Es wird weniger geklagt

  12.04.2024 Wohlen

Gastroszene in Wohlen

Rund ein Dutzend klassische Restaurants hat Wohlen. Und noch viele weitere Essensangebote. Diese Zeitung hat sich bei ihnen umgehört.

Celeste Blanc, Stefan Sprenger

«Jeder hat zu kämpfen» – so war der Grundtenor vor 10 Jahren. Damals führte diese Zeitung eine Umfrage bei 14 Restaurants in Wohlen durch. Es wurde einiges beklagt und viele Probleme angesprochen. Heute – 10 Jahre später – scheint sich die Lage gebessert zu haben. Es wird über positive Tendenzen gesprochen, auch wenn die Herausforderungen nicht ganz verschwunden sind. Unbefriedigende Parkplatzsituation, schlechte Onlinerezensionen, Fachkräftemangel oder fehlende Essensvielfalt werden thematisiert. Wobei Letzteres nur bedingt stimmt: Zwar ist Wohlen stark von der italienischen und gutbürgerlichen Küche geprägt, doch gibt es besonders im Take-away- und Lieferdienst-Angebot ein paar Exoten mit asiatischem, veganem oder mexikanischem Essen.

Freiämter Gastro-Experte

Nebst der Umfrage wurde ein Kaffeeund Bierranking erstellt, das einen klaren Sieger hervorbrachte. Und Auskunft über die allgemeine Situation in der Gastronomie gibt der Freiämter Heiner Kuster, Vorstandsmitglied von «Gastro Aargau» und selbst Wirt im «Stalden» in Berikon. Er kennt die Schwierigkeiten, mit denen sich die Branche konfrontiert sieht. Er spricht über die Teuerung, deren Auswirkungen – und wieso auf dem Land mehr Restaurants schliessen als in der Stadt.


«Menschen gehen wieder mehr raus»

Die Umfrage kurz erklärt

Die Zahl der klassischen Gastwirtschaften bleibt in Wohlen relativ konstant. Aktuell gibt es 12 «klassische» Speiserestaurants, die Mittags- und Abendservice anbieten. Ziel der Umfrage ist es, die Gegebenheiten der hiesigen Gastroszene zu beleuchten.

Die Redaktion hat acht Restaurants ausgewählt und sie zur aktuellen Situation befragt. Vier weitere Restaurants sind aktuell in einem Wandel und wurden separat (siehe Bericht unten auf dieser Seite) behandelt. Das Restaurant Schönau wollte bei der Umfrage nicht teilnehmen.


René Holenweger, «Marco Polo»

Das «Marco Polo» in Wohlen gibt es seit 2016. Man kennt das Restaurant. Und es ist beliebt. «Wir sind zufrieden», sagt Geschäftsführer René Holenweger. Seit dem Umbau vor einem Jahr erst recht. Die Terrasse mit 170 Sitzplätzen sei «ein grosser Vorteil und in den warmen Monaten sehr beliebt». Das kulinarische Angebot ist mediterran und asiatisch. «East meets West», wie der 57-Jährige sagt. So, dass für jeden etwas Passendes dabei ist. Zu kämpfen hat man lediglich mit Personalproblemen. Es sei «schwierig», die geeigneten Kräfte in Küche und Service zu finden. Zur Gastroszene in Wohlen sagt der erfahrene Gastronom: «Gut. Aber es könnte spannender sein.»


Hallil Inal «Venti20»

Restaurant, Take-away und Lieferdienst – das «Venti20» vereint gleich drei Bereiche der Gastronomie unter einem Dach. Im Oktober 2023 kam Hallil Inal ins Freiamt, um zu wirten. «Wohlen hat grosses Potenzial. Und der Standort am Bahnhof ist perfekt», ist er überzeugt. Inal und sein Team kombinieren Gerichte aus der italienischen und türkischen Küche, hauptsächlich Pide, Pizza und Döner werden hier zubereitet. Geöffnet ist an sieben Tagen die Woche. Schüler erhalten spezielle Preise. Nur ein Konzept von vielen, die der Wirt künftig realisieren möchte. «Es gibt viele Restaurantbetriebe im Dorf, die ihre Sache gut machen. Deshalb darf man nicht stehen bleiben.»


Denise Lo Conte «Bottega»

Seit gut einem Jahr führt Denise Lo Conte mit Arif Aksu das kleine Lokal «Bottega del Buon Gusto» im Ahornpark im Herzen Wohlens (zwischen Migros und «Central»). Von Dienstag bis Sonntag kann an sechs Tagen die Woche morgens gefrühstückt und tagsüber sowie abends kleine Leckerbissen wie Piadine sowie Platten mit Fleischund Wurstspezialitäten genossen werden. Die 32-jährige Gastronomin aus Italien ist mit dem Start in Wohlen glücklich: «Das erste Jahr ist immer schwer, doch wir können uns nicht beklagen.» Die Gäste geniessen das herzige Ambiente und kommen regelmässig wieder. «Einzig die Parkplatzsituation ist unbefriedigend.»


