Vom Boom nur wenig gespürt
25.02.2022 WohlenDie Ludothek hat zwei anstrengende Coronajahre hinter sich
Die Spielebranche gehört zu den Gewinnern der Pandemie – viele Verlage und Hersteller vermelden Rekordumsätze. Weil die Familien zu Hause bleiben mussten, wurde mehr gespielt. Die Ludothek kann ...
Die Ludothek hat zwei anstrengende Coronajahre hinter sich
Die Spielebranche gehört zu den Gewinnern der Pandemie – viele Verlage und Hersteller vermelden Rekordumsätze. Weil die Familien zu Hause bleiben mussten, wurde mehr gespielt. Die Ludothek kann diesen Trend nicht bestätigen. Im Gegenteil – Corona bescherte den Frauen viel Mehrarbeit.
Chregi Hansen
In der Coronazeit wurden viele Menschen gezwungen, zu Hause zu bleiben. Und weil fast alle externen Aktivitäten ausfielen, versammelten sich Familien wieder vermehrt um den Stubentisch bei einem gemeinsamen Spiel. Im vergangenen Jahr hat die Schweizer Spielwarenbranche mit 560 Millionen Franken Umsatz ein neues Rekordergebnis erzielt. Das sind 8,7 Prozent mehr als im Jahr 2020, in welchem auch schon ein Rekord erzielt wurde.
Davon kann die Ludothek Wohlen nur träumen. «Von diesem Boom spüren wir nichts», erklären die beiden Vorstandsmitglieder Miriam Camenzind und Sonja Zeindler. So blieb die Anzahl der Kunden in etwa gleich. «Wenn ich aber sehe, wie stark die Onlinehändler zugelegt haben, gehe ich davon aus, dass viele ihre Spiele und Spielwaren bestellt haben, statt sie auszuleihen», fügt Camenzind an.
Neues «All inclusive»-Modell
Allerdings können die Ludo-Frauen die Ausleihzahlen der vergangenen Jahre nur schlecht vergleichen. «Ganz kurz vor Corona haben wir ein neues Preismodell eingeführt», erklärt Zeindler. Nach wie vor ist es möglich, eine bescheidene Jahresgebühr zu zahlen und dann für jeden ausgeliehenen Artikel extra einen kleinen Betrag. Neu gibt es aber auch eine Art «All inclusive»-Abo, das teurer ist, mit dem die einzelnen Ausleihen dann aber kostenlos sind. «Rund die Hälfte der Kunden hat sich für dieses Modell entschieden. Das hat sicher dazu geführt, dass einzelne Familien mehr Artikel aufs Mal mitgenommen haben», sagt Zeindler. Ob dies aber mit dem neuen Abo oder mit Corona zu tun hat, das lasse sich nicht sagen.
Die Renner waren in den letzten zwei Jahren die gleichen wie früher: Playmobil. Auch die verschiedenen Fahrzeuge für draussen waren sehr gefragt. Neu dazugekommen sind die Puzzles, die in der Pandemie auch im Verkauf ein Renner waren. Auch alle Artikel zum Rollenspielen fanden guten Anklang. Dafür blieben all die tollen Spiele für Veranstaltungen wie etwa das Glücksrad, der Büchsenwurfstand oder die Mohrenkopfschleuder Ladenhüter – weil schlicht keine Anlässe stattfanden. «Und wir konnten uns auch nicht mehr an Veranstaltungen präsentieren und Werbung für uns machen», bedauert Camenzind.
Team stark unter Druck
Was sich sagen lässt: Der Umsatz ist in den vergangenen zwei Jahren leicht gestiegen. Umgekehrt aber auch der Aufwand. «In der ersten Phase von Corona mussten wir drei Monate schliessen. Danach war der Betrieb nur eingeschränkt möglich», berichtet Camenzind. Die Auswirkungen sind bis heute spürbar, statt wie früher dreimal pro Woche hat die Ludothek nur noch mittwochs und samstags offen. Für das Team der Ludothek bedeuteten die Massnahmen Mehrarbeit. So mussten die zurückgebrachten Spielwaren erst desinfiziert werden und dann in Quarantäne, später musste dann eine zusätzliche Person die Zertif ikate kontrollieren. Gleichzeitig brachten die Sanierungsarbeiten im Bünz-Märt viel Betrieb im Gebäude und manch unliebsame Überraschung mit sich. «Es war wirklich eine anstrengende Zeit», erklärt Camenzind.
Und das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das Team. Derzeit halten 12 Frauen den Betrieb aufrecht, ein Mann kümmert sich zusätzlich um die Pflege der Fahrzeuge. Die meisten der Ludo-Frauen engagieren sich schon seit Jahren ehrenamtlich für die Spielwarenausleihe. «Es wird immer schwieriger, neue Helferinnen zu finden, weil die meisten Frauen heute berufstätig sind und ihre Zeit auch einteilen müssen», macht Zeindler deutlich. Das bekommt auch der Verein als Ganzes zu spüren, statt wie früher fünf zählt der Vorstand heute nur noch drei Mitglieder. «Wir sind daher dringend auf neue Helfer angewiesen», macht Camenzind deutlich. Das Engagement lohne sich – die leuchtenden Kinderaugen bei der Ausleihe seien unbezahlbar. Und in Zeiten der Nachhaltigkeit würden es viele schätzen, Waren auszuleihen statt zu kaufen. «Trotz aller Schwierigkeiten machen wir unsere Arbeit gerne», betonen Miriam Camenzind und Sonja Zeindler, die sich schon seit 10 respektive 12 Jahren für die Ludo einsetzen.
Einiges geplant für dieses Jahr
Die beiden Vorstandsfrauen hoffen, dass schon bald wieder etwas Normalität einkehrt. Und damit auch wieder mehr Familien den Weg in den Bünz-Märt finden. Gerne möchten sie sich diesen Sommer am Jugendfest präsentieren und allenfalls am Bahnhofsfest. Und sie könnten sich auch vorstellen, den traditionellen Flohmarkt der Ludothek an den Wohler Wochenmärt zu verlegen. «Solche Anlässe sind beste Werbung für uns. Umgekehrt bringen sie Mehraufwand für das Team. Auch darum suchen wir nach Verstärkung», erklärt Sonja Zeindler. Wer sich also für eine gute Sache engagieren möchte, der darf sich gerne beim Vorstand melden. «Wir können zwar keine Löhne bezahlen, aber wir haben es gut miteinander. Und ein gemeinsames Essen liegt auch noch drin», meint Miriam Camenzind zum Schluss.
Mehr Infos zur Ludothek und ihren Angeboten: www.ludothek-wohlen.ch.