Glück, Zufall und etwas Schicksal
29.03.2022 WohlenIm Rahmen des BiblioWeekends berichtete Thomas Heimberg von seiner ungewöhnlichen Reise
Er wollte einfacher und dafür mehr leben. Während 30 Monaten fuhr der gebürtige Niederwiler mit seinem Motorrad um die halbe Welt. Seine Erlebnisse hat er jetzt in ...
Im Rahmen des BiblioWeekends berichtete Thomas Heimberg von seiner ungewöhnlichen Reise
Er wollte einfacher und dafür mehr leben. Während 30 Monaten fuhr der gebürtige Niederwiler mit seinem Motorrad um die halbe Welt. Seine Erlebnisse hat er jetzt in Buchform veröffentlicht. In Wohlen stiess es auf ein sehr interessiertes Publikum.
Chregi Hansen
Er hat viel erlebt auf seiner Reise. Und diese Erlebnisse fein säuberlich in einem Tagebuch festgehalten. «Ich habe nach meiner Rückkehr selber gestaunt, was ich alles notiert habe», lacht Thomas Heimberg. Inzwischen ist aus seinen Notizen ein Buch geworden: «Mit Sprit zu Spirit.» In Wohlen präsentierte er es erstmals der Öffentlichkeit.
In einer Mischung aus Vortrag und Lesung nahm der Freiämter das Publikum in der Bibliothek Wohlen mit auf eine 30-monatige Reise. Wohin es gehen soll, war ihm damals selber nicht ganz klar. «Ich war immer ein Machertyp, habe immer gearbeitet. Aber während meines Studiums zum technischen Kaufmann wurde mir bewusst, dass wir in einem komplett übersättigten Markt leben, in dem die Nachfrage künstlich erzeugt wird», erklärt er seine Motivation. Dem wollte sich der gelernte Landmaschinenmechaniker entziehen. Und so machte er sich auf den Weg zu einem einfachen Leben.
Besondere Begegnungen
Seine Idee: eine Reise mit dem Motorrad um die Welt, bei der er sich das nötige Geld nebenbei mit Arbeiten verdient. «Ich habe alle Zelte abgebrochen. Ich wollte leben mit dem, was ich habe und kann», so Heimberg. Sein Buch sei daher auch kein Reiseführer für Motorradfreaks, sondern «ein Buch über das Leben», wie er deutlich macht. Und über die vielen Wendungen, die das Leben immer wieder bereithält. Seine Reise war geprägt von Glück, Zufall und Schicksal. «Vielen Begegnungen habe ich damals wenig Beachtung geschenkt. Rückblickend waren sie aber prägend für mich», so seine Erkenntnis.
In Wort und Bild liess Heimberg die Zuhörer und Zuhörerinnen mitreisen. Erst nach Neuseeland, wo er im kalten Winter wochenlang Teststrecken für die Autoindustrie gebaut hat. Oder nach Chile, wo er sich auf die Suche nach dem Ende der Welt machte und sich dabei auf Baustellen verdingte. Auf seiner langen Reise hatte er viele eindrückliche Naturerlebnisse, musste aber auch etlichen Gefahren ausweichen, ein Buschbrand und ein Sturz in einen reissenden Fluss inklusive. «Ich wurde oft gefragt, ob ich nicht Angst hätte, so allein unterwegs zu sein. Aber Angst lähmt nur, in solchen Situationen muss man einfach funktionieren», sagt er.
Dankbarkeit fürs Leben
Heimberg, der aus der Schweiz den Wohlstand kannte, wählte für sich ein bewusst spartanisches Leben. Oft übernachtete er draussen im Busch in einem Zelt, kochte über dem Feuer, verdingte sich für die einfachsten Arbeiten. «Wer je auf einer Kaffeeplantage gearbeitet hat, der weiss, welche Arbeit in einer normalen Tasse Kaffee steckt, die bei uns auf Knopfdruck aus der Maschine kommt», lacht er. Mehr als einmal kam er an seine Grenzen. «Es war eine kräftezehrende Reise. Oft habe ich mir gedacht: Ist das die grosse Freiheit, von der alle reden?» Wettgemacht wurden die Strapazen durch die vielen Begegnungen, die er mit den Menschen vor Ort hatte. «Was ich erlebt habe, ist einzigartig. Ich verspüre eine grosse Dankbarkeit fürs Leben», sagt er heute.
Er ist heute froh, hat er den Mut gehabt, seine Reise anzutreten. Er hat im Schiffbau gearbeitet, aber auch in einem Pflegeheim. Hat immer wieder Personen getroffen, die ihm geholfen haben, selbst wenn sie kaum etwas besassen. Der Mensch benötige Herausforderungen, um zu wachsen, ist er überzeugt. Doch solche Herausforderungen werden in der modernen Welt immer seltener. «Um sich zu entwickeln, muss man Neues ausprobieren», so Heimberg. Und: Veränderungen gehören zum Leben. Darum ist er nie zu lange am gleichen Ort geblieben, am Schluss hatte er 80 000 Kilometer auf seinem Motorrad absolviert. Und musste dieses dabei so manches Mal reparieren. «Ich habe gelernt, wie man mit wenig Mitteln alles flicken kann. Sogar die Servolenkung eines Traktors in der Wüste», lacht der Niederwiler. Zu erfahren, wie in vielen anderen Teilen der Welt gearbeitet wird, hält er für eine der wertvollsten Erkenntnisse seiner Reise. «Es dauert alles etwas länger, aber es funktioniert auch.»
Weil es sich lohnt, neue Wege zu gehen
Inzwischen ist Heimberg zurück in der Schweiz. Ist seine Reise also beendet? «Nein, ich bin immer noch unterwegs», machte er deutlich. Er hat für seine Reise viel aufgegeben, aber dafür viel mehr zurückerhalten: vor allem die Wertschätzung und die Dankbarkeit fürs Leben. «Ich habe so viele magische Momente erlebt. Sie haben all die Strapazen wettgemacht», sagt Heimberg. Er ist überzeugt, dass es sich lohnt, auch mal neue Wege zu gehen. «Die Reise hat aus mir einen anderen Menschen gemacht», sagt er bei seinem Auftritt in Wohlen. Nun möchte er andere Menschen ermuntern, sich selber auf eine Reise zu begeben. Es müssen ja nicht gleich 80 000 Kilometer sein.