Das vergessene Land
11.09.2020 HägglingenHägglinger Hilfswerk plant Transport
Der Container ist fertiggepackt. Noch fehlt der Lastwagen. Mit einer Sammelaktion sollen die nötigen Mittel generiert werden.
In ihrer beruflichen Tätigkeit hatte Madeleine Winkler immer wieder in ...
Hägglinger Hilfswerk plant Transport
Der Container ist fertiggepackt. Noch fehlt der Lastwagen. Mit einer Sammelaktion sollen die nötigen Mittel generiert werden.
In ihrer beruflichen Tätigkeit hatte Madeleine Winkler immer wieder in Zentralafrika zu tun. Die Not und das Elend der Kinder dort brechen ihr das Herz. «Das Land liegt am Boden, und niemand kümmert sich um die Menschen da», sagt sie. Tatsächlich nimmt die Welt nur wenig Anteil am Schicksal des durch Bürgerkrieg, Aids und Hungersnot gebeutelten Landes. Mit ihrem Hilfswerk tut Winkler etwas dagegen. --chh
«Die Kinder haben mich adoptiert»
Hilfswerk «so.sui.ben» sammelt für Transport nach Zentralafrika
Ein 40-Fuss-Container, gefüllt mit allerlei Hilfsgütern, steht im Elsass bereit. Doch der geplante Transport nach Zentralafrika wird zur Herausforderung. Aufgeben kommt für Madeleine Winkler aus Rüti nicht infrage.
Chregi Hansen
«Zentralafrika ist ein vergessenes Land», sagt Madeleine Winkler. Die Lage im Land ist instabil und gefährlich. Das Leben wird dominiert durch Bürgerkrieg, Armut, Unterernährung und Krankheiten, die Wirtschaft liegt am Boden. Zentralafrika gilt heute als Land mit der niedrigsten Lebenserwartung weltweit. «Die Entwicklung ist komplett stehen geblieben», hat Winkler erkannt.
Die Schweizerin mit afrikanischen Wurzeln (ihr Vater stammt aus Kamerun) weiss, wovon sie redet, reist sie doch seit Jahren regelmässig ins Land. 2009 hat sie das Hilfswerk «so. sui.ben» gegründet. Schon früher war sie geschäftlich sehr oft in Afrika unterwegs. «Dabei wird man meist abgeschottet, damit man vom echten Leben wenig mitbekommt», erzählt sie. Eines Tages aber bat sie den Taxifahrer, durch ein Aussenquartier zu fahren. Was sie dort sah, hat sie erschüttert. «Ich traf auf viele Strassenkinder, bin ausgestiegen, habe mit ihnen geredet. Und ich habe mich gefragt, warum hilft ihnen niemand?», schaut sie auf diesen Moment zurück.
Tatsächlich leiden in Zentralafrika vor allem die Jüngsten. Die Schweizerin traf auf Aids-Waisen, ehemalige Kindersoldaten, kranke und unterernährte Schüler. Ihr Elend berührte sie, Winkler wollte helfen. «Nicht ich habe die Kinder adoptiert, sie haben mich adoptiert», sagt sie heute. Sie will ihnen eine Perspektive geben. Eine langfristige. Bereits konnte «so. sui.ben» ein Auffangcenter mit 35 Plätzen eröffnen. Daneben unterstützt man rund 250 weitere Kinder und Jugendliche in der Region. Winkler bemüht sich Tag für Tag, das nötige Geld für den Betrieb aufzutreiben. Denn sie weiss genau: «Wenn ich nicht helfe, tut es niemand.»
Spatenstich ist erfolgt
Ihr Ziel ist es, ein grosses Zentrum zu bauen, in dem die Kids nicht nur wohnen können, sondern auch zur Schule gehen, medizinische Versorgung erhalten und allenfalls gar eine Ausbildung machen. Ein entsprechendes Projekt wurde gestartet, das Land gekauft, der Spatenstich ist bereits erfolgt. Wegen des Bürgerkriegs mussten aber inzwischen alle freiwilligen Helfer evakuiert werden. Und wegen Corona kann die Initiantin selber nicht mehr nach Zentralafrika reisen. «Zum Glück habe ich gute Kontakte zu lokalen Helfern, sodass die Grundversorgung noch immer klappt», sagt sie.
Inzwischen bemüht sie sich weiterhin, Hilfe in der Schweiz zu organisieren. Dabei erhält sie wertvolle Unterstützung durch Karl Hartmann. Der ehemalige Wohler, der heute wie Winkler in Hägglingen lebt, ist durch seine berufliche und politische Tätigkeit sowie sein Engagement auf Vereinsebene gut vernetzt. «Ich habe Madeleine vor fünf Jahren kennengelernt und bin beeindruckt, wie sie sich fast Tag und Nacht für ihr Projekt einsetzt», sagt Hartmann. Er wollte sie unterstützen und stellte sich als Kassier des Hilfswerks zur Verfügung. «Ich will einen Beitrag leisten, damit es diesen Kindern besser geht. Und Madeleine nicht alles allein machen muss», sagt Hartmann.
Jeder gespendete Franken kommt an
Er hilft jetzt tatkräftig mit, die nötigen Gelder zu organisieren. Zum einen für den täglichen Bedarf. «Bei uns kann man sich sicher sein, dass jeder gespendete Franken auch ankommt», beteuert er. Nun aber steht eine viel grössere Herausforderung bevor. Es geht darum, einen mit Hilfsgütern beladenen Seecontainer ins Land zu bringen. Kleider, Medizin, Schulmaterial, Spielsachen und vieles mehr warten auf den Transport in die Zentralafrikanische Republik. Die Idee: Für den Transport soll ein geeigneter Lastwagen gekauft werden, der dann den Container vom Hafen ins Land bringt.
«Das ist zwar etwas teurer als ein normaler Transport, dafür kann der Lastwagen dann weiter genutzt werden», sagt Winkler. Einerseits für den Bau des geplanten Zentrums. Andererseits kann sie sich vorstellen, ein kleines Profitcenter aufzubauen und vor Ort Geld zu verdienen. In dem eigenen Unternehmen könnten die Jugendlichen eine Ausbildung machen und arbeiten. «Das ist eine Win-win-Situation», ist Hartmann überzeugt. Darum sammelt das Hilfswerk jetzt speziell Geld für einen Occasions-Lastwagen. «Wir haben noch viele Ideen, die wir verwirklichen wollen», führt der ehemalige Wohler weiter aus. Doch wegen der instabilen Lage im Land und wegen Corona steht derzeit vieles still. Auch Madeleine Winklers eigene Pläne wurden gehörig über den Haufen geworfen. Sie wollte Ende Jahr selber nach Afrika auswandern. Vorläufig ist das nicht möglich. Doch Aufgeben kommt für sie nicht infrage. «Es sind zwar nur kleine Verbesserungen, die wir erreichen. Aber sie geben Hoffnung. Ich kämpfe weiter für meine Kinder», sagt sie.
Mehr Infos zum Hilfswerk gibt es unter tisbox.eu/sosuiben. Spendenkonto: Aargauische Kantonalbank, Bahnhofstrasse 4, Wohlen. Kto-Nr. 6453.5582.2001. IBAN: CH50 0076 1645 3558 2200 1. Zuhanden ONG SO.SUI.BEN, Steinengasse 2, 4126 Bettingen.



