«Grosse Chance für Bremgarten»
23.11.2021 BremgartenDer Stadtrat präsentiert seine Pläne zur Zonenplanänderung «Obere Ebene» von Neuem
Was als Teilzonenplanänderung im vergangenen Jahr an der Einwohnergemeinde abgelehnt wurde, soll nun als Teil der Gesamtrevision der BNO doch noch durchkommen. ...
Der Stadtrat präsentiert seine Pläne zur Zonenplanänderung «Obere Ebene» von Neuem
Was als Teilzonenplanänderung im vergangenen Jahr an der Einwohnergemeinde abgelehnt wurde, soll nun als Teil der Gesamtrevision der BNO doch noch durchkommen. Der Stadtrat will mit Information und Transparenz vorhandene Zweifel an seinen Plänen ausräumen.
Marco Huwyler
Am 10. Dezember des vergangenen Jahres musste der Stadtrat eine empfindliche Niederlage verdauen. Mit 83 Ja-Stimmen gegenüber 50 Nein-Stimmen folgte die Mehrheit der anwesenden Stimmbürger einem Rückweisungsantrag von «Läbigs Bremgarte». Die Teilzonenänderung im 52 000 Quadratmeter grossen Industrieareal «Obere Ebene» war damit vom Tisch – vorerst.
Denn aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Als Teil der Gesamtrevision der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) kommt das Geschäft im nächsten Jahr erneut aufs Tapet. Damit man nicht ein zweites Mal Schiffbruch erleidet (was durch die Integration in die BNO noch weitaus grössere Auswirkungen hätte als damals), will der Stadtrat nun besser informieren, auf die Bedenken und Sorgen der Bevölkerung eingehen und diese, so weit es geht, berücksichtigen. Im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens liegen die Pläne noch bis am 7. Dezember öffentlich auf.
Am kommenden Montag findet zudem eine Informationsveranstaltung für die Einwohner Bremgartens statt. «Der fehlende Austausch im vergangenen Jahr war bestimmt mit ein Grund für die Rückweisung», analysiert Bau-Stadträtin Doris Stöckli. Aufgrund der damaligen Pandemie-Lage sei es leider nicht möglich gewesen, Informationsveranstaltungen durchzuführen. Das ist dieses Jahr anders. «Darüber sind wir froh. Denn im Vorfeld den Puls zu nehmen und festzustellen, wo der Schuh drückt, ist sehr wichtig vor solchen Geschäften.» Die Bevölkerung soll besser aufgeklärt werden, worum es überhaupt geht. Denn Unbekanntes schürt bekanntlich Ängste und führt oft reflexartig zu Ablehnung.
Eines von zwei Wachstumsgebieten
«Wichtig zu verstehen ist, dass mit der Umzonung des Areals noch nichts Konkretes entschieden wird», erklärt Raymond Tellenbach. «Damit werden nur die Voraussetzungen und der Nährboden dafür geschaffen, dass dort dereinst etwas entstehen kann.» Mit «etwas» meint der Stadtammann vor allem Wohnraum. Und zusätzlicher Wohnraum wird in Bremgarten über kurz oder lang benötigt werden. Im kantonalen Richtplan ist Bremgarten nämlich als Entwicklungsund Wohnschwerpunkt definiert.
Als Regierung eines solchen obliegt dem Stadtrat die Aufgabe, dem Kanton aufzuzeigen, wo er in den nächsten Jahren Wachstumspotenzial sieht. Denn Bremgarten wird bis 2030 gemäss der kommunalen Bevölkerungsprognose auf ungefähr 9300 Einwohner wachsen. 2040 könnte gar die 10 000er-Marke geknackt werden.
Damit trotz der dafür benötigten Wohnungen der Charakter der bestehenden Quartiere in Bremgarten und Hermetschwil-Staffeln bewahrt werden kann, hat man in den letzten Jahren zwei Wachstumszonen definiert (siehe Ausgabe vom 26. Oktober). Und neben dem Bahnhof ist dies eben das Gebiet in der Oberen Ebene. Die heute grösstenteils brachliegende Arbeitszone soll dafür zu einer Wohnzone werden, auf der Gewerbe und zusätzliche Einwohner koexistieren können. «Wir wollen an dieser tollen Lage mit Aussicht auf Bremgarten qualitativ hochstehenden Wohnraum für rund 500 Einwohner schaffen», erklärt Stefan Walder, Leiter der Abteilung Bau in Bremgarten. Damit könne das herrschende Bedürfnis nach urbanem Wohnraum für den Mittelstand optimal befriedigt werden. Dennoch werde die Wirtschaft keinesfalls vernachlässigt werden, im Gegenteil. «Wir rechnen sogar mit weitaus mehr Möglichkeiten für das lokale Gewerbe in diesem Gebiet als heute.»
