Den Tag versüsst
26.01.2021 WohlenFreiwillige der Pro Senectute im Einsatz
Viele ältere Menschen leiden unter den Einschränkungen durch Corona.
Trotz Schneefall waren gestern überall im Bezirk freiwillige Helfer und Helferinnen unterwegs und verteilten Spitzbuben an die ...
Freiwillige der Pro Senectute im Einsatz
Viele ältere Menschen leiden unter den Einschränkungen durch Corona.
Trotz Schneefall waren gestern überall im Bezirk freiwillige Helfer und Helferinnen unterwegs und verteilten Spitzbuben an die Senioren und Seniorinnen. Mit dieser Aktion will Pro Senectute ein Zeichen setzen und der älteren Bevölkerungsgruppe demonstrieren, dass sie nicht vergessen ist. Die Verteilung selber übernahmen Leiter und Leiterinnen von Mittagstischen, Turngruppen und anderen Angeboten. Für viele war es ein schönes Wiedersehen nach langer Zeit. --chh
Niemand soll vergessen gehen
Die Pro Senectute ist auch im zweiten Lockdown für die ältere Bevölkerung da
Gestern Montag verteilten die freiwilligen Mitarbeitenden der Pro Senectute Spitzbuben an die ältere Bevölkerung. «Wir wollen damit ein Zeichen setzen, dass wir an sie denken», erklärt Franziska Schuler, die Leiterin der Beratungsstelle des Bezirks Bremgarten.
Chregi Hansen
Trotz zweitem Lockdown und der Pflicht zu Homeoffce: In der Beratungsstelle der Pro Senectute an der Alten Bahnhofstrasse 7 finden Ratsuchende weiterhin offene Türen vor. «Wir haben offen, solange es uns möglich ist», sagt Stellenleiterin Franziska Schuler. Als Beratungsstelle sei es wichtig, weiterhin vor Ort zu sein. Allerdings: Ab nächster Woche ist die Beratungsstelle nur noch am Vormittag erreichbar.
Dies umso mehr, als gerade die ältere Bevölkerung sehr stark von der Pandemie betroffen ist. «Die Angst ist teilweise gross. Und auch die Verunsicherung», weiss Schuler. Viele lieb gewonnene Aktivitäten und Anlässe sind auf Eis gelegt, allein vierzig Sportgruppen sind im Bezirk zu Untätigkeit verdammt, Kontakte ausserhalb der eigenen vier Wände kaum noch möglich.
Kontakte vermissen
Das spüren speziell auch die Haushaltshilfen der Pro Senectute. Da geht es längst nicht mehr nur darum, die Wohnung in Schuss zu halten. «Viele sind froh, dass jemand vorbeikommt, mit dem sie ein paar Worte wechseln können», so Schuler. Die Schutzmassnahmen werden dabei genau beachtet. Zum einen kommt möglichst immer die gleiche Haushaltshilfe vorbei, um die Kontakte zu minimieren. Zum anderen werden die Gespräche von Tür zu Tür geführt. «Dann sitzt der eine eben in der Stube und die andere vielleicht in der Küche, erklärt die Stellenleiterin.
Für die ältere Generation sei die Situation schwierig. Vor allem für die über 80-Jährigen. «Jüngere Senioren und Seniorinnen sind fit, aktiv und oft gut vernetzt, sie haben sich auch Whatsapp-Gruppen eingerichtet. Ältere sind nicht so erfahren mit den neuen Techniken», berichtet Schuler. Pro Senectute Aargau hat darum ein Projekt gestartet mit Telefonketten, welches aber zumindest im Bezirk Bremgarten nicht den gewünschten Erfolg bringt. Dafür können sich Franziska Schuler und ihre Teamkollegen auf die freiwilligen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verlassen. «Viele behalten in diesen Zeiten den Kontakt aufrecht, fragen nach, kümmern sich um die Senioren», weiss Schuler.
Turnen kann man auch zu Hause
Und sie sind kreativ. Weil die von vielen so lieb gewonnene Turnstunde nicht mehr stattfinden kann, haben die Leiter und Leiterinnen zum Teil von sich aus Übungen aufgeschrieben und an die Teilnehmer der Turngruppen verteilt. «Wir sind extrem stolz auf unsere rund 180 freiwilligen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Sie sind die guten Seelen der Pro Senectute», sagt Schuler. Und das ist nicht selbstverständlich, gehören doch die meisten selber zur älteren Generation. Trotzdem engagieren sie sich weiterhin. Das Engagement ist wichtig, um der Vereinsamung entgegenzuwirken. «Vielen älteren Personen fehlt es an Kontakten. Die Mittagstische, die Turnstunden oder auch die verschiedenen Kurse sind eben alle abgesagt. Und Treffen mit anderen sind eben auch eingeschränkt», weiss die Stellenleiterin. Sie rät, die Kontakte nicht völlig abzubrechen. «Aber man sollte sich einfach möglichst immer mit der gleichen Person treffen.»
