Treue fast für die Ewigkeit
22.01.2021 WohlenHanspeter Leimgruber, Ex-NAB-Regionenleiter
Eine solche Firmentreue ist eine grosse Seltenheit. Im Mai 1977 betrat Hanspeter Leimgruber die Neue Aargauer Bank. Ende Dezember ging er nun als Regionenleiter der NAB in die sehr wohl verdiente Frühpension. Knapp 44 Jahre lang ...
Hanspeter Leimgruber, Ex-NAB-Regionenleiter
Eine solche Firmentreue ist eine grosse Seltenheit. Im Mai 1977 betrat Hanspeter Leimgruber die Neue Aargauer Bank. Ende Dezember ging er nun als Regionenleiter der NAB in die sehr wohl verdiente Frühpension. Knapp 44 Jahre lang stand der Banker in den Diensten des gleichen Unternehmens. «Die NAB hat mir viel gegeben», sagt er rückblickend. Und das Bankenhaus, das inzwischen in die Credit Suisse integriert wurde, war unter seiner Führung im Freiamt stets sehr erfolgreich. --dm
«Man muss sich Vertrauen verdienen»
Hanspeter Leimgruber stand 44 Jahre im Dienste der NAB – nun ist der ehemalige Regionenleiter in der Frühpension
Ein ganzes Berufsleben für einen Arbeitgeber. 44 Jahre NAB. Immer Banker. Bis hin zum Regionenleiter Freiamt. Hanspeter Leimgruber hat der Neuen Aargauer Bank sehr viel gegeben. Und auch viel bekommen. Nun verabschiedete er sich in aller Stille. Aber auch mit Demut und Dankbarkeit.
Daniel Marti
«Eigentlich», sagt er ganz locker, sei er gar kein typischer Banker. Wie bitte? Immerhin arbeitete Hanspeter Leimgruber 44 Jahre lang für die Neue Aargauer Bank. Und war in den letzten 16 Jahren als Regionenleiter der Chef aller NABler im Freiamt. Die Geschäftsstelle in Wohlen war praktisch seine zweite Heimat, sein Wohnzimmer. Von dort aus prägte er eine wichtige Epoche der Bank. Bis an deren Ende, die NAB läuft seit vergangenem Dezember unter dem Dach der Credit Suisse weiter.
Am persönlichen Werdegang hat diese Einverleibung nichts mehr geändert. Der Abschied, seine Frühpensionierung war bereits fix eingeplant. «Der Dezember war nur noch eine Übergangsphase», erklärt er. Dann liess er ein ganzes Berufsleben hinter sich. Und somit auch eine imponierende Karriere, die versehen ist mit Firmentreue und Wertschätzung.
Am letzten Arbeitstag wollte er gar nicht mehr in Wohlen vor Ort sein. Runterfahren, das war bereits geschehen. Dann wollten zwei ehemalige Weggefährten trotzdem unbedingt vorbeischauen und Tschüss sagen. Hans Hübscher und Pitsch Isler. «Es war ein schöner Besuch und wir redeten über alte Zeiten», verrät Leimgruber.
Der erste und der letzte Tag mit Parallelen
Hans Hübscher, der Wohler Alt-Einwohnerratspräsident, stand auch an der Seite von Hanspeter Leimgruber, als dieser am 1. Mai 1977 erstmals die Aargauische Hypotheken- und Handelsbank (AHH) betrat. «Hans Hübscher war damals Chef der Hypothekargeschäfte.» Und auch Leimgrubers Chef. Wie sich doch Kreise schliessen können.
«Voller Vorfreude» trat er damals seine neue Stelle an bei der AHH. Im Jahr 1989 fusionierten die AHH und die Allgemeine Aargauer Ersparniskasse (AAE) zur NAB. Eintritt im Mai 1977, Pensionierung im Dezember 2020. Und was war dazwischen? «44 spannende Jahre beim gleichen Arbeitgeber», sagt Leimgruber. «Mein Job hat sich natürlich laufend verändert.» In den 70ern gab es noch keinen PC, «die Sparhefte wurden von Hand nachgetragen. Wer eine Schreibmaschine mit Korrekturband hatte, durfte sich von schreiben.» Und ein Hypothekar-Antrag umfasste damals ein A4-Blatt. Heute ist es ein Vielfaches mehr. Die Veränderungen sind riesig, das Bankengeschäft ist mittlerweile voller Komplexität. «Ich habe hier als unerfahrener Mann angefangen, und inzwischen habe ich der NAB viel zu verdanken, diese Bank hat mich gefordert und gefördert. Für mich hat es immer gestimmt.»
