Zurück und gleich wieder weg
23.07.2021 WohlenSerie «Hinter den Kulissen des Monti»: Flurina Schnyder, Kostümpflegerin
Der Name ist Programm. Flurina Schnyder ist gelernte Schneiderin. Und eine der vielen Neuen im diesjährigen Monti-Team. «Im Moment bin ich manchmal noch etwas planlos», ...
Serie «Hinter den Kulissen des Monti»: Flurina Schnyder, Kostümpflegerin
Der Name ist Programm. Flurina Schnyder ist gelernte Schneiderin. Und eine der vielen Neuen im diesjährigen Monti-Team. «Im Moment bin ich manchmal noch etwas planlos», lacht sie. Umso mehr freut sie sich, wenn es endlich richtig losgeht.
Chregi Hansen
Es hat haarscharf gereicht. Genau an dem Tag, als die neuen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor dem Start zur Tour zum Infoanlass eingeladen waren, landete die Zürcherin mit dem Flugzeug von Kanada in Kloten. «Ich bin quasi vom Flughafen direkt zur Orientierung gekommen», lacht Flurina Schnyder.
Und nun also ist sie tatsächlich in Wohlen und gehört zum Monti-Team. Erst wenige drei Tage ist sie hier. «Für mich ist alles noch neu. Ich kannte niemanden. Aber bisher habe ich nur gute Erfahrungen gemacht. Man wird sofort aufgenommen von den anderen», erzählt sie. Worauf sie sich eingelassen hat, weiss sie noch nicht genau. «Ich habe einfach mal drei grosse Kisten gepackt. Zum Glück sind die Abteile in den Viererwagen gut ausgebaut, sie haben unter dem Bett Platz.» Noch sei das Schlafen auf so engen Raum ungewohnt. «Man hat das Gefühl, der ganze Wagen wackle, wenn man sich im Bett umdreht.»
Damit die Artisten immer gut gekleidet sind
Viel Zeit in der Koje wird sie aber vermutlich nicht verbringen. Die 23-Jährige ist für die Kostümpflege zuständig. Heisst: Sie wird sich um die Kleider der Artisten kümmern, sie waschen und bügeln, allfällige Risse flicken. Und steht dabei unter Druck – schliesslich liegen manchmal nur wenige Stunden zwischen den Vorstellungen. Daneben kümmert sie sich um weitere Nähaufträge, Vorhänge etwa, Tischtücher oder Schutzhüllen. Dazu steht ihr in einem Wagen ein kleines Nähatelier zur Ver fügung. Zudem gibt es zwei Waschmaschinen und einen Tumbler. Ganz genau weiss sie noch nicht, was alles auf sie zukommt. «Ich lasse das alles auf mich zukommen.»
Viel Zeit, sich von ihren Freunden zu verabschieden, blieb ihr nicht. Vor dem Engagement beim Monti half sie ein Jahr lang in einem Sozialprojekt in ihrer alten Heimat Kanada mit, in einer Institution mit erwachsenen Behinderten. «Ich wollte ursprünglich in der Saison 2020 mitfahren. Da diese abgesagt wurde, habe ich eben ein Zwischenjahr eingelegt. Jetzt bin ich sozusagen zurückgekommen und gleich wieder weg», lacht sie. Sie hofft aber, dass sie ihre Freunde später auf der Tour besuchen. «Die meisten freuen sich für mich, dass ich mir diesen Traum erfüllen kann», sagt sie.
Die Schweiz kennenlernen
Schnyder hat ihre ersten Lebensjahre in Kanada verbracht, lebt heute aber im Kanton Zürich. Der Akzent verrät sie noch immer. Nach der Schule hat sie eine Lehre als Schneiderin absolviert. Das Interesse dafür hat sie von ihrer Grossmutter geerbt, die Handarbeitslehrerin war. Nach der Lehre machte Schnyder eine Weiterbildung als Theaterschneiderin. «Ich liebe es, Neues auszuprobieren. Der Zirkus ist nah beim Theater und doch wieder ein anderes Metier», erklärt sie. Sie sieht das Engagement als ein einziges grosses Abenteuer. «Ich bin sehr schlecht im Planen von Reisen. Jetzt kann ich dank dem Monti durch die ganze Schweiz reisen und viele neue Orte kennenlernen», schaut sie voraus.
Sich plötzlich ganz viele Namen merken müssen
Sie freut sich über das Engagement. Und erinnert sich noch gut an das Bewerbungsgespräch. «Es ist den Verantwortlichen wichtig, dass jeder und jede weiss, worauf sie sich einlässt. Sie haben fast mehr von sich gesprochen als Fragen gestellt.» Der Einstieg war trotzdem alles andere als einfach. Bevor der Circus Monti auf Tour geht, gibt es wenig zu tun in Sachen Kostüme. Flurina Schnyder wird darum an vielen anderen Orten eingesetzt. «Ich durfte beim Aufbau der Zuschauerreihen helfen. Aber ich glaube, ich muss mir die dafür notwendigen Muskeln erst noch antrainieren», lacht sie. Noch weiss sie nicht immer, was sie machen muss, ist sie noch etwas planlos. «Es ist schon komisch, wenn alle um einen herumwuseln. Aber das wird sicher bald besser», sagt sie. Das grösste Problem sei das Lernen der vielen Namen. Zumindest die Artisten aber wird sie bald kennen. Ihre nächste grössere Arbeit ist das «Nämelen» der Kostüme.
Jeden Tag ein feines Essen
Sie freut sich, wenn sie möglichst viel Neues lernen kann. «Vor allem das Fahren mit einem Anhänger, das kann man später immer brauchen», lacht sie. Und sie hat auch nichts dagegen, in allen anderen Bereichen eingesetzt zu werden. Nur vor dem Helfen in der Küche graut ihr. «Ich bin eine sehr schlechte Köchin. Umso mehr geniesse ich es, dass hier im Zirkus jeden Tag für mich gekocht wird», so Schnyder. Und sie freut sich, wenn dann endlich das Publikum in das Zelt strömt.
«Ich war als Kind ab und zu im Monti. Und für mich war immer klar: Wenn ich mal zum Zirkus gehe, dann hier. Mir gefällt es, dass es einen roten Faden gibt im Programm.» Noch weiss sie nicht, was gezeigt wird. Wegen Corona sind die Kontakte zwischen den Artisten und dem übrigen Personal etwas eingeschränkt. Es werde in den kommenden Monaten sicher genug Möglichkeiten geben, eine Vorführung zu besuchen, ist die Zürcherin überzeugt. Bis es losgeht, geniesst sie das Leben auf dem Platz. «Manchmal komme ich mir vor wie in einem grossen Klassenlager. Aber bisher passt es für mich», sagt sie.
In der Serie «Hinter den Kulissen des Monti» stellen wir bis zur Premiere am 6. August in jeder Ausgabe einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin des Teams vor. Der Fokus liegt auf Personen, die sonst nicht im Scheinwerferlicht stehen.