In eine neue Welt eintauchen
25.09.2020 WohlenBerufe Wohlen+: Mit 1600 Zeitfenstern wurde ein riesiges Angebot bestens genützt
Genau zu wissen, was nach der Schulzeit ist. Das ist eine wertvolle Standortbestimmung. Berufe Wohlen+ macht das möglich. «Träume wurden wahr», meinte dazu ...
Berufe Wohlen+: Mit 1600 Zeitfenstern wurde ein riesiges Angebot bestens genützt
Genau zu wissen, was nach der Schulzeit ist. Das ist eine wertvolle Standortbestimmung. Berufe Wohlen+ macht das möglich. «Träume wurden wahr», meinte dazu Organisatorin Ruth Salzmann.
Daniel Marti
«Es ist gewaltig, was das Gewerbe erneut geleistet hat.» Ruth Salzmann, die Chef-Organisatorin von Berufe Wohlen+, freute sich riesig. Die Berufsinfotage waren wieder ein Erfolg. Erneut ist es Ruth Salzmann zusammen mit ihrem Team gelungen, ein abwechslungsreiches Programm zusammenzustellen. Natürlich dankte sie allen Beteiligten ausführlich, Gewerbevereinen, Firmen, Gemeinden. Obwohl sie selbst den grössten Teil der Vorbereitungsarbeit leistet. Nicht weniger als 73 Betriebe in Wohlen, Villmergen und Niederwil öffneten ihre Türen und hiessen die wissbegierigen Schülerinnen und Schüler willkommen. 368 Jugendlichen nützen diese einmaligen Chancen. «Sie alle haben sich in eine neue Welt begeben», sagte Salzmann am Abschlussevent. «Sie alle konnten eintauchen und für sie alle ist ein Traum wahrgeworden.»
Sagenhafte 1600 Zeitfenster wurden von den Firmen zur Verfügung gestellt, damit die jungen Menschen sehen konnten, welcher Beruf ihnen allenfalls zusagt. Eindrückliche Zahlen sind das. 21 Klassen mit ihren Lehrpersonen haben diese Chancen gepackt. Und zuletzt waren alle glücklich – die Schüler, die Vertreter der beteiligten Firmen, die Organisatorin. «Es hat mega Spass gemacht», so Ruth Salzmann. Sie hat trotzdem noch einen Nachteil ausgemacht. «Die zwei Tage, an denen die Besuche der Firmen möglich waren, hatten einfach zu wenig Stunden.» Ein schönes Kompliment.
Die Angebote waren auf jeden Fall vielfältig. Sie reichten von der Regionalpolizei bis zur Geldberatung, damit die jungen Menschen ja nicht in eine Schuldenfalle geraten.
Spannende Berufe zum Miterleben
Regionalpolizei, Schuldenberatung und Physiotherapie: Einige Einblicke in die Berufe Wohlen+
An zwei Tagen haben die Schüler aus Wohlen und Villmergen die Möglichkeit, sich über ausgewählte Berufe zu informieren. Besonders der Besuch der Regionalpolizei bleibt den Jugendlichen in Erinnerung.
Chantal Gisler
Die Organisation Berufe Wohlen+ und die Schule gewähren den Jugendlichen Einblicke in verschiedene Berufe. So etwa in die Arbeit der Regionalpolizei Wohlen. Claudio Gygax ist seit 1989 Polizist. Gelernt hat er Bäcker-Konditor, wie er den Jugendlichen in der Aula der Villmerger Schule erzählt. Er versteht es, ihnen den Beruf vom Polizisten näherzubringen. Vor allem indem er ihnen erzählt, was er schon alles erlebt hat. An seinen ersten Einsatz, bei dem ein Täter gefasst wurde, erinnert sich Gygax genau. Es war in Aarau. Abends, etwa 18 Uhr. Er war in der Nähe der Bahnhofstrasse unterwegs. Alleine. «Früher, da ging man nicht zu zweit auf Patrouille.» Per Funk wird ein Einbruch in einer Bank gemeldet. Der Täter ist bewaffnet. Gygax spurtete in Richtung Bank. Bis er plötzlich dem Täter gegenüberstand. Der junge Polizist zog seine Waffe, doch der Täter rannte davon. Er jagte diesem hinterher, rauf zum Friedhof. Dort stand der Räuber vor einem Auto und hantierte an den Schlüsseln. Gygax, früher Fussballgoalie, setzte zum Hechtsprung an. «Der Sprung meines Lebens!» und riss den Räuber zu Boden. «Der Geldsack flog davon.» Er hatte den Täter fest im Griff, bis seine Kollegen ihm zu Hilfe eilten. «Das ist ein unglaublicher Adrenalinkick», erklärt er den 25 Jugendlichen. «Das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Meine Knie waren offen, der Täter hatte eine Wunde am Kopf. Aber es war ein unglaubliches Gefühl, den ersten Täter gefasst zu haben.»
