Ungewohnte Schärfe
31.12.2021 Region UnterfreiamtRückblick: Villmergen erlebte einen wahren Kampf um die fünf Sitze im Gemeinderat
Das Gemeinderatsrennen in Villmergen wurde teilweise unzimperlich geführt. Vier Bisherige hielten dem Ansturm von unverbrauchten Kräften stand, aber letztlich setzte sich ...
Rückblick: Villmergen erlebte einen wahren Kampf um die fünf Sitze im Gemeinderat
Das Gemeinderatsrennen in Villmergen wurde teilweise unzimperlich geführt. Vier Bisherige hielten dem Ansturm von unverbrauchten Kräften stand, aber letztlich setzte sich auch der Wille nach Erneuerung durch.
Nadine Lang, Daniel Marti
Das Dorf wächst unaufhaltsam. Mittlerweile sind es über 7700 Einwohnerinnen und Einwohner. Und bei einem Ausländeranteil von knapp 33 Prozent bleiben über 4100 Stimmberechtigte. Nach Wohlen, Bremgarten und Muri ist Villmergen die viertgrösste Gemeinde im Freiamt. Diese Entwicklung ist auch in der Politik spürbar geworden. Vor allem auch bei den Gesamterneuerungswahlen für den Gemeinderat von Ende September.
«Haben wir denn Wohler Verhältnisse?»
Villmergen erlebte einen spannenden und für das Dorf nicht ganz üblichen Gemeinderatswahlkampf im vergangenen Frühherbst. Die fünf Bisherigen stellten sich der Wiederwahl und standen für Kontinuität. Drei Neue drängten in die Regierung und strebten eine Veränderung an.
Die Auseinandersetzungen – sie wurden nicht alle öffentlich ausgetragen – waren schärfer, kritischer und persönlicher. «Haben wir denn neuerdings Wohler Verhältnisse?», fragten sich einige Villmerger Stimmbürgerinnen und Stimmbürger. Damit war die wohl etwas härtere Gangart gemeint. Wahlkampf als politischen Kampf gab es in der Vergangenheit in Villmergen eher selten – in der angesprochenen Nachbarsgemeinde Wohlen zählt das eher zum politischen Alltagsgeschäft.
Gleich drei jüngere, unverbrauchte Kräfte stellten sich also neu zur Wahl: Daniel Füglistaler, Fabian Lupp und Daniel Duss. Alle drei standen für Verjüngung ein – und machten damit die etwas ältere Generation im Gemeinderat zur Zielscheibe. Die Mandate von Klemenz Hegglin (SP) und Rosmarie Schneider (SVP) wurden angegriffen. Dies führte dazu, dass sich die beiden erfahrenen Kräfte solidarisierten. SP-Mann Hegglin und SVP-Frau Schneider schlossen sich praktisch zusammen, machten zusammen Wahlkampf. SP gemeinsam mit SVP – ein seltenes Bild.
Und es half nur teilweise aus Sicht der beiden etwas älteren Gemeinderatsmitglieder. Klemenz Hegglin wurde abgewählt – und durch Daniel Füglistaler ersetzt. Rosmarie Schneider schaffte die Wiederwahl zusammen mit Gemeindeammann Ueli Lütolf, René Schmidli und Renato Sanvido, der zudem Klemenz Hegglin als Vizeammann beerbte.
Hart, aber alles hat sich wieder beruhigt
«Ja, tatsächlich war dieser Wahlkampf ungewohnt für Villmergen», blickt Gemeindeammann Ueli Lütolf zurück. «Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hatten eine Auswahl. Sie haben ihre Wahl getroffen und diese gilt es zu akzeptieren.» Lütolf wurde zudem als Gemeindeammann bestätigt. «Was meine Person anbelangt, so habe ich die Wahl fair und wertschätzend empfunden», sagt er heute dazu.
Weil der Kurs hinter den Kulissen ab und zu hart war oder sogar an der Gürtellinie geführt wurde, hätte die Politlandschaft in Villmergen durchaus Schaden nehmen können. Hier winkt der Gemeindeammann ab. Gemäss seiner Meinung habe «die Politlandschaft nicht gelitten und schon gar nicht Schaden genommen». Wie sage man heute so schön: «Heute gelesen und morgen wieder vergessen.»
Auch hinter den Kulissen habe sich alles wieder beruhigt. «Gemeinderats intern ist man sich jedenfalls stets mit Anstand und Respekt begegnet. Zudem gilt es vorwärtszuschauen, denn grosse Herausforderungen stehen an.» Der Gemeinderat habe gar keine Zeit, sich mit Vergangenem aufzuhalten.
Eines stellt der Gemeindeammann auch klar: «Der abgewählte Gemeinderat und Vizeammann Klemenz Hegglin hat die Sachgeschäfte mit überdurchschnittlichem Engagement und Herzblut geführt.» Aber irgendwann komme halt die Zeit, wo man Jüngeren Platz machen sollte. Das werde auch bei ihm der Fall sein.
«Strategisches Denken gefragt»
Ueli Lütolf ist zuversichtlich betreffend des neu zusammengesetzten Gemeinderates. «Alle Mitglieder des Gemeinderates engagieren sich seit Jahren mit grossem Einsatz für ihre Aufgaben. Das wird auch beim neu zusammengesetzten Gemeinderat der Fall sein. Engagement und strategisches Denken sind gefragt.»
Die Ressortverteilung wurde laut Lütolf gemäss den Kompetenzen und den «verwandten» Themen vorgenommen. Ein fairer Ausgleich beim Aufwand spielte dabei auch eine Rolle. Es wird zudem Rücksicht genommen auf die persönlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten. «Daher bin ich sehr zuversichtlich, dass der Gesamtgemeinderat seine Aufgabe weiterhin mit vollem Einsatz erledigen wird und das entgegengebrachte Vertrauen mit Weitsicht und zum Wohle der Villmerger Bevölkerung umsetzen wird», so der Villmerger Gemeindeammann abschliessend.