Leidenschaft für das flüssige Gold
28.07.2020 BremgartenAntonella Meyer-Masciulli produziert mit ihrer Mitera GmbH Premium-Olivenöl
Die Bremgarterin Antonella Meyer-Masciulli sorgt in Kreta und Italien nicht nur für die Produktion von hochwertigem und reinsortigem Olivenöl, sondern auch für den Erhalt von ...
Antonella Meyer-Masciulli produziert mit ihrer Mitera GmbH Premium-Olivenöl
Die Bremgarterin Antonella Meyer-Masciulli sorgt in Kreta und Italien nicht nur für die Produktion von hochwertigem und reinsortigem Olivenöl, sondern auch für den Erhalt von Olivenbaum-Ursorten sowie bis zu 4000 Jahre alten Mutterbäumen.
André Widmer
«In meinen Adern fliesst Olivenöl», sagt Antonella Meyer-Masciulli. Die Bremgarterin stammt ursprünglich aus einer Familie aus den italienischen Abruzzen, die seit Generationen in der Olivenölproduktion tätig ist. Dort bekam sie die ganze Entstehungskette mit, von der Ernte bis zur Produktion. Sie folgte den Eltern, die vor rund 40 Jahren in die Schweiz auswanderten.
Gefragte Expertin
In Bremgarten lebt sie seit 23 Jahren und jetzt, da ihre Kinder erwachsen sind, macht sich die nun 52-Jährige beruflich auf zu einem Höhennug: 2018 hat sie die Mitera GmbH gegründet, die reinsortiges, DNA-zertifiziertes, hochwertiges Olivenöl auf Kreta und in Italien produziert. In den Jahren 2019 und 2020 hat sie bereits über 20 Auszeichnungen gewonnen. Überdies fand ihre Firma Aufnahme in einem Führer mit den 500 besten Olivenölproduzenten der Welt.
Antonella Meyers Leidenschaft für das Olivenöl, seinen Anbau und seine Produktion ist nicht erst mit der beruflichen Selbstständigkeit wieder erwacht. Schon 2002 bildete sie sich an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften zur Sensorikerin aus. Sie ist Expertin und in der Jury mehrerer Gremien. Seit 2017 ist sie «professional taster» an der Organizzazione Nazionale di Assaggiatori di Olio di Oliva mit Sitz in Imperia, der ältesten italienischen Olivenöl-Sensorikschule.
Die Urbäume
Bevor sie ihre eigene Firma in Bremgarten gründete, vertrieb Antonella Meyer-Masciulli hobbymässig Olivenöle aus der Familienproduktion in Italien. Endgültig wieder Feuer gefangen hat sie bei einem Besuch in Kreta im Frühjahr 2017. Dort wurde sie in einen Olivenhain mit Bäumen, die mehrere tausend Jahre alt sind, geführt. Die finanziell nicht auf Rosen gebetteten kretischen Eigentümer wollten die Bäume fällen und auf dem Holzmarkt zu Geld machen. Antonella Meyer-Masciulli erkannte auch den kulturhistorischen Wert der bis zu 15 Meter hohen und neun Meter dicken Riesen und setzte sich für deren Erhalt ein. Diese Urbäume sind denn auch die Basis für das Olivenöl von Mitera, zu Deutsch «Mutter», abgeleitet vom sogenannten Mutterbaum, den sie auf Kreta wissenschaftlich untersuchen liess.
Nachhaltigkeit ist ihr wichtig
Nachhaltigkeit ist Antonella Meyer-Masciulli sehr wichtig, zudem will sie vor Ort sozial etwas bewegen. Es war für sie zunächst in Kreta nicht ganz einfach, das Vertrauen der dortigen Olivenbauern zu gewinnen. Sie stammt aus der Schweiz und ist eine Frau. Dies war für die Olivenbauern in der doch eher patriarchalischen kretisch-griechischen Gesellschaft gewöhnungsbedürftig. «Das ist eine Männerwelt», so die Produzentin. Doch ihr Fachwissen, diplomatisches Geschick und dass sie aus einer italienischen Olivenöl-Produzentenfamilie stammt, das hat wohl dann das Eis gebrochen. Zudem arbeitet sie vor Ort sowohl auf Kreta als auch in Umbrien mit einem Agronomenteam aus Rethymnon und mit dem italienischen Wissenschaftler Nicolò Cultrera zusammen.