Gygax hat das Talent, seine Geschichten spannend zu erzählen. Und nur so viel, wie auch erzählt werden darf. Bei seinen Erinnerungen kommt er immer wieder mal auf den Vierfachmord in Rupperswil zu sprechen. Für ihn persönlich ein Fall, der ihm naheging. Nicht nur wegen der unfassbar schrecklichen Tat. Gygax wohnt mit seiner Familie in Rupperswil. Er war der erste Polizist vor Ort. Er umschreibt grob, wie die Polizei vor vier Jahren vorging. Damals arbeitete Gygax auf dem Polizeiposten in Rupperswil.
Nach dem Vierfachmord liess er sich zur Regionalpolizei Wohlen versetzen und ist seither Jugendberater. Ein Beruf, der ihn erfüllt. Vor allem wenn am Ende des Referats vier Jugendliche zu ihm kommen und ihm sagen, dass sie später auch mal Polizisten werden wollen.
Die Sache mit dem Geld
In einer anderen Gruppe wurde über das geredet, worüber die Schweizer normalerweise lieber schweigen: Geld. «Hesch no Cash» heisst der Kurs, den Oliver Rüegger von der Steuerberatung Aargau /Solothurn leitet. Für die Jugendlichen besonders interessant: Das Thema Sackgeld. Eine kurze Fragerunde zeigt: Die meisten von ihnen erhalten Taschengeld, einige wünschen sich aber etwas mehr. Interessanter Aspekt: Die wenigsten wissen, wie viel Geld ihre Eltern verdienen. Denn bei den meisten Familien ist das Thema Geld tabu, ausser es geht darum, dass man sparsamer damit umgehen sollte. Genau hier setzt Rüegger an. Er will den Schülern aufzeigen, wie sie mit Geld umgehen können, damit sie nicht in die Schuldenfalle tappen. Denn: «Schulden häuft man schnell an. Ein teures Handyabo, ein neues Fahrrad, man leiht sich hier und da etwas.» Doch aus der Schuldenfalle herauszukommen, gestaltet sich schwierig. Im Kurs dürfen die Jugendlichen ein eigenes Budget aufstellen. Was müssen sie sich von ihrem Sackgeld kaufen? «Diejenigen, die kein Geld von den Eltern erhalten: Überlegt euch, wofür eure Eltern für euch Geld ausgeben und wie viel ihr haben müsstet, um das selbst übernehmen zu können.» Es ist wichtig, dass die Jugendlichen früh lernen, sich das Geld einzuteilen und damit umzugehen. Dieser Kurs soll ihnen eine Grundlage dafür geben.
Es hat sich gelohnt
Normalerweise ist der Beruf Physiotherapeut ein Beruf, bei dem man selbst Hand anlegen kann. Doch coronabedingt ist das in diesem Jahr nicht möglich. Trotzdem nimmt Karin Healy die Jugendlichen mit auf eine Reise durch die Funktionen des menschlichen Körpers. Fachkundig erläutert sie die verschiedenen Bereiche der Physiotherapie und die Anwendungsmöglichkeiten. Ausserdem wird die Frage beantwortet, wie man überhaupt Physiotherapeut wird. «Man muss sich für den menschlichen Körper interessieren und gleichzeitig Empathie zeigen können», erläutert sie. Als Physiotherapeut wird man oft mit Schicksalen konfrontiert, die nicht immer einfach zu verkraften sind. «Aber wenn man sieht, wie die Menschen das meistern, gibt einem das ein gutes Gefühl.»
Ein gutes Gefühl haben auch die Schüler nach diesem intensiven Tag. «Es hat sich gelohnt», sind sie sich einig. Besonders die Gruppe von Polizist Claudio Gygax zeigt sich begeistert. «Es ist so spannend, was er zu erzählen hat. Diesen Kurs werde ich weiterempfehlen.»



