Offene Art gegenüber Menschen
29.01.2021 WohlenAndreas Zünd wurde im Herbst 1985 in den Einwohnerrat gewählt – ein Blick zurück
Die Sporen in der Politik hat sich Andreas Zünd im Wohler Einwohnerrat abverdient. Als 28-Jähriger wurde er für die SP Wohlen ins Dorfparlament ...
Andreas Zünd wurde im Herbst 1985 in den Einwohnerrat gewählt – ein Blick zurück
Die Sporen in der Politik hat sich Andreas Zünd im Wohler Einwohnerrat abverdient. Als 28-Jähriger wurde er für die SP Wohlen ins Dorfparlament gewählt.
Eigentlich hätte sich Andreas Zünd am Sonntagabend, 10. November 1985, freuen sollen. An jenem Tag schaffte er die Wahl in den Einwohnerrat. Der spätere Bundesrichter, der am vergangenen Dienstag an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewählt wurde, war an jenem Abend aber gar nicht in Feierlaune. «Ich war an jenem Wahlabend niedergeschlagen, der persönliche Erfolg hin oder her», erinnert er sich heute. Der Grund für die schlechte Stimmung bei den Sozialdemokraten: Die SP musste zwei Sitzverluste hinnehmen. Sie landete noch bei vier Mandaten im vierzigköppgen Einwohnerrat.
Zünd: «Ausgesprochen gute Erinnerungen»
Gewählt wurden im November 1985 auf der SP-Liste die drei Bisherigen Sepp Muff (773 Stimmen), Heinrich Meier (755 Stimmen), Anton Meyer (714 Stimmen) sowie der neue Andreas Zünd (666 Stimmen). Zünd hatte einen deutlichen Vorsprung auf den fünften Platz, der an Heidi Ehrensperger (539 Stimmen) ging. Zünd schaffte es damals vom hintersten Listenplatz 12 auf die vierte Position.
Diese erfolgreiche Wahl war Zünds Start in der Lokalpolitik. Und zusammen mit seinem Engagement in der Verwaltung der ehemaligen Genossenschaft Dorf kern Wohlen (April 1986 bis September 1990) setzte er sich nachhaltig für das Freiämter Regionalzentrum ein.
Er habe die Arbeit im Einwohnerrat «in ausgesprochen guter Erinnerung», blickt Zünd zurück. «Als kleine Fraktion konnten wir nicht anders, als in Zusammenarbeit mit anderen Lösungen zu suchen. Ich glaube, damals gelernt zu haben, wie andere Menschen und Meinungen in die eigenen Überlegungen einbezogen werden müssen, will man etwas erreichen.»
Er nennt dazu ein Beispiel: «Der damalige Gemeinderat hatte mich zum Präsidenten einer Kommission bestimmt, die für Wohlen ein Radwegkonzept ausarbeiten sollte. Wir haben das Konzept schliesslich praktisch einstimmig verabschiedet.»
CVP und «Eusi Lüüt» mit bekannten Leuten im Aufwind
Der erste Ersatz für Andreas Zünd war nicht einmal unglücklich über die Situation. Sie sei an den Fraktionssitzungen auch in der Zeit dabei gewesen, als Andreas Zünd Einwohnerrat war, blickt Heidi Ehrensperger zurück. Als er nach knapp zwei Jahren aus beruflichen Gründen zurücktrat, rutschte sie nach. «Ich bedauerte seinen Weggang sehr. Lieber hätte ich mit ihm statt nach ihm politisiert.» Sie empfand die Zusammenarbeit mit Andreas Zünd in der Fraktionsarbeit «sehr anregend». Seine humorvolle und auf Ausgleich bedachte Art half, die unterschiedlichen Meinungen, die es eben auch innerhalb der Partei gab, nebeneinander stehen zu lassen und Lösungen zu finden.» Nun freut sich Heidi Ehrensperger, die in Bremgarten wohnt, sehr über die Wahl von Andreas Zünd nach Strassburg.
Übrigens: die Einwohnerratswahlen im November 1985 waren ein grosser Erfolg für die CVP und die Gruppe «Eusi Lüüt». Die CVP verteidigte ihre 14 Sitze erfolgreich und erzielte mit Fritz Isler (2088 Stimmen) und Hugo Bächer (1805 Stimmen) die beiden besten Resultate. Und die Gruppe «Eusi Lüüt» um Peach Weber steigerte ihre Sitzzahl von fünf auf sieben – die beiden verlorenen Sitze der SP gingen an «Eusi Lüüt».
Die sieben gewählten Personen von «Eusi Lüüt» sind alle heute noch bestens bekannt. Sie erzielten alle sieben zwischen 1210 und 700 Stimmen und rangierten in folgender Reihenfolge: Peter Breitschmid (Unternehmer und tragisches Opfer eines Doppelmordes), Peter Peach Weber (Komiker), Adrian Meyer (Regisseur, Kulturschaffender), Kurt Steimen (Kulturschaffender Sternensaal), Eva Keller (Präsidentin Verein Kultur im Sternensaal), Walter Dubler (ehemaliger Gemeindeammann), Urs Kuhn (Einwohnerratspräsident in den Jahren 2002 und 2003, Ex-Gemeinderat).
Sehr fundiert und viele wertvolle Ideen
Zurück zu Andreas Zünd und zur SP. Der damalige Präsident der SP Wohlen Josef Muff fand klare Argumente für den «Untergang» seiner Partei. Die SP müsse wieder vermehrt in die Opposition gehen, forderte er damals. Sepp Muff gehörte vor 35 Jahren bereits dem Einwohnerrat an – und er nimmt jetzt noch einen Sitz im Dorfparlament ein. Wie hat er den jetzigen Bundesrichter und Schweizer Vertreter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Andreas Zünd damals wahrgenommen? «35 Jahre, sehr lange ist es her», seufzt er. Die intensiven Vorbereitungen auf die Einwohnerratswahlen sind ihm noch bestens in Erinnerung. «Hier hat sich Andreas Zünd sehr wirkungsvoll eingebracht, und er war immer bereit, wenn es Arbeit gab.» Und im Einwohnerrat seien seine Wortmeldungen immer «sehr fundiert gewesen, sodass alle es verstanden haben. Wir im Vorstand waren froh um seine Meinung und Ideen.»
Sowohl in der Ortspartei wie auch in der Bezirkspartei habe man auf seine Hilfsbereitschaft zählen können, so Muff weiter. Seine Berufsbezeichnung (lic., jur. Rechtsanwalt) habe Andreas Zünd bei der erfolgreichen Wahl im Herbst 1985 sicherlich auch geholfen, vermutet Sepp Muff heute. «Aber seine offene Art gegenüber Menschen war wohl massgebend.» --dm