Traum verwirklicht
08.06.2021 WohlenDer Wohler Sandro Piffaretti erfüllt sich einen Traum in Frankreich
Seit 20 Jahren ist Sandro Piffaretti eng verbunden mit Frankreich. Vor wenigen Jahren ist er ausgewandert. Im Südwesten des Landes baut er nun eine Sprachschule auf, die mit starken Ideen ...
Der Wohler Sandro Piffaretti erfüllt sich einen Traum in Frankreich
Seit 20 Jahren ist Sandro Piffaretti eng verbunden mit Frankreich. Vor wenigen Jahren ist er ausgewandert. Im Südwesten des Landes baut er nun eine Sprachschule auf, die mit starken Ideen überzeugt.
Stefan Sprenger
«On ne fait pas les affaires en courant.» Zu Deutsch: Gut Ding will Weile haben. Bei Sandro Piffaretti trifft dieses französische Sprichwort bestens zu. Vor 20 Jahren reiste er wegen des Surfens in die Region um Hossegor in Frankreich. Er ist damals hängengeblieben an diesem Surf-Hotspot. Die warmen Monate verbrachte er jeweils in Frankreich, er gründete mit zwei Kumpels aus Wohlen ein Gästehaus für Surfer. Viele Freunde und Bekannte aus dem Freiamt waren dort zu Besuch. Im Winter kam er jeweils zurück in die Schweiz. Vor drei Jahren hat er seine Zelte in Wohlen definitiv abgebrochen. Sein Leben hat sich gewandelt.
In Frankreich hat er Freundin und Tochter. Und nach dem Surfgästehäus ein neues, grösseres Projekt. Sandro Piffaretti, von allen «Piff» genannt, hat die Vision einer innovativen Französisch-Sprachschule.
Das Wohlfühlen ist wichtiger als der Job
Nebst dem Grundkurs Französisch hat man als Schüler viele Möglichkeit, die Sprache zu vertiefen. «Am besten lernt man Französisch, wenn man viel mit Einheimischen kommuniziert», erklärt Piffaretti den einfachsten Weg. Mit seinem neuen Projekt erfüllt sich der Auswanderer aus Wohlen auf jeden Fall einen Traum. Und geniesst ein Stück weit ein traumhaftes Leben. Denn wie sagt der Freiämter so treffend: «Träume nicht dein Leben. Lebe deinen Traum.» Und vor allem in Frankreich kann er dieses Lesbensmotto sehr gut umsetzen. Das Wohlfühlen sei in Frankreich halt wichtiger als viel anderes.
Die Sprache der Liebe
Der Wohler Sandro Piffaretti gründet in Frankreich eine Sprachschule
Vor 20 Jahren spült ihn das Leben an Frankreichs Atlantikküste. Sandro Piffaretti gründete eine Surfschule, fand seine grosse Liebe und wurde Vater. Vor zwei Jahren ist er definitiv ausgewandert und hat sich nun einen weiteren grossen Traum erfüllt.
Stefan Sprenger
Pinienwälder. Das Rauschen des Atlantiks, eine weite Landschaft. Hier lebt Sandro Piffaretti. Er hat vor drei Jahren seine Heimat Wohlen verlassen und zügelte endgültig nach Seignosse, einem Dorf mit rund 4000 Einwohnern im Südwesten Frankreichs. Wenn er von seiner neuen Heimat erzählt, dann kommt der 42-Jährige ins Schwärmen. «Die Region hat gigantisch viel zu bieten», sagt er. Der Armagnac, der grosse Bruder vom Cognac, hat hier seinen Ursprung. Und es soll den besten Schafskäse des Landes in dieser Region geben. Innerhalb einer Stunde ist man in den Pyrenäen oder im spanischen Baskenland. «Kulturell und kulinarisch Weltklasse», meint Piffaretti.
Als er 2001 zum ersten Mal in die Region reist, tut er das aber nicht wegen dem würzigen Schnaps oder dem herben Hartkäse. Sandro Piffaretti will surfen. Die Region rund um Hossegor gilt als grösstes Surfmekka von Europa. Er verbringt viel Zeit an diesem magischen Surfort. Wenige Jahre später, 2006, gründet er zusammen mit zwei Kumpels aus Wohlen das Surfgästehaus namens «Element called Water». Er macht seine Leidenschaft zum Job. In den warmen Monaten lebt und arbeitet er in Frankreich, im Winter zieht es ihn zurück ins Elternhaus an die Pilatusstrasse in Wohlen. Ein Lebensstil, den er sich bewusst ausgesucht hat und den er als «absoluten Traum» bezeichnet.