Antionio di Chiara, «Bären»

Hier wird nach italienischer Tradition gekocht: Seit 2012 wird der «Bären» durch die Familie Di Chiara geführt. Zuerst wirtete Vater Raffaele, bis vor vier Jahren Sohn Antonio übernahm. Der 28-Jährige kennt Wohlen und weiss: «Der Besuch im Restaurant hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Man merkt die Teuerung, zudem hat sich das Arbeitsverhalten mit Homeoffice verändert.» Dennoch kann man nach wie vor im «Bären» an den Wochenenden und dem Mittagsservice gute Kundschaft begrüssen, was den Gastronom freut. Das sei heutzutage nicht selbstverständlich. «Als Traditionsbeiz haben wir immer grosse Unterstützung gespürt, auch in schwierigen Zeiten.»


Familie Wohler, «Rössli»

Gutbürgerlich isst man im Gasthof zum Rössli. Im Oktober 2020 eröffnete das Ehepaar Anita und Hanspeter Wohler das Lokal wieder. Mitten in der Coronazeit. «Der Start war nicht leicht», so Anita Wohler. Mittlerweile habe sich die Situation aber wesentlich gebessert und man ist zufrieden. Dennoch: Ausruhen möchte man sich nicht. «Es ist wichtig, neue Angebote zu schaffen, die sich abheben», so die Wirtin. Deshalb startet man heuer mit einem BBQ «Fire and Food» in die Sommersaison. Problematisch findet sie Google-Rezensionen. «Anonym Kritik üben ist einfach. Aber für die Gastronomen kann das Folgen haben.»


Hanifi Sümer «Central»

Er zählt zu den Urgesteinen der Wohler Gastroszene: Seit 2009 betreibt Hanifi Sümer das «Central». Bekannt ist die Traditionsbeiz für ihre Holzofenpizzen und die italienische Küche, die am Mittag auch um Schweizer Gerichte erweitert wird. Das «Central» sei nach wie vor gut besucht, vor allem am Wochenende. Weniger laufe hingegen beim Mittagsservice. «Man merkt, dass sich das Essverhalten geändert hat.» Erschwerend hinzu kommt die ungewisse Zukunft des Standortes. Hohe Baugespanne deuteten darauf hin, dass das «Central» bald einem Neubau weichen könnte. «Aktuell sieht es so aus, als können wir bleiben.»


Arreghini / Isenring, «Gotthard»

Alessandro Arreghini und Amanda Isenring haben den «Gotthard» 2020 übernommen. Arreghini sagt: «Der Start in der Coronazeit war schwierig, seitdem läuft es aber kontinuierlich besser.» Die beliebte Quartierbeiz hat Dienstag bis Samstag offen und hat ein Tagesmenü und eine kleine Speisekarte. «Einfach und gutbürgerlich» soll es sein. Der «Gotthard» hat ein Ablaufdatum. Am 3. Mai 2025 ist «Uustrinkete». «Wir waren dann fünf Jahre hier, haben uns einen Traum erfüllt. Man soll gehen, wenn es am schönsten ist.» Wie es mit dem Lokal weitergeht, ist unklar. Es soll in den nächsten Jahren einer Überbauung weichen.


Seiler/ Lochmann, «Sternen»

Sie sind das Kult-Wirtepaar Wohlens: Rita Seiler und Remus Lochmann vom «Sternen». Seiler sagt: «Uns geht es gut. Wir sind zufrieden und können nicht jammern.» Was sie erfahrene Gastronomin merkt: «Die Menschen gehen wieder viel mehr raus. Nach Corona hat man noch eine Weile Zurückhaltung gespürt. Jetzt merkt man, dass die Leute mehr Lust haben, ins Restaurant zu gehen und zusammen eine schöne Zeit zu verbringen. Es wird auch wieder viel mehr gelacht.» Der «Sternen» hat eine gutbürgerliche Küche und freut sich nun auf die wärmeren Monate des Jahres. Dann, wenn der Biergarten offen hat.


Kaffee- und Bier-Ranking

Alles wird teurer. So auch die Preise in den Restaurants. Bei der Restaurant-Umfrage 2014 führte diese Zeitung ein Kaffee- und Bier-Ranking durch. Die Preise bewegten sich für eine Stange Bier und einen Kaffee crème zwischen 3.40 und 4.20 Franken. Heute – 10 Jahre später – sind die Preise gestiegen, wie das neuerliche Ranking beweist.

Wie viel kostet ein Kaffee crème?

1. Platz, 3. 90 Franken: Sternen.

2. Platz, 4.20 Franken: Gotthard.

3. Platz, 4.30 Franken: Bottega del Buon Gusto.

4. Platz, 4.40 Franken: Venti 20.

5. Platz, 4.50 Franken: Central, Bären, Rössli, Marco Polo.

Wie viel kostet eine Stange Bier?

1. Platz, 3.90 Franken: Sternen.

2. Platz, 4.20 Franken: Gotthard.

3. Platz, 4.50 Franken: Venti 20, Rössli.

4. Platz, 4.80 Franken: Central.

5. Platz, 5.00 Franken: Bären, Bottega del Buon Gusto, Marco Polo.

 


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