Lustvoll im Dreck wühlen
29.03.2022 Region UnterfreiamtIn Sarmenstorf beginnen die Probearbeiten für das Freilichtspiel «Grabenstorf»
Im Sarmenstorfer Boden gibt es viele Fundstücke. Einige von ihnen werden nun zu einem Theaterstück.
Chregi Hansen
Techniker ...
In Sarmenstorf beginnen die Probearbeiten für das Freilichtspiel «Grabenstorf»
Im Sarmenstorfer Boden gibt es viele Fundstücke. Einige von ihnen werden nun zu einem Theaterstück.
Chregi Hansen
Techniker Martin Brun hat schon ganz viele Theaterschauplätze ins rechte Licht gerückt. Aber eine Bühne in einer Baugrube, das ist auch für den Luzerner etwas Neues. «Ich habe noch keine Ahnung, wo ich die Scheinwerfer platziere», lacht er. Gerade das sei die Herausforderung, die ihn reizt. «Und bei den Sarmenstorfer Theatern weiss man, dass etwas Gutes herauskommt», fügt er an.
Noch existiert ganz vieles erst in den Köpfen der Initianten. Der künftige «Theatersaal», er ist sozusagen noch im Boden versteckt. Auf dem «Schwobenacher» mitten im Dorf wird im Juli eine grosse Grube ausgehoben. Sie ist Bühne und Tribüne zugleich. «Wenn wir schon ein Theater übers Graben machen, dann muss es auch wirklich in den Boden gehen», sagt Stefan Hegi, zusammen mit Hans Melliger Initiant und Produktionsleiter von «Grabenstorf».
Wenn Erwachsene wieder zu Kindern werden
Und gegraben wird auch während des Stückes. In der Geschichte, die der Wohler Autor Jörg Meier geschrieben hat, geht es um die heilende Wirkung der Sarmenstorfer Erde und darum, wie man damit Geld verdient. Und so wird fleissig im Dreck gewühlt im Freiämter Dorf. «Es ist doch schön, wenn Erwachsene wieder Kinder werden und ‹sändelen› können», erklärt Regisseurin Eva Mann. Und freut sich auf die vielen Geschichten, die in der kommenden Probezeit noch gefunden werden.
Nach Geschichten gegraben
Grabenstorf: Nächste Woche starten die Probearbeiten für das nächste Sarmenstorfer Theater
In diesem Stück vermischen sich Realität und Fiktion. Der Verein «Theater ad hoc» präsentiert eine Geschichte, die viel mit Sarmenstorf zu tun hat, aber genug Platz lässt für fantasievolle Ausschmückungen und Vermutungen. Was gesichert ist: Die Premiere findet am 19. August statt.
Chregi Hansen
Mit Freilichtspielen haben alle Beteiligten schon Erfahrung. Aber ein Freilichtspiel im Boden – das ist dann doch etwas Neues. Bei «Grabenstorf» wird in einer richtigen Baugrube gespielt. 26 Meter lang, 22 Meter breit, rund 5 Meter tief. Mit einem Notdach über dem Loch. So, wie es bei Ausgrabungen üblich ist.
Noch ist von der Grube allerdings nichts zu sehen. Fast noch unberührt wartet die grosse Wiese im Zentrum auf die Dinge, die da kommen werden. «Dass wir hier, mitten im Dorf, tatsächlich eine Grube ausheben und darin spielen dürfen, das ist einfach fantastisch», schwärmen die beiden Initianten Hans Melliger und Stefan Hegi. Egal ob Landeigentümer, die Gemeinde oder auch die Kantonsarchäologie, von allen Seiten erfahren die Theatermacher grosse Unterstützung. «Hier entsteht etwas Grosses, was das ganze Dorf und die Region zusammenkittet», sind die beiden Initianten überzeugt.
Heilbringende Erde
«Grabenstorf» ist nach «Chlostermetzger» (2006) und «Sachsenmatt» (2010) das dritte Stück des Vereins Theater ad hoc Sarmenstorf. Und wie bei den beiden Vorgängern geht es auch hier um eine Geschichte, die viel mit dem Dorf zu tun hat. «Sarmenstorf ist bekannt für seine vielen archäologischen Fundstellen», erklärt Hans Melliger. Hier finde man nicht nur spannende Gegenstände, sondern auch etliche Geschichten. Wie diejenige vom süddeutschen Eremiten Jakob Heigele, der im 18. Jahrhundert auf sehr geschäftstüchtige Art die Wendelinskapelle zu einem Magneten für Pilger gemacht hat. «Das Schöne ist, dass es über ihn nur wenige gesicherte Fakten gibt. Für mich als Autor ergeben sich darum viele Möglichkeiten, die Geschichte umzuschreiben», sagt Jörg Meier.