«Gekommen wegen dem Surfen, geblieben wegen der Liebe»
Das Surfgästehaus funktioniert und wird ein Erfolg. 2020 verkauft er aber seine Anteile an der Firma und er wandert definitiv nach Frankreich aus. Sein Leben hat mittlerweile grosse Veränderungen erlebt. «Gekommen bin ich wegen dem Surfen. Geblieben bin ich wegen der Liebe», sagt er. Piffarettis Freundin, eine Französin aus Versailles, wird schwanger. Tochter Lina kam vor zwei Jahren zur Welt. Und der Freiämter hat eine neue Idee, wie er sich seinen Lebensunterhalt verdienen will und wie sich die Arbeit nicht wie Arbeit anfühlen soll.
Dieser Lifestyle ist das, was ihm an Frankreich besonders gefällt. «Savoir-vivre» nennt er das. Dieser französische Begriff bedeutet wörtlich übersetzt: «verstehen, zu leben.» Piffaretti erklärt: «Ich lebe nicht, um zu arbeiten, sondern ich arbeite, um zu leben.» In anderen Ländern wird man oft über seinen Job definiert und die Arbeit hat einen hohen Stellenwert. «In Frankreich bist du entweder ein guter Typ oder eben nicht. Egal, was du für eine Arbeit machst. Das Wohlfühlen ist wichtiger, als im Job zu funktionieren», sagt der lebensfrohe Mann, der sehr gerne arbeitet, sich aber nicht gerne in ein Schema drücken lässt.
Klassenzimmer im Garten
Und Piffaretti fühlt sich am wohlsten, wenn er sich Träume erfüllt. Nach dem Surfprojekt hat er nun eine neue Idee: eine französische Sprachschule mit Unterkunft. In seinem Zuhause in Seignosse besitzt er ein Haus mit 1500Quadratmetern Land. In diesem riesigen Garten steht seit wenigen Monaten das Hauptquartier seiner Sprachschule. Piffaretti hat die Coronapandemie genutzt und selbst ein Holzhaus gebaut. Dort hat es mehrere Zimmer für die Gäste und ein Klassenzimmer.
Wie schon beim Surfgästehaus ist auch dieses Projekt sehr durchdacht. Piffaretti hat ein klares Konzept. Unabhängige Lehrer unterrichten die französische Sprache. Und dies nicht nur im Klassenzimmer, sondern auch draussen. Man geht raus, besucht kulturelle Anlässe, mischt sich unters Volk, interagiert mit den Einheimischen. «Die französische Sprache ist sehr lebendig. Indem man mit den Menschen von hier kommuniziert, lernt man viel besser Französisch.» Er selbst weiss das aus eigener Erfahrung am besten. Während die meisten Sprachschulen in den Grossstädten zu Hause sind, trumpft Piffaretti mit anderen Werten auf. Auf der Homepage (www.languageschoolhossegor.com) hat er fünf Gründe aufgeführt, wieso man seinen Sprachaufenthalt im kleinen Surfstädtchen anstatt in Paris machen soll. 1. Es gibt die Möglichkeit, zu surfen. 2. Es hat einen Strand. 3. Die Region hat viel zu bieten. 4. Man kann hervorragend shoppen, weil es in der Region viele Outlets gibt. 5. Die französische Küche ist hervorragend.
Es gibt ein Angebot für Schüler (15 bis 18 Jahre) und für Erwachsene. Man bucht den Grundkurs in Franzö- sisch und hat zudem noch weitere Buchungsoptionen. Privatunterricht, Aktivitäten, DELF-Prüfungsvorbereitung oder Surfen. «Es soll ein individuelles Erlebnis sein», so Sandro Piffaretti.
Coronabedingt hat er einige Auflagen zu erfüllen. Im Juli wird eröffnet, dann sollen die ersten Sprachschüler kommen. Im Oktober ist Saisonende – bis zum nächsten Frühling. Mit dieser farbenfrohen Sprachschule hat er sich jedenfalls wieder einen Traum erfüllt. «Träume nicht dein Leben. Lebe deinen Traum», meint er und muss dabei laut lachen.
Und auch wenn er ausgewandert ist, wird er Wohlen nie ganz verlassen. «Meine Freunde und meine Familie sind hier», sagt Sandro Piffaretti. Und auch wenn es hier weder würzigen Armagnac noch feinen Schafskäse gibt, ist und bleibt es seine «Patrie» – seine Heimat.