Heidi Ehrensperger, Bremgarten.
SUB
Kennen Sie die Abkürzung SUB? Ich begegnete ihr erst letzte Woche: Gemeint ist der Stapel ungelesener Bücher, den man zu Hause hat. Die riesige Menge an Neuerscheinungen jeden ...
Heidi Ehrensperger, Bremgarten.
SUB
Kennen Sie die Abkürzung SUB? Ich begegnete ihr erst letzte Woche: Gemeint ist der Stapel ungelesener Bücher, den man zu Hause hat. Die riesige Menge an Neuerscheinungen jeden Frühling und Herbst lädt ja schon zum Kaufen ein. Und der SUB wächst.
Ist man da noch bei Trost, wenn man sich entschliesst, ein bereits gelesenes Buch nochmals zu lesen? Das braucht Nerven, denn der SUB wird unterdessen nicht kleiner.
Eine meiner Freundinnen las vor Kurzem «Das doppelte Lottchen» zum fünften Mal. Auf meine Frage, warum sie das tue, meinte sie, es gebe verschiedene gute Gründe. Einerseits wisse sie, dass es gut endet. Das beruhige sie beim erneuten Lesen. Dann sei der Stoff zeitlos und der Stil Kästners eine bleibende Freude. Stimmungen und Orte würden zu alten Freunden, zu denen man gerne zurückkehre. – Wer sich geniert, ein Kinder- oder Jugendbuch nochmals zu lesen, kann es ja einem Kind vorlesen. Gute Ausrede.
Wenn ich mir überlege, welche Bücher ich mehr als zweimal gelesen habe, dann komme ich zu meinen Favoriten im Büchergestell. Klaus Merz schrieb «Jakob schläft» vor vielen Jahren – und diese Geschichte hat keinen Staub angesetzt. Wir erfahren von einer Kindheit, die wirklich nicht leicht war – aber erzählt ist sie mit einer solchen Leichtigkeit, dass man immer wieder lächelt.
«Tynset» von Wolfgang Hildesheimer habe ich ebenfalls dreimal gelesen, und jedes Mal mit Gewinn, weil es so dicht ist und ich immer wieder neue Schönheiten entdecke. Bei Büchern, die ich vor langer Zeit las, bin ich oft erstaunt über meine Randnotizen im Buch. Ich begegne meinem damaligen Ich und den Dingen, die mich dort beschäftigten.
Die Bücher, die ich jetzt für den Lesezirkel auswähle, lese ich alle zweimal. Und immer entdecke ich beim zweiten, langsameren Lesen neue schöne Stellen oder Hinweise auf den Fortgang der Geschichte, die ich beim ersten zügigen Lesen übersehen hatte.
Nun höre ich, dass junge Menschen wieder lesen. Auch wenn es grösstenteils Romanzen seien, stört mich das nicht. Hauptsache, die Freude am Buch wächst. Diese Freude kann man auch morgen Samstag, 18. Oktober, im Chappelehof in Wohlen geniessen, wenn es zum ersten Mal heisst: «Das Freiamt liest!»