Dass er gleich ein ganzes Berufsleben bleibt, das hingegen hätte er sich nie erträumt. «Das hat wohl mit meiner Art zu tun», erklärt er seine Treue. Er habe stets langfristig gedacht. Schon in jungen Jahren. «Man muss zuerst säen, hegen und pflegen, erst dann kann man ernten.» Dies gilt für ihn und passt zu seiner persönlichen Haltung im Bankengeschäft. Damit ist er immer gut gefahren. Weil er vor allem den langfristigen Erfolg gesucht hat, stärkte er stets die Basis. «Man muss sich Vertrauen verdienen», betont er. Dies gilt gemäss Leimgruber für die eigenen Leute und für die Kundschaft.
Zwei grosse Krisen gemeistert
Die Art und Weise, wie Hanspeter Leimgruber mit den Menschen umgeht, hat ihm Nachhaltigkeit garantiert und ihn auch auf die Erfolgsstrasse geführt. Aber den Erfolg, typisch Leimgruber, pachtet er nicht für sich selber. Seine Förderer seien wichtig gewesen: Der ehemalige Regionenleiter und Direktor René Saxer und sein erster Chef Max Schmidli sind gemeint. Im Notariatsbüro Schmidli & Hofstetter absolvierte Hanspeter Leimgruber seine Lehre. Max Schmidli war es, der ihm den Ratschlag gab, ins Bankenwesen zu wechseln. «Er lag mit seinen Menschenkenntnissen richtig.»
Über die lange Zeitspanne von viereinhalb Jahrzehnten hat sich viel verändert – nicht nur die Zinsnachführung, die vor 44 Jahren noch von Hand gemacht wurde. Hanspeter Leimgruber machte alle Veränderungen, Verbesserungen, Systemwechsel mit. Und erlebte auch zwei grosse Krisen: die Immobilienkrise in den 90ern, die Lehman-Brothers-Krise im Jahr 2008. Die Immobilienkrise brachte viele Konkurse von Unternehmungen und Privatpersonen, die Immobilien verloren teilweise 40 Prozent an Wert.
Auch die NAB musste grosse Wertberichtigungen vornehmen und verlor deshalb im Jahr 1995 ihre Eigenständigkeit an die Credit Suisse. «Wir sind auch in schlechten Zeiten zu unseren Kunden gestanden», sagt Leimgruber, «wir haben in Krisenzeiten mit allen das Gespräch gesucht und immer versucht, Lösungen zu finden.» Daraus habe sich Nachhaltigkeit entwickelt. Unter seiner Führung gab es deshalb viele langjährige Mitarbeitende.
Der Brückenbauer, der Investoren suchte
Ihm persönlich ging es nie ums grosse Geld. «Reiche Leute sind nicht glücklicher», pflegt er jeweils zu sagen. Viel eher hofft Leimgruber, dass Menschen, denen es finanziell gut geht, etwas mehr der Allgemeinheit zurückgeben. Wer etwas mehr Steuern zahlen müsse, dem gehe es doch gut, sagt er. Eben, Hanspeter Leimgruber ist nicht der typische Banker. «Anspruchsvolle Finanzierungen haben mich immer gereizt. Menschen, die eine gute Geschäftsidee haben, verdienen doch Unterstützung.» Manchmal sei er fast lieber Unternehmer gewesen als Banker. Zudem hat ihn die gute Menschenkenntnis immer begleitet. «Mit ehrlichen Geschäftsleuten verliert man kein Geld.»
Die ideale Berufsbezeichnung gibt es für Hanspeter Leimgruber eben nicht. Brückenbauer ist wohl treffend. «Ja», nickt er, das könnte passen. Gerne sogar. Und stand mal ein junger Unternehmer vor ihm, der eine gute Geschäftsidee hatte, aber zu wenig Geld, dann kam der Regionenleiter der NAB ins Spiel. Als Brückenbauer. «Für spannende Dossiers» habe er immer gerne Investoren gesucht. Mit Erfolg. «Viele davon sind heute bedeutende Freiämter Unternehmungen», betont der Familienvater aus Sarmenstorf. Weil er auch Wert legte auf charakterliche und fachliche Eigenschaften der Unternehmer und Kunden, war die NAB im Freiamt mit ihren Filialen stets erfolgreich unterwegs. Die viel gepriesene Kundennähe wurde vorgelebt.