Angriffspunkte entkräften
Die Befürchtung, dass dieses bei den Plänen der Stadt zu kurz kommen könnte, war im vergangenen Jahr eines der Argumente der Gegner der Umzonung gewesen. «Wir sehen dies aber vielmehr als grosse Chance für das Gewerbe Bremgartens», sagt Stadtammann Tellenbach. «Wir hoffen, zusätzliche Arbeitsplätze generieren zu können.» Als Mischzone würde die Obere Ebene nämlich auch für «stilles Gewerbe» wie Arztpraxen, Therapeuten, Ateliers, Gastronomie und Büros interessant werden. «Allerdings planen wir, wie gesagt, derzeit noch überhaupt nicht dermassen detailliert. Das wird erst viel später Thema. Und niemand kann sagen, was in 10 bis 15 Jahren sein wird.»
Auch mit den anderen drei Hauptzankäpfeln haben sich der Stadtrat und die dazu gehörenden Kommissionen in den vergangenen Monaten nochmals intensiv beschäftigt und hoffen, diese nun argumentativ entkräften zu können. So war beispielsweise das zusätzliche Verkehrsaufkommen in einem ohnehin schon belasteten Quartier bemängelt worden. Gemäss Planungsbericht ist bei der vorgesehenen Erschliessung jedoch eine ausreichende bis gute Verkehrsqualität gewährleistet. «Grosszügig geschätzt ist mit rund 190 zusätzlichen Fahrzeugen zu rechnen, die täglich in die Oberebenestrasse einbiegen. Zu absoluten Spitzenzeiten ergibt dies alle fünf Minuten acht Autoausfahrten», rechnet der Stadtammann vor. «Das müsste zu bewältigen sein.» Zudem seien je nach schlussendlichem Bedarf zusätzliche bauliche Massnahmen und die Anbindung an den öffentlichen Verkehr vorgesehen.
Auch was den zusätzlich benötigten Schulraum betrifft, sieht man bei der Stadt momentan kein akutes Handlungsproblem angesichts des Zeithorizontes bis zur Umsetzung. «Schulraum im Voraus zu bauen, macht keinen Sinn. Und entsprechende Projekte, um reagieren zu können, sind in der Pipeline», sagt Tellenbach. In der Grobplanung des neuen Quartiers in der Obere Ebene sei zudem ein Kindergarten angedacht.
Finanziell gute Lösung
Schliesslich war an der Gemeindeversammlung im vergangenen Jahr noch bemängelt worden, dass die Stadt zu wenig an der Wertsteigerung des Geländes als Wohn- statt Arbeitszone verdiene. Die sogenannte Mehrwertabgabe, welche die drei Grundstücksinhaber abzuliefern haben, wurde in den letzten Monaten nochmals nachverhandelt. «Die genauen Zahlen geben wir an der Informationsveranstaltung bekannt», verspricht Tellenbach. Und Walder ergänzt, dass man mit der Lösung Obere Ebene insgesamt sehr günstig fahre und wenige Ausgaben habe. «Wenn wir das Wachstum in den bestehenden Quartieren umsetzen müssten, würde es viel teurer und komplizierter, ohne dass wir damit grosse Einnahmen generieren würden.»
Der Stadtrat hofft, mit diesen Argumenten bei der Bevölkerung punkten zu können. Auch mit den kritischen Ortsparteien hat man das Gespräch schon gesucht. «Das war ein konstruktiver Austausch, der mir Hoffnung macht», berichtet Stöckli von ihren Treffen mit der lokalen Politik. «Wissen kann man es nie, aber wir hoffen sehr, dass wir den Grossteil überzeugen konnten, auch wenn sicherlich skeptische Stimmen bleiben», sagt die Bauvorsteherin.
«Verhindern ist immer einfacher, als konstruktive Lösungen zu suchen», ergänzt der Stadtammann. «Doch ich hoffe wirklich, dass wir die Chance nächstes Jahr packen. Gerade für die kommenden Generationen ist die Annahme der BNO-Revision wegweisend und eminent wichtig.» Dies bis im kommenden Oktober einer Mehrheit der Stimmbevölkerung zu vermitteln, wird in den nächsten Monaten eine der Hauptaufgaben des Stadtrates sein.
Orientierungsveranstaltung
«Obere Ebene»: 29. November, 19.00 Uhr, im Casino in Bremgarten.