Bilanz über die letzte Legislatur
31.05.2022 WohlenIn einem Legislaturprogramm werden eine ganze Menge Ziele aufgelistet. Auch darum ist eine Kontrolle nur gut. Der Gemeinderat Wohlen nahm eine Auswertung des Legislaturprogramms der letzten vier Jahre vor.
Längst nicht alle Ziele erreicht
Gemeinderat ...
In einem Legislaturprogramm werden eine ganze Menge Ziele aufgelistet. Auch darum ist eine Kontrolle nur gut. Der Gemeinderat Wohlen nahm eine Auswertung des Legislaturprogramms der letzten vier Jahre vor.
Längst nicht alle Ziele erreicht
Gemeinderat nimmt Auswertung des Legislaturprogramms 2018–2021 vor
Die Erkenntnisse sind laut Gemeinderat positiv, aber Baustellen gibt es noch etliche. Denn nicht das gesamte Legislaturprogramm konnte umgesetzt werden. Das Erreichen diverser Ziele wurde auf die aktuelle Amtsperiode verschoben.
Daniel Marti
Der Gemeinderat präsentiert das neue Legislaturprogramm für die Jahre 2022 bis 2025. Und gleichzeitig legt er auch die Auswertung des Legislaturprogramms 2018 bis 2021 vor – und dies recht pünktlich nach Abschluss der Amtsperiode. Die vorliegenden Erkenntnisse waren auch eine Ausgangslage für die Erarbeitung des neuen Programms für die Legislatur 2022 bis 2025. «Anhand der Auswertung resultiert die positive Erkenntnis, dass es dem Gemeinderat mit den zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgreich gelungen ist, eine grosse Mehrheit der definierten Ziele vollumfänglich oder mindestens teilweise zu erreichen.» Dies schreibt der Gemeinderat in seiner Antwort auf eine Anfrage.
Der Gemeinderat geht transparent mit dem Legislaturprogramm um – und stuft seine Arbeit gleich selber ein. Ziele, die nicht erreicht wurden in der vergangenen Amtsperiode, werden mit dem neuen Legislaturprogramm weiterverfolgt.
Raumsituation der Gemeindeverwaltung ist prekär
Nachfolgend ein Blick in die Auswertungen mit ein paar Stichproben zu Bevölkerungswachstum, Zentrumsfunktion, politische Zusammenarbeit, Bildung, Finanzen, Raumplanung, Infrastruktur.
Die langfristigen Auswirkungen des Bevölkerungswachstums sollen bei allen Projekten berücksichtigt werden. Hier kam der Gemeinderat nur bedingt zum Ziel. «Während die Legislative, Einwohnerrat und Stimmvolk, in Bezug auf den schulischen Raumbedarf den Anträgen gefolgt ist und die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt hat, wurden diese in Bezug auf die Gemeindeverwaltung verwehrt», hält der Gemeinderat fest. «Die räumliche Situation für die Gemeindeverwaltung ist prekär. Der Betrieb kann nicht mehr in allen Teilen ordentlich aufrechterhalten werden», schreibt der Gemeinderat weiter. Die erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen seien «unbedingt zur Verfügung zu stellen».
Weiter soll sich Wohlen als starkes Zentrum in der Region positionieren und eine führende Rolle einnehmen. Die Zusammenarbeit bei übergeordneten Fragen mit den Gemeinden in der Region soll gestärkt werden. Die Bemühungen des Wohler Gemeinderates in diese Richtung haben bislang wenig Wirkung gezeigt, heisst es. Dies wird auch mit der Zurückhaltung anderer Gemeinden begründet. Also hier gibt es noch Arbeit.
Bibliotheksentscheid zeitnah
Am Ziel vorbeigeschossen hat der Gemeinderat bei der Gemeindebibliothek – wie so oft in den letzten rund einem Dutzend Jahren. Das zukünftige Betriebskonzept und der Raumbedarf der Bibliothek hätten in der vergangenen Legislatur festgelegt werden sollen, ebenfalls der Start einer allfälligen Planung. Und wo steht man jetzt? «Verschiedene Varianten über den Betrieb und den Standort der Bibliothek wurden in Betracht gezogen. Ein konkreter Entscheid darüber wurde seitens des Gemeinderates nicht gefällt. Unter Berücksichtigung der räumlichen Verhältnisse sind in der neuen Legislatur entsprechende Grundsatzentscheide zeitnah zu treffen.» Ein kleiner Trost für das fleissige Team der Bibliothek. Mehr nicht.
Entwicklung Gewerbegebiet «Rigacker» vorgesehen
Gleich neben der Gemeindebibliothek, auf dem Isler-Areal, wartet man auch darauf, dass es vorwärtsgeht. Gemäss Zielsetzung hätte eine Überbauung in Planung sein sollen. Neues Ziel: Die Grundlagen für die Ausschreibung sind weitestgehend erarbeitet. Die Ausschreibung ist für das Jahr 2022 geplant.
