Caroline Doka, freischaffende Journalistin, in Wohlen aufgewachsen, lebt heute in der Nähe von Basel.
Rosthaufen
Geburtstage, Gartenfeste, alles hat er mitgemacht. Zuerst in meiner Kindheit in Wohlen, ...
Caroline Doka, freischaffende Journalistin, in Wohlen aufgewachsen, lebt heute in der Nähe von Basel.
Rosthaufen
Geburtstage, Gartenfeste, alles hat er mitgemacht. Zuerst in meiner Kindheit in Wohlen, später bei meiner eigenen Familie in Basel: mein metallener weisser Gartentisch. Ein stiller Begleiter im Leben, gelegentlich liebevoll von mir restauriert.
Er ist in die Jahre gekommen, Rostflecken haben Löcher in die Tischplatte gefressen. Zugegeben, kein erhebender Anblick. Aber ich wusste um seine verborgene Schönheit und wie ich sie wieder zum Leben erwecke. Nur die Zeit dafür hat mir bisher gefehlt. So lagerte mein Tisch in der offenen Einstellhalle und wartete darauf, aus dem Dornröschenschlaf geküsst zu werden.
Als ich kürzlich aus den Ferien zurückkomme, ist mein Tisch weg. Wo er stand: Leere! Haben sich Nachbarn über meinen geliebten Rosthaufen geärgert und ihn entsorgt? Doch nein. Kürzlich war Altmetallsammlung. Am Abend vorher machen jeweils Händler die Runde, um Brauchbares einzusammeln. Mein Tisch stand abseits der Strasse auf Privatgrund. Das muss jemand grosszügig zu seinen Gunsten ausgelegt und ihn mitgenommen haben.
Ich hasse, wenn jemand nimmt, was ihm nicht gehört. In der Garderobe der Primarschule Bünzmatt hatte einst jemand die Skiabzeichen von meiner Jacke gerissen, im Stoff klaffte ein wüstes Loch. Ich war untröstlich und mein kindlicher Glaube ans Gute dahin.
Kürzlich auf La Palma. Wir parkten unseren Mietwagen in einem Dorf und gingen wandern. Als wir zurückkamen, war das Auto weg. Verschwunden! Wir gingen zur Polizei, die unseren Wagen kannte. Sie hatte ihn abgeschleppt. Die ausgebleichte gelbe Linie am Boden hatten wir nicht gesehen. Man war gnädig: Für Barzahlung der Busse gab es Rabatt, und im Polizeiwagen wurden wir hernach zum Auto gebracht. Glück gehabt! Wie damals, als ich mein gestohlen gemeldetes Velo abgeschlossen in einem öffentlichen Veloständer entdeckte, die Polizei verständigte und sie es mir mit dem Bolzenschneider zurückklaute.
Statt die Polizei rief ich die Gemeinde an. Sie verwies mich an die Entsorgungsfirma. Diese lachte. Ich konnte die Gedanken förmlich hören: Wer ist so blöd und stellt sein Metallzeug in die Nähe der Strasse? Jemand mit kindlichem Glauben ans Gute! Diesen habe ich noch nicht verloren. Den Tisch dagegen schon. Irgendwie ist das auch befreiend.