«Abfluss» von Prämiengeldern
09.07.2024 WohlenPostulat von der Mitte-Fraktion, Sprecher Harry Lütolf, betreffend Bericht Gesundheitswesen
Die Mitte des Grossen Rates nimmt sich dem Bericht des Regierungrates zum «problematischen Temporärgeschäft im Gesundheitswesen» an. Der Wohler ...
Postulat von der Mitte-Fraktion, Sprecher Harry Lütolf, betreffend Bericht Gesundheitswesen
Die Mitte des Grossen Rates nimmt sich dem Bericht des Regierungrates zum «problematischen Temporärgeschäft im Gesundheitswesen» an. Der Wohler Mitte-Grossrat Harry Lütolf verlangt als Sprecher, dass der Regierungsrat zwölf kritische Fragen beantwortet.
Der Regierungsrat wird beauftragt, auf der Grundlage von Daten der Aargauer Spitäler Sachverhalte bezüglich des Temporärgeschäftes im Gesundheitswesen zu überprüfen, abzuklären und in einem Bericht aufzuzeigen. Hierbei sollen die für den Bericht verwendeten Daten den Zustand nach der Covid- 19-Pandemie abbilden, konkret ab dem Jahr 2021. Dies ist der Auftrag, den die Mitte dem Regierungsrat stellt. Selbstredend sollen die Spitäler für ihr Mitwirken an der Erstellung des Berichtes durch den Kanton angemessen entschädigt werden.
Mit welcher Kostenentwicklung muss man rechnen?
Der geforderte Bericht verlangt auch die Beantwortung von zwölf Fragen, wie beispielsweise: Welche Auswirkungen hatten die Mehrkosten für temporäres Personal auf den wirtschaftlichen Erfolg der Aargauer Spitäler in den Jahren 2021 bis 2023? Und weiter: In welchem Ausmass sind die finanziellen Defizite der Aargauer Spitäler in den Jahren 2021 bis 2023 durch diese Mehrkosten mitbedingt? Mit welcher Entwicklung der Kosten für den Einsatz von Temporärkräften muss im Aargau in den Jahren 2024 bis 2026 gerechnet werden, wenn durch den Staat keine entgegenwirkenden regulierende Massnahmen getroffen werden? Was bedeutet diese mutmassliche Entwicklung hinsichtlich der finanziellen Perspektiven für Aargauer Spitäler (mit privater oder öffentlicher Trägerschaft)?
Situation hat sich «massiv» verschärft
«Die Vor- und Nachteile des Temporärgeschäftes im Gesundheitswesen werden schon seit einigen Jahren diskutiert und wissenschaftlich untersucht», schreibt die Mitte. Das Magazin «Doppelpunkt» publizierte im Jahr 2021 einen Artikel mit dem Titel «Sind Personalvermittler die Krisengewinner?» und beleuchtete darin das wachsende Temporärgeschäft im Kontext des sich zuspitzenden Fachkräftemangels im Gesundheitswesen und der Coronapandemie. Der Artikel kam zum Schluss, dass der Kostenunterschied zwischen temporären Angestellten und Festangestellten allgemein «überschätzt und von den Spitälern als zu bedrohlich dargestellt wurde». Inzwischen habe sich die Situation «massiv verschärft». Es dränge sich auf, die negativen Auswirkungen des Temporärgeschäftes mit aktuellen Daten zu beurteilen.
Die Mitte-Fraktion weiter: «Aktuell ist der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen derart massiv, dass insbesondere Akutspitäler den Betrieb ihrer Infrastruktur ohne temporäre Mitarbeitende nicht aufrechterhalten können. Der Ertragsausfall, der durch das Schliessen von Betten, OP-Sälen oder radiologischen Grossgeräten hingenommen werden müsste, übersteigt die Mehrkosten von temporären Mitarbeitenden bei Weitem.» Aus politischer Sicht müsse mit zunehmendem Fachkräftemangel auch die Frage diskutiert werden, ob ohne den Einsatz von Temporärkräften die Versorgungssicherheit beeinträchtigt oder gar infrage gestellt wäre.
Agenturen beteiligen sich am Prämientopf
Dies treibt die Gesundheitskosten in die Höhe. «Es muss auch zur Kenntnis genommen werden, dass diese Kosten mit Prämiengeldern und im stationären Bereich mit dem 55-Prozent-Beitrag des Kantons von der Allgemeinheit bezahlt werden.» So sei es der Branche der Temporäragenturen durch den massiven Fachkräftemangel gelungen, «sich am eigentlich gut geschützten Prämientopf zu bedienen».
Somit findet laut der Mitte schweizweit ein unkontrollierter «Abfluss» von Prämiengeldern statt. Und dieses Geld fehle den Spitälern, um die Konditionen für «Festanstellungen zu verbessern und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken».
Aber warum nur seien die Löhne von temporär angestellten Gesundheitsfachpersonen kein Thema, fragt die Mitte-Fraktion. Es habe sich mit dem Temporärgeschäft «ein Business entwickelt, das dem komplex regulierten System der Finanzflüsse im Gesundheitswesen unkontrolliert Gelder entzieht, indem es eine nationale Notlage ausnutzt. Diesem Geschäft muss ein Ende gesetzt werden», schreibt Grossrat und Sprecher Harry Lütolf im Vorstoss. --dm