Innehalten und genau hinschauen
29.06.2021 WohlenVernissage zur Ausstellung von Mo Richner im Schlössli
Es sind sehr filigrane Arbeiten, welche die Künstlerin zeigt. Ihre Radierungen, Zeichnungen und Drucke laden ein, immer neue Details zu entdecken. Es lohnt sich, ihren Linien zu folgen, um ans Ziel zu ...
Vernissage zur Ausstellung von Mo Richner im Schlössli
Es sind sehr filigrane Arbeiten, welche die Künstlerin zeigt. Ihre Radierungen, Zeichnungen und Drucke laden ein, immer neue Details zu entdecken. Es lohnt sich, ihren Linien zu folgen, um ans Ziel zu gelangen. Aber auch abseits des Weges gibt es ganz viel Spannendes.
Chregi Hansen
Auf den allerersten Blick gleichen sich viele der kleinformatigen Werke. Das ist kein Wunder. Oft verwendet Mo Richner für ihre Radierungen die gleichen Platten mehrfach. Ritzt neue Linien hinein, lässt andere verschwinden. Wandelt so ihre Sujets immer wieder ab. Und lässt den Betrachter an der Entwicklung der Serie teilhaben.
Linien sind das prägende Element in Mo Richners Arbeiten. Man findet sie überall. «Nur wer auf der Linie geht, kommt ins Ziel», sagt denn auch Kunsthistorikerin Sabine Arlitt in ihrer Laudatio. «Doch es lohnt sich, auch die Zwischenräume zu erforschen», fügt sie an. Die Linien dokumentieren nicht zuletzt den Aufwand, den die Birrwiler Künstlerin betreibt. Denn bei den Radierungen müssen diese in die Druckplatte gekratzt werden – je nach Tiefe erhalten die Linien eine andere Stärke. Das ist eine sehr Qligrane und gleichzeitig anstrengende Technik – mit ein Grund, dass sich Richner auf eher kleinformatige Bilder beschränkt, wie sie lachend gesteht. «Aber es ist auch eine Platzfrage, mein Atelier ist eher klein», fügt sie an.
Ritzen und Schichten
Daneben probiert sie aber auch immer wieder andere Drucktechniken aus. Oder verwendet für ihre Werke alte Papiere und Dokumente, deren Schriften dann durchschimmern. «Alte Handschriften auf dünnem Papier passen wunderbar zu ihren Radierungen», sagt denn auch Arlitt.
In Lenzburg aufgewachsen, lebte Mo Richner viele Jahre in Dottikon, bevor sie nach Birrwil zog. Hier am Hallwilersee findet sie bei ihren täglichen Spaziergängen die Inspiration für ihre Arbeiten. «Sie geht mit offenen Augen durch die Welt, saugt alle Eindrücke auf wie ein Schwamm», weiss die Kunsthistorikerin. Seit 30 Jahren beschäftigt sich Richner mit Radierungen und Siebdruck, ist aber auch als Dichterin und Illustratorin tätig. «Sie dichtet mit Worten und verdichtet mit Linien», bringt es Arlitt auf den Punkt. Durch den Prozess des Ritzens, Schichtens, Klebens, Druckens und Collagierens entsteht bei ihr aus altem Papier neue Kunst.
Die Aargauer Künstlerin hat sich sehr auf die Ausstellung in Wohlen gefreut. Sie hat in den 90er-Jahren in der Produktion «WälleWächsel» des Theaters Begorra mitgewirkt und hat noch immer gute Verbindungen ins Freiamt. Es war auch ihr ausdrücklicher Wunsch, im Schlössli auszustellen, obwohl das älteste Gebäude des Dorfes für solche Anlässe nicht gerade optimal ist, wie Hans Furter, der Präsident der Kunstkommission, in seiner Begrüssung gesteht. «Diese Räume richtig zu bespielen, das ist eine grosse Herausforderung. Mo Richner aber hatte eine klare Vorstellung und hat ihre Idee perfekt umgesetzt», lobte Furter. Und dass beispielsweise die Wände im alten Haus nicht ganz gerade sind, hat auch Vorteile. Die transparenten Drucke wirken an ihnen je nach Standort immer wieder anders.
Bilder auf sich wirken lassen
Auf zusätzliche Stellwände hat die Künstlerin bewusst verzichtet, diese würden der Atmosphäre des Gebäudes zuwiderlaufen. Den Grossteil ihrer meist kleinformatigen Arbeiten hat sie auf Tischen aufgereiht. Wie Richner bei ihrer Arbeit, so bückt sich der Betrachter über das Bild. «Man muss die Bilder lange auf sich wirken lassen, dann entdeckt man immer wieder neue Feinheiten», so der Ratschlag von Furter. Und ähnlich sieht es Kunsthistorikerin Sabine Arlitt. Innehalten. Schauen. Und nochmals schauen: So müsse man den Arbeiten der vielseitigen Künstlerin begegnen.
Mo Richner selber strahlt an diesem Abend. «Ich habe mir diese Ausstellung im Vorfeld im Kopf vorgestellt. Jetzt das Resultat in der Realität zu sehen, das macht mich enorm glücklich», sagte sie an der von Markus Kühne musikalisch umrahmten Vernissage. Zu sehen sind die Werke noch bis zum 18. Juli. Die Künstlerin selber wird jeweils an den Wochenenden vor Ort sein. Und hofft, möglichst viele Kulturinteressierte persönlich begrüssen zu dürfen.
Ausstellung Mo Richner: «Im Kopf. Im Herzen. Im Bauch.» Ort: Schlössli. Dauer: 25. Juni bis 18. Juli. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag: 17 bis 19 Uhr. Sonntag: 11 bis 15 Uhr.