Erst die Freude, dann die Enttäuschung
Wie wichtig diese Angebote sind, wurde im Herbst sichtbar, als die Aktivitäten nach dem ersten Lockdown wieder anliefen. Egal, ob Kurse, Fitness, Wandern oder Tanzen, die Angebote wurden fast überall sehr gut besucht. Und überall wurden die Schutzmassnahmen eingehalten. Als problematisch erwies sich lediglich der Mittagstisch. «Dort fiel es den Teilnehmenden schwer, die Abstandsregeln einzuhalten. Und auch das Hantieren mit der Maske war nicht unproblematisch», sagt Schuler. Ansonsten aber war die Freude gross über die im Herbst neu gewonnene Lebensqualität. Sinnbildlich das Feedback einer 94-Jährigen. «Sie hat sich extrem gefreut, dass sie wieder turnen durfte. Das war für sie der Höhepunkt der Woche. Umso grösser ist die Enttäuschung, dass es jetzt wieder nicht geht.» Immerhin: Wenigstens in den Heimen dürfen nach wie vor Turn- und Bewegungsangebote gemacht werden.
Nicht nur die freiwilligen Helfer und Helferinnen, auch Pro Senectute selber versucht, Angebote zu machen. So wurde in Zusammenarbeit mit Tele M1 eine Turnstunde für jedermann konzipiert. Dreimal pro Woche werden während einer halben Stunde Übungen vorgezeigt, welche zu Hause nachgemacht werden. «Da können alle mitmachen. Es gibt auch Turnübungen, die man im Sitzen machen kann», erklärt Schuler. Natürlich ersetze dies die richtigen Turnstunden nicht. Aber es sei wichtig, sich weiter zu bewegen.
Viele Senioren und Seniorinnen finden es schade, sind ihre Aktivitäten jetzt wieder abgesagt. Vor allem die Wander- und Velogruppen hadern, sind sie doch draussen an der frischen Luft unterwegs. Umgekehrt hoffen viele, dass die Impfung ihnen neue Freiheiten ermöglichen wird. «Die Impfbereitschaft ist gross bei der älteren Bevölkerung», weiss die Stellenleiterin aus vielen Rückmeldungen. Sie könne zwar nicht für die Allgemeinheit reden, aber sie habe den Eindruck, dass die meisten älteren Menschen die schwierigen Zeiten gut meistern. «Aber es gibt schon auch diejenigen, die sich zurückziehen und vereinsamen.» Auch darum sei es wichtig, dass die Beratungsstelle weiterhin offen sei. «Wir sind da für die Menschen, auch in diesen Zeiten», betont Schuler.
Etwas Sorgen macht ihr die Tatsache, dass sich die Organisation derzeit nicht präsentieren kann. So ist die Beratungsstelle des Bezirks letzten Frühling in neue Räumlichkeiten gezügelt und konnte diese noch nie der Öffentlichkeit präsentieren. Auch die Jubiläumsaktionen mussten alle abgesagt werden.
Auf Eis liegt derzeit auch die Ausbildung der neuen Sportgruppenleiter, hier droht allenfalls eine Lücke. «Es ist für uns wichtig, dass wir uns immer wieder zeigen können. Viele wissen zu wenig, was wir alles anbieten», sagt Franziska Schuler. Ein weiteres Problem sei, dass viele Menschen nicht mehr im Telefonbuch verzeichnet sind. «Wir versuchen, alle 75-Jährigen auf uns und unsere Dienstleistungen aufmerksam zu machen. Das gelingt leider nicht immer», so Schuler.
Optimistisch bleiben
Trotzdem schaut sie derzeit sehr positiv in die Zukunft. «Das enorme Engagement der freiwilligen Helfer und Helferinnen ist einfach wunderbar», sagt sie. Und auch selber blicke man optimistisch in die Zukunft. Der Tag der Freiwilligen in diesem Sommer ist trotz aller Unsicherheiten fix in die Agenda eingetragen. «Wir hoffen sehr, dass wir unser Angebot bald wieder ausbauen können», meint die Stellenleiterin zum Schluss.



