Mit Vollgas an die Wand
28.03.2024 Wohlen, Kolumne, Grosser RatHarry Lütolf, Die Mitte, Wohlen.
An den Sitzungen des Grossen Rates vom 26. März waren 25 Geschäfte traktandiert. Zu den wesentlichsten Geschäften zählten aus meiner Sicht: zwei separate Revisionen des kantonalen ...
Harry Lütolf, Die Mitte, Wohlen.
An den Sitzungen des Grossen Rates vom 26. März waren 25 Geschäfte traktandiert. Zu den wesentlichsten Geschäften zählten aus meiner Sicht: zwei separate Revisionen des kantonalen Steuergesetzes und die Wahl eines neuen Mitglieds des Obergerichts.
Wie man es von einem Mitglied des Parlamentes erwarten darf, habe auch ich mich auf alle Geschäfte vorbereitet. Dabei waren allein für die erwähnten Steuergesetzrevisionen 173 Seiten zu bewältigen. Namentlich die Botschaften des Regierungsrates, die Beilagen dazu und die Gesetzestexte mit den vorgeschlagenen Änderungen. Zum Glück ist man im Parlament nicht auf sich allein gestellt. Ein Geschäft, insbesondere Änderungen von Gesetzen, wird in der Partei nämlich vorbesprochen. Zudem können sich die Parteien in einem Vernehmlassungsverfahren einbringen. Darauf folgt die Beratung des Vorschlags der Regierung in der zuständigen Fachkommission des Grossen Rates, die Parteikolleginnen in dieser Kommission informieren über die Ergebnisse. Schliesslich findet vor der Behandlung im Parlament auch noch eine Beratung in der eigenen Grossratsfraktion statt. Jedes Geschäft wird demnach seriös aufbereitet. Änderungsanträge sind in aller Regel vor der Behandlung im Parlament bekannt und werden im Voraus diskutiert. Die Grossrätinnen und Grossräte können jeweils in Kenntnis aller Fakten und aller Auswirkungen einer Gesetzesänderung entscheiden. So weit, so gut.
Seit Kurzem hält nun aber eine «Saumode» Einzug ins Parlament. Und die Urheberschaft dieser «Saumode» ist immer dieselbe: die FDP mit Unterstützung der SVP. Die beiden Fraktionen machen sich einen Spass daraus, die Beratungen des Grossen Rates mit Überraschungsanträgen zu «bereichern». Offensichtlich erhoffen sich die beiden rechten Parteien mit diesem Vorgehen mehr Erfolgschancen für ihre Anliegen als mit den zuvor beschriebenen seriösen Abläufen in einem Parlamentsbetrieb.
Die «Saumode» der FDP, mit Unterstützung der SVP, kam auch bei den Sitzungen des Grossen Rates vom 26. März wieder zum Einsatz. Insbesondere bei der Revision des Steuergesetzes. Ohne Kenntnis der Auswirkungen wurden mit einem Überraschungsantrag der FDP zusätzliche Steuerabzüge beantragt. Wissentlich und willentlich missachtet die FDP, mit Unterstützung der SVP, die zuvor gutgeheissene Steuerstrategie des Kantons, welche unter anderem besagt, dass die aktuelle Revision des Steuergesetzes ertragsneutral umgesetzt werden muss. Steuermindererträge müssen durch Steuermehrerträge in anderen Bereichen ausgeglichen werden. Davon wollten FDP und SVP nun plötzlich nichts mehr wissen. Wissen wollte man auch nicht, wie hoch die Steuerausfälle beim Kanton und den Gemeinden ausfallen.
Das Motto der beiden rechten Parteien scheint zu lauten: Hauptsache Steuerreduktion, was schert uns die Finanzierbarkeit der Staatsaufgaben und das Haushaltsgleichgewicht. Verantwortungsvolle, seriöse Politik sieht anders aus. Mein Fazit: Die beiden rechten Parteien fahren uns mit Vollgas an die Wand.