Kaum Reserven und eher günstig
17.11.2020 WohlenAntwort auf Anfrage: Gemeinderat zur Entwicklung des Stellenetats der Gemeindeverwaltung Wohlen
Das Wachstum hinterlässt Spuren. Auch auf der Gemeindeverwaltung. Zu den komplexen Aufgaben kommen in Wohlen noch die Belastungen einer Zentrumsgemeinde hinzu. Das ...
Antwort auf Anfrage: Gemeinderat zur Entwicklung des Stellenetats der Gemeindeverwaltung Wohlen
Das Wachstum hinterlässt Spuren. Auch auf der Gemeindeverwaltung. Zu den komplexen Aufgaben kommen in Wohlen noch die Belastungen einer Zentrumsgemeinde hinzu. Das schlägt sich im Stellenetat nieder. Wie beurteilt der Gemeinderat diese Entwicklung?
Daniel Marti
Gefühlt alle Jahre wird der Stellenplan der Gemeinde Wohlen umfassender. Mit jährlicher Regelmässigkeit werden vom Gemeinderat mehr Stellen beantragt. Erst letzte Woche wieder mit 235 Stellenprozenten (siehe Ausgabe vom vergangenen Freitag). Da passt ein Nachhaken bestens dazu. Alex Stirnemann, ehemaliger Fraktionspräsident der SP, hat dies mit einer Anfrage gemacht. Er stellt sieben Fragen: Wie hat sich der Stellenetat der Gemeindeverwaltung Wohlen entwickelt, welche Bereiche sind am stärksten ausgelastet, wo liegen die Defizite, wie wird Wissen gesichert? Nun liegt das umfassende Antwortschreiben des Gemeinderates vor.
Sechs Bereiche mit über 3470 Prozent Steigerung
Stirnemann betont in seinem Vorstoss, dass das Freiamt zu den grössten Wachstumsregionen im Kanton Aargau zählt. Wohlen zählte im Jahr 2000 knapp 13 320 Einwohner, nun sind es bald 17 000 Einwohner. Dies entspricht einem Anstieg von knapp 28 Prozent. Eine solche Steigerung wirkt sich auch auf die Gemeindeverwaltung aus.
Die Veränderung in dieser 20-jährigen Zeitspanne auf der Gemeindeverwaltung ist beträchtlich. Dies beweisen sechs Bereiche: Stabsdienste +180 Prozent; Zentrale Dienste +250 Prozent; Gesellschaft, Soziales und Bildung +420 Prozent; Sicherheit +1220 Prozent; Finanzen und Ressourcen +560 Prozent; Planung, Bau und Umwelt +800 Prozent. Dies macht total in diesen sechs Bereichen ein Plus von 3470 Prozent aus.
«Das Tagesgeschäft stellt einen grossen Teil der zu erledigenden Arbeiten der Gemeindeverwaltung dar», heisst es im Schreiben des Gemeinderates. Dies sei für das Funktionieren einer Gemeinde wesentlich. Der Gemeinderat erachtet es deshalb als zwingend, dass nicht die Investitionsprojekte der Gemeinde Wohlen als einziger Indikator für die Arbeitsauslastung der Verwaltung herangezogen werden. Quantität, Qualität, Gesellschaft, Recht, Technik und Organisation sind bei der Planung des Stellenetats weitere wichtige Kriterien.
Neues Gemeindebüro als Anlaufstelle
«Grundsätzlich», schreibt der Gemeinderat, sind in den «Personalressourcen in allen Bereichen keine Reserven enthalten». Deshalb schaut er auch vorwärts Richtung Jahr 2030. Auskunft gibt hier auch der Finanzplan, der sich mit den jetzigen Prognosen des Gemeinderates deckt. Ein steigender Bedarf wird in den Bereichen Finanzen und Sicherheit erwartet. Der Bereich Gesellschaft, Soziales und Bildung wird in Zukunft komplexer und beim Bereich Planung, Bau und Umwelt werden die anstehenden Strassenbauprojekte und der Umweltbereich Ressourcen binden.
Im Bereich Zentrale Dienste wird grundsätzlich ein steigender Bedarf erwartet. Hier wird der Gemeinderat mit einer Verbesserung auch konkret. «Mit dem Gemeindebüro wird eine bürgerorientierte Anlaufstelle eingerichtet, die einerseits die Bedürfnisse an einer Anlaufstelle abwickeln kann und andererseits Bereiche von einfachen Aufgaben entlasten soll.» Beim künftigen Gemeindebüro soll vor allem der Kundennutzen im Mittelpunkt stehen. Dieses Gemeindebüro soll auch eine Chance darstellen, um interne Prozesse weiter zu optimieren.
Der tiefste Wert: 1029 Franken pro Einwohner
Im Vergleich zu anderen Aargauer Gemeinden mit ähnlicher Grösse wie Wohlen darf sich die Situation in der grössten Freiämter Gemeinde zeigen lassen. Wohlen verzeichnet laut gemeinderätlicher Berechnung gegenwärtig einen Personalaufwand von 1029 Franken pro Einwohner. Das sei der tiefste Wert im Vergleich mit Aargauer Gemeinden, die wie Wohlen einen Einwohnerrat haben. Der Spitzenwert liegt bei 2793 Franken. «Die Personalressourcen der Gemeinde Wohlen sind erwiesenermassen knapp berechnet», folgert der Gemeinderat. Und fügt an, dass zwingende Geschäfte bevorzugt behandelt werden müssen und Entwicklungsprojekte zeitlich in die Länge gezogen werden.
Die Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden der Gemeinde Wohlen sei «sehr hoch». Dagegen dürfe eine «hohe Leistungsbereitschaft des Personals» festgestellt werden. Der Gemeinderat ist auch der Meinung, dass durch die Einführung der Geschäftsleitung die Qualität gesteigert werden konnte.
Sicherung von Wissen garantieren
Wie eine nachhaltige Sicherung von Wissen und Erfahrungen innerhalb der Verwaltung gewährleistet werde, wollte Anfragesteller Stirnemann noch wissen. Die Besetzung der Gemeindeverwaltung stehe unmittelbar in Konkurrenz zu privaten Unternehmen, hält der Gemeinderat fest. Besonders die Bereiche Planung, Bau und Umwelt sowie Informatik seien davon betroffen. Grundsätzlich sei der betreffende Arbeitsmarkt in der Branche der öffentlichen Verwaltung zu klein, damit «ein genügend grosser Aufwuchs an Fachpersonen» stattfinden könne.
Es herrsche Handlungsbedarf in Bezug auf Anreize, damit Personal gewonnen werden könne. Deshalb muss die Gemeinde Wohlen als Arbeitgeberin attraktiv bleiben. In dieser Richtung stehen in absehbarer Zukunft Entscheide auf politischer Ebene an: Revision Personalreglement, Ausbau Infrastruktur der Gemeindeverwaltung, Entwicklung Stellenetat.
Die Gemeindeverwaltung sei auf «qualifiziertes Personal unbedingt angewiesen». Wichtig und für die Arbeitgeberin am günstigsten ist es, «bewährtes Personal behalten zu können und die Fluktuation möglichst tief zu halten». Es sei wesentlich, schreibt der Gemeinderat, «dass die Gemeinde als attraktive Arbeitgeberin den Mitarbeitenden Optionen für ihre weitere berufliche Entwicklung bieten kann». Dabei nimmt die ständige Weiterbildung eine wichtige Rolle ein. Auf jeden Fall müsse die Attraktivität mit zeitgemässen Anstellungsbedingungen unbedingt beibehalten und ausgebaut werden.