Sommerserie «Zeitgeschichte»: Der Bünzer Martin Rosenberg revolutionierte die Schweizer Politik
Zauberformel nennt man die 1959 zustande gekommene parteipolitische Zusammensetzung des siebenköpfigen schweizerischen Bundesrates mit dem ...
Sommerserie «Zeitgeschichte»: Der Bünzer Martin Rosenberg revolutionierte die Schweizer Politik
Zauberformel nennt man die 1959 zustande gekommene parteipolitische Zusammensetzung des siebenköpfigen schweizerischen Bundesrates mit dem Verteilschlüssel 2:2:2:1. Vorgeschlagen hatte diese Idee der Freiämter Martin Rosenberg.
Sabrina Salm
«Konkordanz» und «Zauberformel» sind zwei Begriffe, welche die Schweizer Politik prägen. Martin Rosenberg hatte seit Jahren auf eine gerechte Vertretung der politischen Kräfte im Bundesrat gesetzt. Er galt als brillanter Taktiker – als einer der wichtigsten politischen Strategen der Nachkriegszeit im 20. Jahrhundert in der Schweiz. Und er kommt ursprünglich aus dem Freiamt. Am 29. März 1908 wurde Martin Rosenberg in Bünzen geboren.
Redaktor und Politiker
In den frühen 1930er-Jahren gehörte er der jungkonservativen Erneuerungsbewegung an. 1932/1933 war er Zentralpräsident des Schweizerischen Studentenvereins, der seinen Mitgliedern verbot, den Fronten beizutreten. Rosenberg studierte an der Schweizer Universität Freiburg. Er war von 1941 bis 1968 Generalsekretär der Konservativen Volkspartei (später CVP, heute Die Mitte). Daneben war er Bundeshausredaktor des «Vaterlands». Ausserdem war er, wie aus dem Historischen Lexikon der Schweiz (Beatrice Küng-Aerni: «Rosenberg, Martin», in: Historisches Lexikon der Schweiz [HLS], Version vom 11.11.2010) hervorgeht, 1965 bis 1968 Mitgründer und Vizepräsident der europäischen Union Christlicher Demokraten. Wie es heisst, vertrat Rosenberg auf nationaler wie internationaler Ebene eine Politik der Verständigung und des Kompromisses.
Berühmt machte ihn wohl 1959 der Durchbruch der Zauberformel. Dabei handelt es sich nicht um irgendeinen magischen Trick, sondern um die «gerechte Aufteilung» in der Bundesregierung.
Wollte die «gerechte» Aufteilung
Die Schweiz hatte nicht immer eine Mehrparteienregierung. Nach der Gründung des Bundesstaates 1848 regierten die Freisinnigen alleine. Erst 1891 kam ein erstes Mitglied der Katholisch-Konservativen, zehn Jahre später dann ein erstes Mitglied der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (heute SVP) und 1943 wurden auch die Sozialdemokraten zum ersten Mal in den Bundesrat gewählt. Diese «Ungerechtigkeit» war dem Freiämter ein Dorn im Auge. Er wollte die gerechte Vertretung der wichtigsten Parteien in der Regierung. Wie der Historiker Urs Altermatt in seinem Buch «Das historische Dilemma der CVP. Zwischen katholischem Milieu und bürgerlicher Mittepartei» schreibt, habe sich vor allem Generalsekretär Martin Rosenberg vorgenommen, «die Vorherrschaft des Freisinns zu brechen». Wahrscheinlich nicht uneigennützig, kam er mit der mathematischen Idee der sogenannten Zauberformel oder, wie Rosenberg es nannte, «neuen politischen Konzeption». Diese lautete: 2 FDP, 2 CVP, 2 SP und 1 BGB (heute SVP). Das war am 17. Dezember 1959. Diese wurde bei allen Bundesratswahlen bis 2003 befolgt. Dann kam das Ende der «klassischen» Zauberformel.
Martin Rosenberg hat dies nicht mehr erlebt. Er starb am 1. Januar 1976 in Bern. Und wenn heute alles etwas anders ist, hatte der Strippenzieher aus dem Freiamt einen wichtigen historischen Beitrag in der Schweizer Politik geleistet.