Mehrkosten und schlechter Service
28.08.2020 WohlenAm 27. September stimmen wir über die Abschaffung der Schulpflegen ab. Also jene Behörde, die sich in jeder Gemeinde seit Jahrzehnten ausschliesslich um Schulbelange kümmert und Bildungsinteressen in den Vordergrund stellt. Die Befürworter einer Abschaffung wollen ...
Am 27. September stimmen wir über die Abschaffung der Schulpflegen ab. Also jene Behörde, die sich in jeder Gemeinde seit Jahrzehnten ausschliesslich um Schulbelange kümmert und Bildungsinteressen in den Vordergrund stellt. Die Befürworter einer Abschaffung wollen weismachen, es werde alles einfacher. Weil die «Führungsstrukturen» in einer Gemeinde vereinfacht würden. Die Diskussionen im Grossen Rat zeigten es deutlich: die vielen Gemeinderätinnen und Gemeinderäte im Parlament wollen es bequemer haben; sie wollen sich nicht mehr mit den Schulpflegen herumschlagen müssen.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Vereinfachung der Führungsstrukturen ist das einzige Argument der Befürworter. Nie haben die Befürworter danach gefragt, welche Vorteile die Abschaffung der Schulpflegen den Schülerinnen und Schü- lern, deren Eltern und den Lehrpersonen bringen würde. Mit gutem Grund, denn die Antwort lautet: Keine! Im Gegenteil: Eltern könnten sich bei Konflikten mit einer Lehrperson oder mit der Schulleitung nicht mehr an die Schulpflege als Vermittlerin wenden. Die Abstimmungsvorlage schreibt nämlich vor, dass man sich nach dem Entscheid der Schulleitung direkt an den Bezirksschulrat als Beschwerdeinstanz wenden muss, was viel kostet und in aller Regel den Beizug eines Rechtsanwalts nötig macht. Die Verfahrenskosten müssen die Eltern oder der Staat bezahlen. Ähnlich sieht es für die Lehrpersonen aus. Doch es kommt noch dicker: Für die neue Bequemlichkeit der Gemeinderäte und den verminderten Service für Eltern und Lehrpersonen müssten wir mehr bezahlen! Als Beispiel meine Wohngemeinde: Die Schulpflege kostet Wohlen jährlich 70 000 Franken. Das Pensum aller Schulpfleger zusammen beträgt um die 80 Prozent. Neu müsste diese Arbeit ein einzelner Gemeinderat verrichten, was nur mit einer höheren Arbeitszeit und Entschädigung möglich wäre. Die Entschädigung der Wohler Gemeinderäte leitet sich aus dem Verdienst des Gemeindeammanns ab; dieser erhält für sein 80-Prozent-Pensum 160 000 Franken im Jahr. Fazit: Die «strategischen Schulaufgaben» werden heute für 70 000 Franken verrichtet; neu würde das 160 000 Franken kosten.
Eine Delegation dieser Aufgaben an die Schulleitungen würde es ebenfalls teurer machen: Machbar wäre das nur mit einer weiteren Erhöhung der Schulleiterpensen. Sicher ist, dass deren «Stundenansatz» höher liegt als bei den Schulpflegern. Zusätzlich müsste die Gemeinde die Kosten für eine beratende «Bildungskommission» aufbringen. Was Wohlen blühen würde, würde allen Gemeinden blühen.
Für den Steuerzahler wird es bei einer Abschaffung der Schulpflegen nur heissen: Ausser Spesen nichts gewesen und ein schlechterer Service noch dazu!
Harry Lütolf, Grossrat, Präsident und Einwohnerrat CVP Wohlen