AUSTAUSCHJAHR
29.03.2022 BremgartenSamuel Seiler, England.
Englisches Wetter
Woran denken Sie, wenn Sie das Wort «England» hören? Verregnete Graslandschaften? Tee oder Fish and Chips? Die Queen? Bei uns in der Schweiz wie auch im Rest ...
Samuel Seiler, England.
Englisches Wetter
Woran denken Sie, wenn Sie das Wort «England» hören? Verregnete Graslandschaften? Tee oder Fish and Chips? Die Queen? Bei uns in der Schweiz wie auch im Rest der Welt kursieren so einige Stereotypen und Geschichten über England und seine Bewohner. Aber welche stimmen wirklich und welche sind nur frei erfundene Vorurteile? Diese Frage werde ich nun aufgrund meiner eigenen Erfahrungen in England klären: Beginnen wir mit dem wohl am weitesten verbreiteten Vorurteil, dem englischen Wetter. Auf den Britischen Inseln, so sagt man, soll es nahezu immer regnen. Dies sei auch die Erklärung für die saftig grünen Graslandschaften. Im Norden Englands, in Schottland und Wales trifft diese Behauptung, zumindest laut dem britischen Wetterbericht, nicht schlecht zu. Zum Beispiel ist Edinburgh mit durchschnittlich knapp 16 Regentagen im Monat schon eine ziemlich verregnete Gegend. Im Süden jedoch, wo ich mein Austauschjahr verbringe, war bis auf einen verregneten und stürmischen Februar nichts von englischem Wetter zu bemerken. Ich erlebte einen wunderbaren und warmen Herbst und einen milden, aber grösstenteils trockenen Winter hier in Weymouth.
Ein weiteres bekanntes Vorurteil über das Volk der Engländer ist, dass diese jeden Tag Tee trinken und mindestens einmal pro Woche Fish and Chips essen würden. Traditionellerweise ist um vier Uhr «Tea Time», wobei Tee getrunken und Gebäck wie zum Beispiel Scones gegessen wird. In ärmeren Familien war es üblich, das Abendessen zusammen mit dem Tee einzunehmen, weshalb das Abendmahl in einigen Familien noch immer «Tea» genannt wird. Auch der Brauch von Fish and Chips stammt von einfacheren Leuten in den Küstenregionen. Und zwar kommt dieser aus der Zeit, als die einfachen Arbeiter noch wöchentlich bezahlt wurden und sich jeweils am Freitag nach getaner Arbeit mit ihrem Lohn ein leckeres Abendessen vor dem üblichen Kneipengang zum Wochenende leisteten. Heute sind beide diese Bräuche etwas verloren gegangen, jedoch wird in England nach wie vor viel Tee getrunken und Fish and Chips gegessen. Die Engländer sollen aber nicht nur begeisterte Teetrinker, sondern auch überaus höflich und zuvorkommend sein. Dies mag früher einmal gestimmt haben, jedoch bin ich in meinem Austausch bislang eher eines Besseren belehrt worden. Von unserer Austauschorganisation wurden wir zwar instruiert, dass die meisten Engländer sehr höflich seien und dies auch von ihrem Gegenüber erwarten würden, jedoch trifft dies in der Praxis nur sehr bedingt zu. Vor allem jüngere Generationen nehmen das mit der englischen Art nicht mehr so genau. Es wird kaum gegrüsst, Lehrer und andere Respektspersonen werden geduzt und beleidigt. Auch das Verhalten vieler Jungs gegenüber Mädchen ist oftmals alles andere als gentlemanlike, sondern eher belästigend und einschüchternd. Nichtsdestotrotz bin ich hier in England auch auf sehr nette, zuvorkommende und gastfreundliche Menschen getroffen.
Samuel Seiler ist 16 Jahre alt und wohnt in Hermetschwil-Staffeln. Er besucht die zweite Klasse der FMS in Wohlen. Momentan absolviert er ein Austauschjahr in Weymouth (England). An dieser Stelle berichtet er regelmässig über seine Gedanken und Erlebnisse.