Auch die Optimierungsmöglichkeiten für Gewerbezonen hätten überprüft sein sollen. Immerhin ist nun die Analysephase abgeschlossen. Und für die jetzt begonnene Legislaturperiode ist ein «Entwicklungsrichtplan» für das Gewerbegebiet «Rigacker» vorgesehen. Während die Erschliessungsplanung des Gewerbegebiets Wil/Huebächer in der Umsetzung ist. Das Mitwirkungsverfahren ist abgeschlossen. Und die Umsetzung ist ab dem Jahr 2023 geplant.
Dringlicher Handlungsbedarf bei Kindergärten
Seit Jahren ist die Kindergarteninfrastruktur in aller Munde. Diese soll eine hohe Qualität haben, so das Ziel des Gemeinderates. Die Kindergartenstrategie hätte laut früheren Aussagen von Gemeinderatsmitgliedern schon längst gestartet werden sollen. Aber auch hier braucht es Geduld. «Die räumliche Kindergartenstrategie ist stark mit der Schulraum- und Schulstandortstrategie verknüpft und muss zusammen mit dieser konkretisiert werden», schreibt der Gemeinderat. «Bei fast allen Kindergärten, ob in Mietobjekten oder eigenen Liegenschaften, besteht mehr oder weniger dringlicher Handlungsbedarf.» Auch das war schon vor der Legislatur 2018 bis 2021 bekannt.
Strategieprozess beim Gemeindehaus starten
Gefragt ist auch die Immobilienstrategie. Die ergibt sich einerseits durch den Sanierungsbedarf, andererseits durch den mittel- und langfristigen Bedarf der Nutzer. «Der Entwurf der Immobilienstrategie für das Teilportfolio Verwaltungsliegenschaften liegt vor», so der Gemeinderat, «er muss aber infolge der Entscheide zu den Zwillingsreferenden angepasst werden.» Damit ist das Gemeindehaus gemeint und die per Volksabstimmung verhinderte Aussiedlung des Betreibungsamtes, inklusive ein Konzept fürs Gemeindehaus. Der Strategieprozess soll nun in der neuen Struktur mit dem Ressort Volksschule erarbeitet werden.
Kritik an der politischen Zusammenarbeit
Zu guter Letzt zur Zusammenarbeit innerhalb der Politik. Hier nennt der Gemeinderat ein Ziel: «Die Zusammenarbeit zwischen Einwohnerrat, Kommissionen, Gemeinderat und Gemeindeverwaltung wird aktiv und vertrauensvoll gestaltet.» Anfänglich sei auch alles gut gewesen. Zu Beginn der Legislatur 2018 bis 2021 bezeichnete der Gemeinderat die Zusammenarbeit zwischen Einwohnerrat / Finanz- und Geschäftsprüfungskommission sowie Gemeinderat als «konstruktiv und wertschätzend». Auf dieser Basis haben sich weitere Schritte zur Intensivierung eines vertrauensvollen Austauschs angeboten, beispielsweise Treffen mit Parteiund Fraktionspräsidien.
Aus dem vertrauensvollen Miteinander wurde allerdings nichts. Der Gemeinderat übt hier Kritik: «Hinsichtlich der Gesamterneuerungswahlen 2021 wurde das aufgebaute Vertrauensverhältnis in Mitleidenschaft gezogen.» Aufgrund dieser Erfahrung will der Gemeinderat reagieren und sich eine Strategie zurechtzulegen, wie er den Umgang mit den massgebenden Akteuren künftig pflegen möchte. «Es ist ein Verhältnis zu den der Legislativebene angehörenden Personen aufzubauen, das den respektvollen Umgang begünstigt.» Wer hier tatsächlich Verbesserungspotenzial hat – es ist wohl das Dorfparlament gemeint –, das hingegen erwähnt der Gemeinderat nicht konkret.
Grüngutgebühr unbedingt
Am Thema Finanzen kommt die Gemeinde Wohlen nicht vorbei. Als Ziel gilt eine durchschnittliche Eigenfinanzierung von jährlich vier bis fünf Millionen Franken. In den beiden vergangenen Jahren konnte eine gute Eigenfinanzierung erreicht werden. Im Jahr 2021 hat die Mehrwertabgabe von 3,4 Millionen Franken für den Ausgleich eines Planungsmehrwertes dazu beigetragen. Somit beträgt die durchschnittliche Selbstfinanzierung in den Legislaturjahren 7,4 Millionen Franken. Mit den hohen anstehenden Investitionen sind auch Auswirkungen auf die Abschreibungen und Zinsen verbunden. «Um diese Belastungen zu verkraften, bedarf es zusätzlicher Erträge», hält der Gemeinderat fest.
Und die Massnahmen sind bekannt. «Die verursachergerechte Abfallwirtschaft ohne steuerfinanzierten Zuschuss ist unbedingt anzustreben. Zudem wird es unumgänglich sein, den Steuerfuss in den nächsten Jahren zu erhöhen», schreibt der Gemeinderat. Grüngutgebühr und Steuerfusserhöhung stehen also vor einem neuerlichen Anlauf. --dm