In seinem Stück geht es nun um die scheinbar heilende Wirkung der Sarmenstorfer Erde. Was ursprünglich ein Marketing-Gag war, entwickelt immer mehr eine Eigendynamik. Immer tiefer wird gegraben, immer mehr Erde abgebaut. «Doch beim Graben kommen eben auch Dinge zum Vorschein, die viele lieber verdeckt halten würden», macht der Autor deutlich. Das ideale Terrain für ganz komische Geschichten.
«Meinen die das ernst?
Inszeniert wird das Freilichtspiel durch Eva Mann, in der Region bestens bekannt durch ihre Arbeit mit dem Theater Bünzen. Sie freut sich, dass die Probearbeiten nach zweijähriger Coronapause nächste Woche wieder losgehen. Sie ist begeistert von der Vorlage. «Der Text macht einfach Lust aufs Spiel», schwärmt sie. Sie ist fasziniert von der Grundidee und dem ganzen Projekt. «Es ist doch spannend. Menschen graben alte Gegenstände aus und erfinden dann Geschichten dazu», sagt sie. Dass sich das Projekt zeitlich weit nach hinten verschoben hat, empfindet sie nicht als Nachteil. «Wein wird auch besser, je älter er ist», lacht sie.
Auch sie ist gespannt, wie sich die Baugrube als Theaterbühne eignet. Genauso wie Lichtdesigner Martin Brun und Komponist Jonas Arnet. «Als ich das erste Mal von der Idee einer Grube hörte, wusste ich lange nicht, ob sie das ernst meinen», sagt der Wohler Musiker. Mittlerweile hat er die verrückten Sarmenstorfer Theatermacher kennengelernt und weiss: Die meinen das wirklich ernst. «Es soll ein Projekt aus dem Dorf und für das Dorf sein. Darum war es mir wichtig, ganz viele lokale Musiker einzubinden», fährt Arnet fort. In der Band spielen darum Profis neben Halbprofis und Laien. Die Musik soll dabei die Geschichte szenisch untermalen, aber auch eigene Akzente setzen. «Musikalisch entsteht ein ganz eigener Groove», freut sich Arnet.
Tolles Rahmenprogramm
Das Theaterstück, es steht klar im Zentrum des Projekts. Doch «Grabenstorf» ist viel mehr. Rund um das Freilichtspiel sind etliche Aktionen entstanden. «Das Ganze basiert auf drei Grundpfeilern», erklärt Hans Melliger. Zum einen verschiedene Veranstaltungen wie Wettbewerbe, Vorträge oder die Eröffnung eines grabologischen Labors. Zum anderen werden all diese Aktionen quasi live im Internet übertragen. Und als Drittes gibt es eben «Grabenstorf», eine «erdige Komödie mit Musik». «Wir haben seit dem Projektstart im Mai 2018 sehr viele Ideen entwickelt. Und der Prozess ist noch immer nicht abgeschlossen», macht Stefan Hegi deutlich. Wobei all diese Aktionen und Anlässe durch das Thema des Grabens verbunden sind.
«Sarmenstorf ist eine Hochburg für Archäologen. Wer hier gräbt, findet immer etwas», macht Melliger deutlich. Darum brauchte es im Vorfeld auf der Wiese, auf der ab August gespielt wird, auch Probegrabungen durch die Kantonsarchäologie. Und das ist denn auch eine der grössten Sorgen der Macher: dass beim grossen Aushub Ende Juli tatsächlich wichtige archäologische Fundstücke zum Vorschein kommen.
Vorerst aber stehen die Ampeln alle auf Grün für einen unbeschwerten Theatergenuss. «Wir sind alle froh, dass es jetzt endlich losgeht und wir das Projekt nach der langen Coronapause wieder ausgraben können», machen Melliger und Hegi klar. Und spüren schon jetzt das ganz besondere Theaterfieber im Dorf, welches schon die früheren Produktionen zum Erfolg machte. Bis dahin wird auf dem «Schwobenacher» weiter fleissig gegraben. Man darf gespannt sein, was noch alles zum Vorschein kommt.
«Grabenstorf», das Freilichtspiel in einer eigens ausgehobenen Grube mitten im Dorf, wird vom 19. August bis 23. September gezeigt. Der Vorverkauf startet im Mai. Mehr Informationen unter www.grabenstorf.ch.