Wie ein Hitchcock-Krimi
30.11.2021 WohlenThomas Burkard ist neuer Vizeammann
Da rieb sich so mancher die Augen. Bei der Wahl zum Vizeammann erreichte der bisherige Amtsinhaber Roland Vogt (SVP) 1916 Stimmen, sein Herausforderer Thomas Burkard von den Grünen 1917. Eine Stimme machte also den Unterschied, Alfred ...
Thomas Burkard ist neuer Vizeammann
Da rieb sich so mancher die Augen. Bei der Wahl zum Vizeammann erreichte der bisherige Amtsinhaber Roland Vogt (SVP) 1916 Stimmen, sein Herausforderer Thomas Burkard von den Grünen 1917. Eine Stimme machte also den Unterschied, Alfred Hitchcock hätte das Finale nicht besser inszenieren können. Trotz des knappen Resultats: Beide Kandidaten akzeptieren das Ergebnis. Und der neugewählte Thomas Burkard ist einfach froh, dass die lange Zeit des Wahlkampfs vorbei ist. --chh
«Hauchdünn und knüppeldick»
Vizeammann-Wahl: Thomas Burkard lag genau eine Stimme vor Roland Vogt
Dass es eng werden könnte, das haben viele angenommen. Aber dass am Schluss eine einzige Stimme entscheidet, darauf hätte wohl niemand gewettet. 1917 Wohler wollten Thomas Burkard als Vizeammann, 1916 lieber Roland Vogt. «Meine Arbeit wird nicht weniger», ist sich der neue Vizeamme bewusst.
Chregi Hansen, Daniel Marti
Er strahlte über das ganze Gesicht. Thomas Burkard von den Grünen ist neuer Vizeammann von Wohlen. «Ich konnte es gar nicht glauben, als mir das Resultat telefonisch mitgeteilt wurde. Und ich habe mich versichert, dass mehrfach nachgezählt wurde», erzählt er. Und: Nach der Bekanntgabe des Resultats läutete das Telefon ununterbrochen. «Ich habe extrem viele Glückwunsche erhalten.»
53 leer, 16 ungültig
Nur eine Stimme Unterschied, das hat es in Wohlen vermutlich noch nie gegeben. «Da spielen auch Zufall und Glück mit», ist sich Burkard bewusst. Dies umso mehr, als einige keinen der beiden Kandidaten aufgeschrieben haben. Von den 3902 in Betracht fallenden Wahlzetteln waren 53 leer und 16 ungültig. «Heute wurde einem wieder bewusst, dass es wirklich auf jede Stimme ankommt», sagte denn auch Marianne Keusch, die Präsidentin der Grünen. Hitchcock hätte den Krimi nicht spannender gestalten können, fügte sie an. Sie ist stolz, dass ihre Partei nun den Vizeammann stellt. Und ist gleichzeitig überzeugt, dass Burkard die Wahl auch verdient hat.
«Das Resultat ist zwar hauchdünn, aber gleichzeitig auch knüppeldick», erklärte der Frischgewählte. Denn Wohlen erhalte damit eine rot-grüne Doppelspitze, auch wenn dies den bürgerlichen Parteien nicht gefalle. Und diese immer betonen, dass Wohlen doch bürgerlich sei. «Sie haben eins auf den Deckel gekriegt. Ich weiss aus vielen Gesprächen, dass mich auch viele bürgerlich gesinnte Personen gewählt haben.» Die Leute wählen eben Köpfe, nicht einfach Parteienvertreter. «Und mich kennt man in Wohlen.»
Natürlich sei ihm entgegengekommen, dass er mit seinen Projekten stark im Fokus stand, ist sich der neue Vizeammann bewusst. Andererseits war er dadurch auch extrem gefordert. Und weniger werde diese Arbeit in Zukunft sicher nicht. «Ich bin gespannt, was als Vize zusätzlich auf mich zukommt, und freue mich auf die Zusammenarbeit mit Arsène Perroud», so Burkard weiter. Gleichzeitig mahnte er die Parteikollegen, sich weiter aktiv einzusetzen. «Es braucht auch in Zukunft jede Stimme. Gerade auch, wenn es um das Klima geht», erklärte er zum Schluss.
Roland Vogt: «Das ist auch eine Bestätigung»
Um eine Stimme geschlagen. Eigentlich unvorstellbar. Roland Vogt war zuerst echt enttäuscht, wie er zugibt. Er konnte aber das Resultat sehr schnell einordnen. «Schade», sagte er dann im Verlauf des Wahlabends. «Ich nehme das sportlich und akzeptiere das Resultat, so wie es ist.» Denn auf den zweiten Blick dürfe er doch von einem guten Resultat sprechen. Erstens erzielte er mehr Stimmen als bei seiner Wahl zum Vizeammann vor vier Jahren. «Und zweitens haben mich 50 Prozent vom Stimmvolk unterstützt.» Das sei doch recht gut. «Darum gilt es nun, dem gewählten Thomas Burkard zu gratulieren.»
Wo die eine Stimme verloren gegangen ist, das ist natürlich nicht zu analysieren. Reiner Zufall. Ihm sei das Zeichen dieses Ergebnisses viel wichtiger. «Dieses Resultat ist doch auch eine Bestätigung, dass ich die Arbeit als Vize in den letzten vier Jahren nicht schlecht gemacht habe.»
Und ehrlich gesagt, habe es ja nicht so viel Arbeit gegeben als Vizeammann. Mit einem fast vollamtlichen Gemeindeammann sei das normal. Dass nun die Spitze des Gemeinderates durch ein links-grünes Duo gebildet wird, das sei jedoch kein optimales Zeichen nach aussen, so Vogt weiter. Das hat er schon im Wahlkampf gesagt, aber grossen Einfluss auf die politischen Geschäfte werde es deswegen nicht geben. «Aber», räumt er ein, «diese Konstellation ist nicht das politische Abbild von Wohlen.» Aber gegenwärtig sei die Grüne Welle im gesamten Kanton spürbar, dies habe seinem Konkurrenten sicherlich auch geholfen.
Ab nächstem Jahr im neuen Departement
Bis Ende Jahr ist Roland Vogt noch Vizeammann. Danach geht dieses Amt an Thomas Burkard. Vogt wird zudem noch das Departement wechseln. Sein bisheriges Ressort Sicherheit geht zum Finanzdepartement über. Er selber hat sich die Frage gestellt, welcher Weg für die Gemeinde Wohlen die bessere Lösung ist. Und er war auch bereit, aus der «eigenen Komfortzone zu treten». Die neue Gemeinderätin Denise Strasser habe ihre Kompetenzen bei den Finanzen. «Und darum soll sie dieses Departement übernehmen.» Roland Vogt will weiterhin «für die Gemeinde etwas bewegen». Sogar mehr als in den letzten vier Jahren. Darum sei der Wechsel ins neue Departement Bildung, Gesellschaft, Kultur für ihn der logische Schritt gewesen.