Unikate für harte Riffs
13.10.2020 BremgartenSaitenkraft: Der Bremgarter Urs Kuratle baut E-Gitarren aus Schweizer Holz
Urs Kuratle ist gelernter Schreiner. Mit dem Bau von Gitarren kann der 46-Jährige gleich zwei Leidenschaften in seinem Leben kombinieren. Denn Kuratle ist auch Mitglied der Band ...
Saitenkraft: Der Bremgarter Urs Kuratle baut E-Gitarren aus Schweizer Holz
Urs Kuratle ist gelernter Schreiner. Mit dem Bau von Gitarren kann der 46-Jährige gleich zwei Leidenschaften in seinem Leben kombinieren. Denn Kuratle ist auch Mitglied der Band «Keesel», die Metal, Hardcore und Rap musikalisch vereint.
André Widmer
Saitenkraft. Der Name seines Einzelunternehmens ist Programm bei Urs Kuratle. Denn die hochwertigen und formschönen E-Gitarren, die der Fachmann in seiner Werkstatt in baut, sind gedacht für «alles, was härter ist als Pop», so Urs Kuratle verschmitzt. iese usrichtung kommt auch nicht von ungefähr: Kuratle ist Mitglied der Bremgarter Band «Keesel», die Metal, Hardcore und Rap mit Mundarttexten vereint. Urs Kuratle gründete Saitenkraft vor neun Jahren.
Der 46-Jährige betreibt seine Firma in Teilzeit, da er noch bei einer anderen Gitarrenbaufirma angestellt ist, die edoch ein egment icht konkurrenziert. Kuratle selber kam zum Gitarrenbauen dank seinem Gitarrenlehrer, der selber Instrumente herstellte. Das ist mittlerweile schon über 20 Jahre her. Mittlerweile baut er selber mit Saitenkraft pro Jahr etwa acht Gitarren. «Ich mache mich rar», sagt der Bremgarter. Es sind hauptsächlich Privatkunden, doch kooperiert er auch mit Musikhäusern. Kuratles E-Gitarren sind Unikate, also Einzelexemplare. Er schwört dabei auf Schweizer Holz: Tropenhölzer kommen für ihn aus Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsgründen nämlich nicht infrage.
Grosses Lob von der Fachbibel
Mit den Schweizer Hölzern ist Kuratle auch qualitativ zufrieden. Sein Lieblingsholz? «Ganz schlichter Ahorn, er hat ein kontinuierliches Wachstum.» Stabilität und Ton stimmen für eine E-Gitarre. Riegelahorn, das gemeinhin als Filetstück bezeichnet wird, kommt für Urs Kuratles Konstruktionskunst ebenfalls infrage. Und auch Nussbaum, Räuchereiche und Eisbuche. Letztere erhält ihre starke und prägnante Musterung durch eine spezielle Lagertechnik mit einer Versetzung durch einen Pilz. Das war auch bei einer ganz besonderen Gitarre von Kuratles Saitenkraft der Fall: Die Nexus7 Universum. Diese hat es ins renommierte Fachmagazin «gitarre & bass» geschafft und wird dort in den höchsten Tönen gelobt: «Nicht von dieser Welt», «galaktisch gut» sind Schlagworte im Testbericht, wo es im Resumee heisst: «Diese Saitenkraft ist ein Siebensaiter der Oberliga. Urs Kuratle zeigt eindrucksvoll, dass er nicht nur Gitarren mit eigenständiger Form, sondern Instrumente auf höchstem handwerklichen Niveau bauen kann.»
Eine Art Ritterschlag für den Bremgarter Gitarrenbauer, ist das Magazin doch quasi die Bibel der Szene. Schliesslich war es auch Kuratles grosser Wunsch seit Jahren, es mal in das Musikmagazin zu schaffen. Die Nexus7 Universum ist auch das Paradebeispiel für seinen unverwechselbaren Stil, die eigenen Formen, schön geschwungen.
Exot in der Szene
Die Gitarren werden mit CNC-Frästechnik und Urs Kuratles präziser und liebevoller Handwerksarbeit gefertigt. Der Gitarrenhals besteht aus drei Stück Holz, beispielsweise in der Mischung Ahorn /Nussbaum /Ahorn und das Furnierholz aus Räuchereiche. Mit der Verwendung von Schweizer Holz wie eben Nussbaum sei er ein Querulant in der Szene, meint Urs Kuratle. «Viele verwenden Mahagoni.» Buche sei beim Bau von elektronischen Gitarren sogar verpönt – nicht aber bei Kuratle. «Vom Klang und den Schwingungseigenschaften ‹verhebets›», sagt er hingegen aufgrund seiner Erfahrungen. Es sei wohl nur der Ruf, die Buche sei ein urchiges Holz. Lediglich für den Griff ist Holz aus anderen Ländern nötig. Kopien von bekannten Herstellern nachbauen, das will Kuratle nicht. «Wenn einer eine Kopie will, kann er auch das Original kaufen.» Denn eine Saitenkraft ist nicht billig zu haben: So mit rund 4000 Franken oder mehr muss ein Kunde schon rechnen, wenn er ein solches Schmuckstück sein Eigen nennen will. Schliesslich steckt auch sehr viel drin: Bis zu 30 Stunden kann die Herstellung dauern.
Gut ausgerüstet
In der Werkstatt Kuratles finden sowohl normale Schreinerwerkzeuge als auch Spezialinstrumente für den Gitarrenbau Verwendung. Mechaniken, Verschraubungen und Medien baut er selber ein. Für Spezialwünsche bezüglich Bemalung sind auch Kooperationen mit Künstlern möglich.
Den Namen «Saitenkraft» wählt er, weil üblicherweise Gitarrenbauer meist mit ihrem Familiennamen und/ oder «Guitars» firmieren. Seinen eigenen Namen in den Mittelpunkt zu stellen, scheint Urs Kuratle aber nicht zu liegen. Auch diesbezüglich ist er also ein Querulant, ein bescheidener dafür. Also fiel die Wahl auf Saitenkraft, frei abgeleitet nach dem Mischpulthersteller «Soundcraft». Was soll nun noch folgen? In den nächsten zwei bis drei Jahren will Urs Kuratle auch mal an der Gitarrenshow in London teilnehmen, nachdem er in der Schweiz und Deutschland schon Fachmessen besuchte. Er weiss: «Ich bin nicht mehr ein unbeschriebenes Blatt.»