«Ich kenne das Motiv nicht»
28.10.2022 WohlenEinwohnerratspräsident Cyrille Meier zum Beschwerde-Entscheid aus Aarau
Zweimal musste der Mitte-Präsident Harry Lütolf den Weg über Aarau gehen, bis eine Motion betreffend Gemeinderatswahlen für zulässig erklärt wurde. Mittendrin stand ...
Einwohnerratspräsident Cyrille Meier zum Beschwerde-Entscheid aus Aarau
Zweimal musste der Mitte-Präsident Harry Lütolf den Weg über Aarau gehen, bis eine Motion betreffend Gemeinderatswahlen für zulässig erklärt wurde. Mittendrin stand der Einwohnerratspräsident, der für seine Haltung auch Kritik einstecken musste. Nun äussert sich Cyrille Meier dazu.
Daniel Marti
Dreizehn Monate nach den Gemeinderatswahlen vom September 2012 wurde endlich Klarheit geschaffen. Eine Motion der Mitte, welche die Protokollierung dieser Wahlen kritisiert und fordert, dass künftig «vereinzelt gültige Stimmen» wieder klar deklariert werden, ist zulässig. Zwei Beschwerden beim Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau waren nötig, um zu diesem Entscheid zu gelangen (siehe auch Artikel vom vergangenen Dienstag). Nun kommt der Vorstoss doch noch ins Parlament. Einwohnerratspräsident Cyrille Meier stimmte zweimal gegen die Zulässigkeit – und stellte sich damit auf die Seite der Verwaltung. Aarau entschied nun für die Zulässigkeit. Diese Entscheidung und die schriftliche Abhandlung wollte Meier erst studieren. Nun nimmt er erstmals Stellung dazu.
Sie haben den Entscheid aus Aarau nun analysiert. Wie fällt Ihre Einschätzung aus?
Cyrille Meier: Ich habe den Entscheid aus Aarau zur Kenntnis genommen und werde diesen in der nächsten Ratsbürositzung mit den Mitgliedern thematisieren. Die Motionsfähigkeit des hängigen Vorstosses wird meinerseits anerkannt, dementsprechend werde ich dies an der Sitzung auch so kommunizieren und handeln. Der Motionär wird dann anschliessend schriftlich benachrichtigt.
Dass das Ratsbüro gleich zweimal gegen die Zulässigkeit der Motion gestimmt hat (einmal mit Gemeindeschreiber-Stv., einmal mit Ihrem Stichentscheid), das haben viele Einwohner nicht verstanden. Warum haben Sie sich so verhalten?
Ich sah die Zuständigkeit und Handlungsmöglichkeit auf kantonaler Ebene. Meiner Einschätzung nach macht es auch wenig Sinn, wenn man wie in dieser Motion auf Kommunalebene eine Vorgabe im Reglement verlangt, an welche dann das Wahlbüro Wohlen laut dem Gesetz über die politischen Rechte gar nicht gebunden wäre.
«Der Einwohnerratspräsident hat dabei keine gute Falle gemacht», sagt Mitte-Präsident Harry Lütolf. Der ER-Präsident hätte doch für die Fraktionen und Mitglieder des Einwohnerrates und weniger für die Verwaltung einstehen müssen. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?
Die Aussage vom Mitte-Präsident wird zur Kenntnis genommen. Selbstverständlich stehe ich als Einwohnerratspräsident für den Einwohnerrat und dessen Befugnisse laut der Gemeindeordnung ein und nicht einfach für medienwirksame Partikularinteressen einzelner Personen.
Der Ursprung liegt bei 1001 Stimmen bei der Gemeindeammannwahl, die nicht deklariert wurden. Das war im Kanton Aargau eine absolute Rekordzahl im September 2021. Es wäre doch im Sinne der Demokratie gewesen, wenn diese Stimmen klar ausgewiesen worden wären. Was sprach dagegen?
Ich kenne das Motiv nicht, weshalb das Wahlbüro die restlichen Stimmen nicht ausgewiesen hat. Ich kann nur vermuten, dass niemand offensichtlich viele Stimmen auf sich vereinen konnte und hingegen wohl mehrere Personen Stimmen im zweistelligen Bereich erhalten haben. Natürlich wäre es für mich verständlicher gewesen, wenn das Wahlbüro wie in der Vergangenheit auch diese Stimmen ausgewiesen hätte. Gemäss Merkblatt der Staatskanzlei hat das Wahlbüro aber nichts Demokratiefeindliches getan. Auch hätte dies nichts am legitimen Wahlresultat geändert.
Mit der besagten Motion strebt die Mitte die Rückkehr zur Tradition und Transparenz an – und dass man zumindest darüber im Parlament diskutieren darf. Das entspricht auch den Eckwerten der Demokratie. So viel darf doch die Politik von der Verwaltung verlangen?
Ich vermute, dass das Wahlbüro so oder so zu dem Entschluss gekommen wäre, bei den nächsten Gemeinderatswahlen wieder die vereinzelten Stimmen ab zehn oder neunzehn zu veröffentlichen.
Eigentlich hätte die Sache kurz und bündig abgehalten werden können: mit einem Sorry aus der Verwaltung und dem Versprechen, dass man bei den nächsten Gemeinderatswahlen wieder das traditionelle System wählen wird. Und die Sache wäre erledigt gewesen. War das nie ein Thema und lieber nahm man den zweimaligen Weg nach Aarau in Kauf?
Diese Aussage kann ich so unterstützen. Man hätte die ganze Sache kurz und bündig abhalten können. Infolge der Anfrage 14139 (Die FDP stellte zur Sache am 18. Oktober 2021 sieben Fragen, die Antworten sind noch ausstehend – Red.) hätte die betroffene Abteilung der Verwaltung schnell Antworten zu den Fragen liefern können und dort ein Bekenntnis zum alten Auszählsystem vereinzelter Stimmen liefern können. Transparenz hätte man auch ohne wahltaktische Motion erreicht.