Die Krux mit der Fledermaus
14.09.2021 BremgartenDie Operettenbühne muss auch die Saison 2022 absagen
Erneut macht die Pandemie-Situation den Veranstaltern der Bremgarter Operette einen Strich durch die Rechnung. Wegen der vielen Unwägbarkeiten kann «Die Fledermaus» auch im Frühjahr 2022 nicht ...
Die Operettenbühne muss auch die Saison 2022 absagen
Erneut macht die Pandemie-Situation den Veranstaltern der Bremgarter Operette einen Strich durch die Rechnung. Wegen der vielen Unwägbarkeiten kann «Die Fledermaus» auch im Frühjahr 2022 nicht aufgeführt werden.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer war da bis zuletzt. Ein kleiner verwegener Teil des Gehirns machte sich klammheimlich dafür stark. Soll man es doch wagen? Den Sprung ins Ungewisse. Einfach voller Optimismus daran glauben, dass es schon gut kommt? Verlockend ja, aber auch töricht. Und so siegte letztlich die Vernunft und zwang die Organisatoren der Bremgarter Operette schweren Herzens zu einem Schritt, der sich eigentlich schon seit Längerem abzeichnete. Nachdem «Die Fledermaus» von Johann Strauss schon 2021 verschoben werden musste, lassen die aktuell herrschenden Verhältnisse auch im kommenden Jahr keine Aufführungen zu. Die Operette 2022 wird abgesagt.
Lage zu unsicher
«Es wäre schlicht ein zu hohes Risiko gewesen», sagt die Präsidentin der Operettenbühne Myriam Rufer-Staubli mit einem Seufzer. Und Vorstandsmitglied Valentin Brunner ergänzt: «Und auch unverantwortlich gegenüber allen Beteiligten. Den Vereinsmitgliedern, dem Chor, den Solisten und nicht zuletzt auch dem Publikum.»
Theoretisch wäre es ja möglich gewesen, mit einem funktionierenden 3G-Konzept einen einigermassen sicheren Betrieb zu gewährleisten. Aber auch mit dieser Lösung hätte es gemäss den beiden Vorstandsmitgliedern zu viele Unbekannte gegeben. Was geschieht bei einem positiven Fall? Müssen ganze Aufführungen abgesagt werden? Wer muss alles in Quarantäne, wenn einige «nur» getestet sind? Vor allem auch die unsichere Entwicklung der Pandemielage sei das Problem, sagt Rufer-Staubli. Schliesslich werde es bald Winter, was wieder zu einer Verschlechterung der Lage führen könnte. Zudem sei es auch äusserst unsicher, ob das Publikum trotz der Coronalage und der Zertifikatsppicht zahlreich aufkreuzen würde.
«Und wenn der Bundesrat im Januar beschliesst, Veranstaltungen im Innern wieder zu beschränken oder zu verbieten, dann hätten wir ein gröberes Problem.» Schon verkaufte Tickets müssten rückerstattet werden, gebuchte Künstler ausgeladen und die monatelangen Vorbereitungen und Proben wären vergebens gewesen. All dies würde nicht nur einen riesigen logistischen Aufwand bedingen, sondern auch in einem grossen Verlust münden. «Unsere gesamten finanziellen Reserven, die wir uns über die Jahre hinweg aufgebaut haben, wären auf einen Schlag aufgebraucht.»
Warten auf die Fledermaus
Und so bleibt die Produktion von «Die Fledermaus» eine schwierige. Voller Vorfreude hatte der Vorstand vor nunmehr zwei Jahren mit der Organisation des Meisterwerks von Johann Strauss begonnen. Nun muss Bremgarten ein weiteres Jahr auf seine Interpretation des Glanzstückes warten. Die Durchführung dessen, was eigentlich ein Highlight sein sollte, wird mehr und mehr zur Zangengeburt. «Wir hatten uns wirklich so darauf gefreut», sagt Rufer-Staubli. «Doch Corona hat dieses Gefühl mittlerweile ziemlich gedämpft.» Statt sich mit Zuversicht und Spass seiner Leidenschaft widmen zu können, gelte die Aufmerksamkeit und die Arbeit des Vereinsvorstands seit zwei Jahren der Entwicklung von Zahlen und deren Interpretation.
Um den Zusammenhalt im Verein zu pflegen und doch auch wieder einmal etwas Vergnügliches und Gemeinschaftliches zu unternehmen, hat der Operettenverein vor wenigen Tagen einen Grillabend organisiert, wo auch der Puls der rund 150 Mitglieder gefühlt werden konnte. «Es war schön, wieder einmal die vielen bekannten Gesichter zu sehen», sagt Brunner. «Und die Rückmeldungen, die wir erhielten, haben uns darin bestärkt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.» Die meisten Anwesenden seien froh gewesen, dass man nicht sehenden Auges in ein mögliches Fiasko gerannt ist. «Einige Chormitglieder sagten sogar, dass sie unter diesen Voraussetzungen nicht mitgemacht hätten.» Die Begründungen dafür waren jedoch divergent. Den einen ist das Zertifikat nicht sicher genug und sie hätten für die Proben und Aufführungen eine Impfpflicht der Teilnehmenden verlangt – während andere schon die Zertifikatsppicht sehr kritisch sehen. «So ist das halt, wenn man ein so grosser, bunter Verein ist», sagt Rufer-Staubli lächelnd. «Ein weiterer Grund, weshalb die Verschiebung der Saison letztlich alternativlos war.»
Gala-Konzert als Amuse-Bouche
Um das kulturelle Vakuum nicht allzu gross werden zu lassen, hat der Vereinsvorstand wie schon letztes Jahr die Durchführung eines Gala-Konzertes im kommenden Frühling initiiert. Der genaue Zeitpunkt dafür steht noch aus, soll aber schon bald bekannt gegeben werden. An mindestens einem Wochenende, wahrscheinlich sogar an zweien, wird damit im Casino ein musikalischer Leckerbissen steigen, der Lust auf mehr machen soll.
Denn 2023 soll die Saison dann definitiv nicht mehr verschoben werden müssen. Dann steht nämlich das 100-Jahr-Jubiläum der Operettentradition in Bremgarten an. Und dieses darf Corona nicht verderben. «Auf keinen Fall», sagt Rufer-Staubli mit Nachdruck. «Dieses Highlight haben wir uns redlich verdient. Wir als Verein und Bremgarten als Kulturstadt. Das wird ein richtiger Knaller.» Im dritten Anlauf erhält die Fledermaus also eine ganz grosse Bühne. Vielleicht hat sie das ja gebraucht, um ihrem Ruf als Königin der Operette gerecht zu werden und sich in ihrer vollen Pracht zu entfalten. Nicht umsonst heisst es schliesslich: Was lange währt, wird endlich gut. --huy