere Art kennengelernt. Konnte Führungserfahrung sammeln.
Hab gelernt, mich zu behaupten und öffentlich zu reden.» Das sei ihr am Anfang schwergefallen, gibt sie zu. «Ich habe immer sehr lange an meinen Voten gefeilt. Aber das hatte Vorteile. Ich wollte und musste mich mit dem Thema beschäftigen und wusste, wovon ich sprach.»
Was die Schule betrifft, so sieht sie Wohlen gut aufgestellt. Einzig das Thema Schulraum macht ihr Sorgen. «Ich habe etwas Angst, dass die Provisorien zu Providurien werden und Wohlen zum Containerdorf wird», sagt die Ressortverantwortliche. Sorgen bereiten ihr vor allem die Finanzen. Es sei leider nicht gelungen, das Volk hinter sich zu bringen, bedauert sie. «Im Moment funktioniert es noch halbwegs. Aber schon bald kommen ganz schwierige Zeiten auf uns zu. Wenn wir so weitermachen, verbläst es uns in vier Jahren», warnt sie. Sie wird sicher weiterverfolgen, was in Wohlen politisch alles passiert. Auch ab und an auf der Tribüne die Debatte verfolgen. Aber einmischen, das wird sie sich nicht. 20 Jahre seien genug, sagt Ariane Gregor.
Sie fühlte sich in all den Jahren stets getragen
Die freie Zeit will sie nutzen, um noch kreativer tätig zu sein. Schon bislang fand sie im Kreativen aller Art den nötigen Ausgleich zu Beruf und Politik. Jetzt kann sie diese Seite noch mehr ausleben. Und sie freut sich, dass sie sich an der Schule in Villmergen mehr einbringen kann. «Wegen meines Amtes konnte ich an vielen Sitzungen nicht dabei sein. Da hat schon etwas gefehlt, man ist irgendwie nicht ein ganzer Teil vom Team», stellt sie fest. Trotzdem möchte sie die Zeit nicht missen, welche sie in die Politik investiert hat. Und am Schluss bleiben vor allem positive Erinnerungen. «Natürlich gab es Kritik. Aber die richtete sich immer an meine Funktion und nicht an mich als Person», schaut sie zurück. Umgekehrt konnte sie ganz viele Leute kennenlernen in diesen 20 Jahren. Dies auch dank ihrer Offenheit und ihrer Art, auf andere zuzugehen. «Ich fühle mich getragen», sagt sie darum.
Ihren Nachfolgern im Gemeinderat wünscht sie viel Erfolg. Auch wenn vieles vorgegeben ist, «das Amt bringt ganz viele Entfaltungsmöglichkeiten», ist sie überzeugt. Sie hat es vorgelebt. Und übergibt die Aufgaben nun mit Freude anderen.