Eine gesunde Bank weitergegeben
Genau diese Kundennähe sorgte dann im vergangenen Sommer für Emotionen, als die Credit Suisse bekannt gab, dass die NAB vollständig ins Mutterhaus integriert wird. Viele waren überrascht – für Hanspeter Leimgruber war dieser Entscheid nicht erstaunlich. Sondern nur eine Frage der Zeit. Er habe es sachlich zur Kenntnis genommen, dass «ein Stück Geschichte beendet wird». Als dann draussen am Gebäude das NAB-Logo mit jenem der CS ausgewechselt wurde, kam schon ein wenig Wehmut auf. Aber Leimgruber will das Positive betonen. Die CS-Spitze habe die NAB als Juwel bezeichnet, «und diese Erfolgsgeschichte durfte ich 44 Jahre lang mitgestalten. Die NAB hat hervorragend gearbeitet, und diese sehr gesunde Bank wurde nun weitergegeben.» Da dürfe man auch dankbar sein. Und letztlich wurden drei Freiämter NAB-Filialen ins CS-Netz aufgenommen. «Das ist ein positiver Entscheid. Und das zeigt, dass wir hier im Freiamt erfolgreich unterwegs gewesen sind.»
Im Kanton Aargau gibt es zurzeit einen grossen Umbruch. Es gibt Banken, die neue Filialen eröffnen, und andere, die ihr Filialnetz reduzieren. So auch in Wohlen. «Es ist spannend zu beobachten, welche Strategien sich durchsetzen werden», sagt er. Der Mister NAB wird dies ganz ohne Druck beobachten.
Freude, Stolz, Demut
Der ehemalige Regionenleiter hofft natürlich, dass seine Philosophie im ehemaligen Freiämter NAB-Hauptsitz weitergelebt wird. Die vier M haben ihn stets begleitet. Man muss Menschen mögen. Er habe den Mitarbeitern immer viel Vertrauen geschenkt, sie sogar geschützt, wenn Fehler begangen wurden. Mut machen, unterstützen, starkmachen. Das hat er sich immer zum Ziel gesetzt. Und ja, in den letzten Jahren war er auch wie ein Vater zu den Mitarbeitenden.
Er hat der NAB tatsächlich viel gegeben – und viel erhalten. «Die NAB hat mir immer die Chance gegeben, den Job zu machen, den ich mag, bis hin zum Regionenleiter.» Er habe das alles stets mit guten Ergebnissen zurückbezahlt. Hanspeter Leimgruber hat 44 Jahre lang Verantwortung mitgetragen. Und er sei immer bereit gewesen, die Extrameile zu gehen. Deshalb könne er nach einer langen NAB-Karriere mit «Freude, Stolz und Demut» auf die Laufbahn zurückblicken. Mit Freude, weil er die Zufriedenheit von Mitarbeitenden und Kunden spürt. Mit Stolz auf das Erreichte. Demut, «weil ich das Glück hatte, dass alles gut verlaufen ist. Das ist überhaupt nicht selbstverständlich.»
Und nun, was kommt im Ruhestand? Hanspeter Leimgruber, der sich nicht als typischen Banker sieht, der jedoch die Faszination dieses Berufs unheimlich schätzt, hat bereits losgelassen vom verantwortungsvollen und stressigen Job. Er will sich bewusst Zeit nehmen für seine Hobbys. Familie, Freunde, Grosskinder, Garten, Bücher und Reisen, wenn es dann wieder geht. «Ich will keine volle Agenda mehr», sagt er, der vieles einfach auf sich zukommen lassen will.
Eines weiss er schon heute. Man muss Menschen mögen, dieser Leitsatz wird sein ewiger Begleiter sein. «Der Faktor Mensch wird weiterhin entscheidend sein für den Erfolg eines Unternehmens», betont er mit einem Hinweis auf den Job des Regionenleiters. «Das Potenzial liegt in der Zukunft und nicht in der Vergangenheit.»



