Alle Hindernisse überwinden
19.01.2024 Villmergen, Region UnterfreiamtDen Humor nicht verloren
Referat von Kurt Stöckli in Villmergen
Er ist in Wohlen aufgewachsen, lebt seit über 30 Jahren in Villmergen. Schon als Kind erhielt er die Diagnose Chorioideremie. Die Netzhaut geht im Laufe der Jahre kaputt, was zur ...
Den Humor nicht verloren
Referat von Kurt Stöckli in Villmergen
Er ist in Wohlen aufgewachsen, lebt seit über 30 Jahren in Villmergen. Schon als Kind erhielt er die Diagnose Chorioideremie. Die Netzhaut geht im Laufe der Jahre kaputt, was zur Erblindung führt. Kurt Stöckli sieht heute zum grössten Teil nur noch Nebel. Wie er trotzdem seinen Alltag meistert, berichtete er in einem eindrücklichen Vortrag. --red
Bereicherndes ökumenisches Treffen in Villmergen mit dem blinden Kurt Stöckli
Zu Gast war diesmal ein Mann mit einer besonderen Lebensgeschichte. Kurt Stöckli leidet seit rund zwanzig Jahren an einer fortschreitenden Erblindung. Am Treff erzählte er von seinem Alltag und brachte auch seinen treuen Vierbeiner mit.
Stefan Treier
Es ist bewundernswert, wie Kurt Stöckli mit der gesundheitlichen Einschränkung umgeht, hat sich sein Leben in den letzten Jahren doch grundlegend verändert und ist von vielfachen Entbehrungen geprägt. Der Grund für seine Erblindung liegt bei der Erkrankung an einer Netzhautdegeneration. Sie ist genetischen Ursprungs und führt bis zu einer 99-prozentigen Erblindung.
Stöckli fühlt sich primär von seiner ihn liebevoll umsorgenden Gattin Doris sowie Blindenhund Moshi und seinen drei Töchtern getragen. «Die Ehefrau ist die erste grosse Hilfe nebst dem treuen Begleiter Moshi, welcher mir eine wichtige Stütze ist», so Kurt Stöckli. Verschiedene Hilfsmittel, insbesondere der weisse Blindenstock und das Handy, sind für ihn unentbehrlich, vor allem, wenn er unterwegs ist.
Seine Lebensgeschichte begann ganz normal im Wohler «Boll», wo er eine glückliche Jugend verbrachte. In Wohlen besuchte er die Schulen und war nach erfolgreich absolvierter Lehre während 25 Jahren als Börsenhändler für verschiedene Banken tätig. Trotz seiner Erbkrankheit entschlossen sich Kurt und Doris Stöckli zur Gründung einer Familie, der drei gesunde Töchter entspringen durften.
Nach dem 40. Geburtstag begann sich die Augenschwäche kontinuierlich auszubreiten, was ihm die Arbeit an insgesamt sechs Bildschirmen allmählich verunmöglichte. Es stellte sich ein Burn-out ein, verbunden mit Schlafproblemen. Letztlich drängte sich bei Stöckli der Besuch der Sehbehindertenschule in Basel auf. Dank starkem Lernwillen konnte er wertvolle Grundlagen zur Überwindung verschiedener Hindernisse erarbeiten. So ist es für ihn heute möglich, einen PC zu bedienen, welcher mit ihm spricht. Eine immense Willenskraft begleitet den Villmerger auch als Vorstandsmitglied der Sektion Aargau /Solothurn des Schweizerischen Blindenverbandes, wo er sich als früherer Bankier für die Finanzen und die Interessen der Sehbehinderten engagiert.
Ein besonderes Anliegen ist es Kurt Stöckli, der Öffentlichkeit die Hauptanliegen der Menschen mit Sehbehinderungen darzulegen. «Begegnet uns ganz normal und offen», so sein Ratschlag, denn «die Menschen mit Sehbehinderungen sind kontaktfreudig». Er erwähnte auch, dass die Hilfsbereitschaft sehr geschätzt wird, vor allem wenn Sehbehinderte als Verkehrsteilnehmer unterwegs sind. Ferner bemängelt er, dass leider das 2004 angenommene Gleichstellungsgesetz für Behinderte noch in diversen Punkten unerfüllt ist, was in nächster Zeit unbedingt noch nachzuholen ist.
Mit dem Leben dennoch zufrieden
Kurt Stöckli beeindruckte bei seinem Auftritt durch seine natürliche, authentische Art der Ausdrucksweise. Trotz seiner Beeinträchtigung hat er den Humor nicht verloren, ebenso nicht die gute Hoffnung auf die Forschung, welche Fortschritte erzielt, um die heimtückische Krankheit zu stoppen, selbst wenn die damit verbundenen Heilungschancen am ehesten im Anfangsstadium der Krankheit bestehen. Er verstand es bei seinem Auftritt in seiner Wohngemeinde, bei der aufmerksamen Zuhörerschaft Verständnis für die Anliegen behinderter Menschen zu erlangen. Trotz bestehender Einschränkungen erklärte sich Kurt Stöckli mit seinem Leben zufrieden, was ihm grossen Respekt der Zuhörerschaft eintrug.
Der Vortrag fand im Rahmen der ökumenischen Seniorennachmittage statt. Seit langer Zeit treffen sich Seniorinnen und Senioren in Villmergen regelmässig zu diesen Treffen. Diese werden von einem aktiven Team aus Angehörigen beider Kirchgemeinden organisiert und haben den Zweck, die Pflege von Gemeinsamkeiten und Austausch zu ermöglichen.
Die Initiative für diese Seniorenzusammenkünfte geht auf Bestrebungen der damaligen Pfarrer der katholischen und der reformierten Kirchgemeinde zurück. Vor der schwierigen Coronazeit traf man sich monatlich. Seither finden die Treffen noch je einmal pro Monat von Dezember bis April statt. Die Teilnehmerzahl variiert je nach Thema der Zusammenkünfte.
Für das Organisationsteam konnte Esther Hupfer letzte Woche rund 50 Seniorinnen und Senioren begrüssen. Das ökumenische Team «Seniorentreff Villmergen» verdient ein Lob für die Organisation eines so interessanten Vortrags- und Begegnungsnachmittags, wie er mit Kurt und Doris Stöckli stattgefunden hat. Dem sehbehinderten Villmerger Mitbürger dürfte es gelungen sein, durch seinen Auftritt offene Ohren für die Anliegen der Menschen mit körperlichen Behinderungen gefunden zu haben.
Das nächste Villmerger Seniorentreffen findet am 1. Februar statt, dann als Spielnachmittag.