Sie sorgen künftig für die Tiere
21.12.2021 BremgartenKleintierpraxis Bremgarten ist ab Januar in den Händen der beiden Tierärzte Ursula Morach und Fabian Eigner
Der langjährige Bremgarter Tierarzt Markus Trüssel geht in Pension. An seine Stelle treten Anfang Januar mit Ursula Morach und Fabian Eigner ...
Kleintierpraxis Bremgarten ist ab Januar in den Händen der beiden Tierärzte Ursula Morach und Fabian Eigner
Der langjährige Bremgarter Tierarzt Markus Trüssel geht in Pension. An seine Stelle treten Anfang Januar mit Ursula Morach und Fabian Eigner gleich zwei neue, motivierte Veterinäre aus der Region.
Marco Huwyler
Eigentlich war Ursula Morach ganz zufrieden mit ihrer Anstellung als Kleintierärztin in einer grösseren Praxis im Raum Zürich. Doch als sie vor rund einem Jahr die Ausschreibung aus Bremgarten in einer Fachzeitschrift sah, wusste sie sogleich, dass nun der Zeitpunkt für eine beruf liche Veränderung gekommen war. «Ich habe Herrn Trüssel unverzüglich angeschrieben», erzählt die 43-Jährige heute mit leuchtenden Augen. «Das ist eine einmalige Chance. Wenn ich jemals an eine eigene Praxis gedacht haben sollte, dann habe ich mir genau das vorgestellt.» Morach wohnt in Aristau, die Region rund um Bremgarten ist ihr deshalb vertraut und der künftige Arbeitsweg kurz. «Und auch die Grösse der Praxis und der potenzielle Kundenstamm erscheinen mir ideal.»
Ohne Fabian Eigner hätte sie es dennoch nicht gewagt. «Ich wusste, dass ich die Verantwortung für die Praxis nicht allein tragen wollte», sagt Morach. «Und als ich an einen Kollegen dachte, mit dem ich das machen würde, kam mir sofort Fabian in den Sinn.» Eigner und Morach kennen sich schon lange. Sie war es, die ihren ehemaligen Praktikanten einst überzeugte, auf Tier- statt auf Humanmedizin zu setzen. «Dafür bin ich ihr heute dankbar», sagt Eigner. «Tierarzt ist ein schöner Beruf – und in meinen Augen eindeutig abwechslungsreicher und spannender als beispielsweise Hausarzt.» Auch er musste nicht lange überlegen, als die Anfrage seiner langjährigen Kollegin kam. In Bellikon aufgewachsen, hat er ebenfalls einen starken Bezug zur Region. «Hier zusammen mit Ursula für die Freiämter Tiere sorgen zu dürfen, ist ein Privileg», sagt Eigner.
Dafür ist der 32-Jährige, der die letzten drei Jahre beim Zürcher Tierspital arbeitete, auch extra von Zürich nach Bremgarten gezogen. «Gerade für Notfälle ist es unabdingbar, dass man in der Region wohnt», begründet er. «Und Bremgarten als Wohnort ist natürlich eh grossartig.»
Tierpopulation wächst und wandelt sich
Eigner hat sich in den letzten Jahren innerhalb der Kleintiermedizin auf Chirurgie und Zahnmedizin spezialisiert. Morach dagegen fokussiert sich hauptsächlich auf die innere Medizin. «So ergänzen wir uns perfekt», sind die beiden überzeugt.
Dass sich ab dem kommenden Jahr zwei zu 100 Prozent angestellte Veterinäre um die Kleintierpraxis Bremgarten kümmern, bedeutet natürlich auch zusätzliche Kapazität für neue Patienten. «Die braucht es auch», meint Vorgänger und Bald-Pensionär Markus Trüssel, der die Praxis in den vergangenen 25 Jahren alleine führte. In letzter Zeit sei er zuweilen an die Belastungsgrenze gekommen und habe vereinzelt keine freien Termine mehr gehabt. «Die Haustierpopulation in Bremgarten hat im Vergleich zu meinen Anfangsjahren massiv zugenommen. Gerade jüngst, in der Coronazeit, vermutlich wegen Homeoffice, war nochmals ein frappanter Anstieg zu verzeichnen.» Trüssel betreute zuletzt ungefähr 2000 Hunde und 8000 Katzen. Dazu kommen eine Vielzahl an Hamstern, Meerschweinchen, Ratten, Echsen, Schildkröten, Vögeln, Haushühnern, Schweinen, Schlangen und, und, und. Auch die Ansprüche der Tierhalter haben sich gewandelt, was ebenfalls zu mehr Tierarztbesuchen führe. «Die Leute machen sich heute viel mehr Sorgen um ihre Haustiere als früher», erzählt Trüssel. «Wenn vor 20 Jahren ein Hund hinkte, kam man nicht sofort zu mir – heute ist dies anders. Tiere sind bei vielen zu Familienmitgliedern geworden, die man entsprechend wertschätzt. Was ja prinzipiell auch eine schöne Entwicklung ist.»
