Rolf Maurer, Chiang Mai.

Heisse Wochen

Wir erleben hier in Thailand ganz hitzige Zeiten. Zum einen bedeuten Hochsommer und Regenzeit 35 bis 40 Grad. Und zweitens sind derzeit Parlamentswahlen.

Aber haben Sie gewusst, dass Thailand seit dem 1. Januar 2023 ein Verkehrssünder-Punktesystem eingeführt hat? Das hat bei der Einführung reichlich Schmunzeln ausgelöst, weil die meisten der Sünder ihre Bussgeld-Briefe von der Polizei direkt in die runde Ablage (Papierkorb) werfen. Es ist schwer zu glauben, dass Thailand logistisch so gut organisiert ist, dass alle nicht bezahlten Bussen zur Folge haben, dass das Auto für das folgende Jahr nicht immatrikuliert werden kann.

Noch ein wenig komplizierter ist die Sache mit den Millionen von Rollern. Sicher die Hälfte aller Rollerfahrer (auf dem Lande) sind weit unter dem Fahrerlaubnisalter oder dann ältere Fahrer und Fahrerinnen, alle unterwegs ohne Fahrerlaubnis, ohne persönlichen Ausweis, ohne Helm und ohne Geld in der Tasche. Dazu werden jeweils am Ende eines Kalenderjahres alle angesammelten Punkte wieder gelöscht. Nach einer deftigen Strafe sieht das eher nicht aus.

Nun aber zu den Wahlen. Mitte Mai fanden die Parlamentswahlen statt. Für beide Kammern mussten zusammen 750 Sitze gewählt werden respektive nur 500, weil 250 Sitze von der Armee «beansprucht» und von der Armee (ohne Wahl) nominiert werden. Gewonnen hat die Wahl (eigentlich) die «Most Forward Party» MFP mit Pita als Parteivorsitzendem und Spitzenkandidaten für den Job des Premierministers. 61 Parteien gibt es in Thailand, 38 haben anscheinend den Sprung geschafft, davon 7 mit nur einem Mandat. Übrigens: Eine 5-Prozent-Hürde gibt es hier nicht.

Aber schon kurz nach der Wahl, das heisst zirka 3 Wochen später (so lange musste man hier in Thailand auf die offiziellen Resultate warten), begann das Chaos mit Klagen, Gegenklagen, Gegengegenklagen usw. Wie viele Klagen bisher eingereicht wurden, ist wohl nicht bekannt. Angefangen hat es mit einer Wahlbetrugsklage. Resultat: In 21 Bezirken mussten die Stimmen nachgezählt werden. Dann folgten die Reaktionen der bestehenden Parteien, die mit dem Regierungsprogramm der MFP nicht einverstanden waren. Allen voran die Armee, die offenbar noch immer in die Regierungsgeschäfte verwickelt und involviert ist. Dann die sehr alten, aber sehr reichen Thais, die um ihre persönlichen Privilegien bangen.

Grund dieser angestrebten Änderungen ist die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den ganzen Bevormundungen und den immer wieder auftretenden Korruptions-Skandalen. Es gab fast jeden Tag weitere Klagen, weil man unbedingt und mit allen Mitteln verhindern will, dass Pita respektive die MFP den Job als Premierminister gewinnt. Eine erste Wahl zur Ernennung des Premiers haben Pita und die MFP verloren, auch weil die 250 von der Armee Nominierten geschlossen Gegner der MFP waren. Als absoluter Höhepunkt schloss dann ein Gericht Pita noch aus dem Parlament aus. Die Folge davon waren massive Demos in Bangkok und anderen Städten.

Rolf Maurer ist in Sarmenstorf aufgewachsen und lebt in Chiang Mai, Thailand. Er erzählt von seinem Leben und hält seine Gedanken als Auslandschweizer fest.

BRIEF AUS THAILAND

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