Selber Tierbesitzer
Diese gestiegenen Anforderungen verlangen auch eine entsprechende Ausrüstung. Die zwei neuen Tierärzte werden deshalb die Gerätschaften der Praxis schrittweise modernisieren und ergänzen. Beispielsweise ist ab Januar ein neues Ultraschallgerät in Bremgarten im Einsatz. «Wir geben unser Bestes, um bei allen Beschwerden und Bedürfnissen, die Kleintiere haben, eine passende Behandlung geben zu können», bekräftigt Eigner. Die zwei jungen Veterinäre wissen selbstredend, was Tiere für Menschen für eine Bedeutung haben können. Beide besitzen sie selber je einen Hund – Timon und Carlo. Die zwei werden künftig ebenfalls in der Praxis anzutreffen sein und dort sogar ihren eigenen Raum erhalten. «Zum Glück verstehen sie sich prächtig», sagt Morach.
Kaiserschnitt als Schlüsselerlebnis
Die heute zweifache Mutter ist neben einem Bauernhof aufgewachsen und hat so schon von klein auf gelernt, was es heisst, für Tiere zu sorgen. Sie erinnert sich noch genau an den Moment, in dem sie beschloss, Veterinärin zu werden.
«Ich habe den Tierarzt, der zu uns auf den Hof kam, immer bewundert und war fasziniert von seiner Tätigkeit», erzählt Morach. «Eines Tages durfte ich ihm dann bei einem Kaiserschnitt bei einer Kalbgeburt helfen. Das hat mir extrem Eindruck gemacht.» So sehr, dass sie ihrem ersten chirurgischen Einsatz auch einen Aufsatz widmete. «Wir mussten in der Schule über unser schönstes Ferienerlebnis schreiben – da musste ich keine Sekunde überlegen.» Morach hatte ihre Bestimmung gefunden.
Schwere Entscheidungen
Auch für Eigner ist Tierliebe eine Selbstverständlichkeit, die schon immer vorhanden war. «Für mich ist das eine Grundvoraussetzung für unseren Beruf», sagt er. «Ich verstehe mich auch als eine Art Tieranwalt, der immer in deren Interesse handelt.» Auch Empathie und Fingerspitzengefühl seien als Veterinär elementar wichtig. «Denn wir müssen auch schwierige Entscheidungen treffen und vermitteln.»
Alle drei Tierärzte sind sich einig, dass dies zu den schwersten Aufgaben ihres Berufes gehört und manchmal auch persönlich nicht leicht zu verdauen ist. «Klar hinterfragt man sich manchmal, wenn man beispielsweise ein Tier einschläfern musste», sagt Morach. «Zur Verarbeitung und Entscheidungsfindung hilft es aber enorm, wenn man zu zweit ist und sich austauschen kann. So können auch Fehler minimiert werden.»
Trüssel hatte diese Möglichkeit in den letzten 25 Jahren nicht. «Diese schweren Momente gehören sicher zu den wenigen Aspekten meines Jobs, die ich nicht vermissen werde.» Ansonsten setzt bei ihm langsam Wehmut ein. «Meine Berufung hinter mir zu lassen, fällt mir nicht leicht», sagt er. Auch viele seiner langjährigen Kunden, mit denen er ganze Tierleben begleitete, bedauern seinen Rückzug. Davon zeugen auch die vielen Abschiedsgeschenke, die er derzeit erhält. «Da sind viele Pralinés dabei», schmunzelt er. «Ich könnte mich momentan sicher eine Woche von Schokolade ernähren.»
Harmonische Übergabe
Beim Abschied hilft es ihm, dass er ganz und gar überzeugt von seinen Nachfolgern ist und ein gutes Gefühl für die Zukunft seiner Praxis und die Tiere der Region hat. «Wenn ich zu Hause mit meinen eigenen Haustieren nicht mehr weiterkomme, werde ich selbstverständlich zu ihnen gehen», sagt der 66-Jährige. Für die nächsten Tage sind aber die Heilkünste des Altmeisters selber nochmals gefragt. Im Advent herrschte und herrscht ein letztes Mal Hochbetrieb bei Trüssel, der bis zuletzt voll ausgelastet ist.
So wird Ende Jahr eine gleichermassen nahtlose wie harmonische Übergabe stattfinden können und die Verfügbarkeit eines Bremgarter Tierarztes stets gewährleistet sein. «Nur wer in der Silvesternacht ausrücken würde, müssen wir noch ausjassen», sagt Trüssel und bringt seine beiden Nachfolger zum Lachen. Bereit dazu wären letztlich wohl alle drei. Denn was sie eint, ist die bedingungslose Hilfsbereitschaft für Tiere in Notsituationen.