Die Bäume in Umbrien, von denen das italienische Mitera-Olivenöl stammt, verfügen über eine bis zu 2500 Jahre alte DNA. Es handelt sich um eine Ursorte, die nur noch selten vorkommt und die wegen ihrer speziell fruchtig-würzig und pfeffrigen Note und den geringen Erträgen ausschliesslich zum Blenden eingesetzt wird. Die Produktion des ersten reinsortigen Olivenöls Raio aus Umbrien ist international das erfolgreichste und gleichzeitig seltenste Olivenöl der Mitera GmbH.
Reinsortig und kaltgepresst
Olivenöl ist nicht Olivenöl, gibt Antonella Meyer-Masciulli zu verstehen. Der Markt ist hart umkämpft – und es wird gepanscht und gestreckt. Diese Methoden sind ihr zutiefst zuwider. Deshalb produziert sie reinsortiges, hochwertiges und kaltgepresstes Olivenöl. Darum arbeitet sie auch mit dem Team aus der Wissenschaft und Agronomie. Das Ziel ist es, den Kunden garantieren und nachweisen zu können, dass die Produkte aus den entsprechenden Sorten und Orten stammen. Seit 2019 vertreibt die Mitera GmbH DNA-zertifizierte, extra-native Olivenöle. Diese werden durch ein unabhängiges Labor analysiert. «Die Konsumenten haben somit die Sicherheit bezüglich der Herkunft und der Reinheit unserer Olivenöle.»
Derzeit ist Antonella Meyer-Masciulli in Italien, bevor sie nach Kreta weiterreist und dort die Vorbereitungen zur Ernte im Herbst mitgestaltet. Die enthusiastische Olivenölproduzentin ist jeweils mehrere Wochen vor Ort auf Kreta und in Umbrien. Sie begleitet auch die Ernten und die Produktionen persönlich. In Kreta ist dies besonders aufwendig, weil vielfach die technischen Hilfsmittel nicht an die italienischen Standards herankommen. Aufgrund der noch relativ hohen Temperaturen müssen die Oliven vor der Pressung selektioniert, auf rund 20 Grad heruntergekühlt und innerhalb weniger Stunden verarbeitet werden.
Aufwendige Arbeit
Die aufwendige Produktion, die Ernte mit Greifarmen für die hohen Bäume, die Zollabgaben und auch die Tatsache, dass Antonella Meyer-Masciulli den kretischen Bauern bis zu drei Mal höhere Preise zahlt als für Massenware sind denn auch Gründe, warum ihre Olivenöle etwas teurer sind. Nicht jedes Jahr gibt es gleich viel Ertrag. 2020 könnte aufgrund der Witterungsbedingungen eine etwas geringere Menge anfallen. Zusammengerechnet kam 2019 die Mitera GmbH mit den griechischen und den italienischen Olivenölen auf rund 5000 Flaschen. «Jede Flasche ist ein Unikat», sagt Meyer-Masciulli. Die Sorten Mastoidis und Throumbolia stammen aus Kreta, Raio aus Italien.
«Eine Kathedrale, ein Tempel»
Manchmal wisse sie noch nicht, ob ihre Leidenschaft Segen oder Fluch sei, so die Produzentin. Momentan lege sie finanziell eher noch drauf. Aber die Liebe zu den grossen Mutterbäumen, die hat sie ganz in den Bann gezogen, das wird beim persönlichen Gespräch mit ihr klar. Sie sei nicht esoterisch veranlagt, aber von diesen alten Bäumen, die eine Jahrtausende lange Zeitgeschichte des Mittelmeerraums überdauern, gehe eine Mystik aus. «Wie eine Kathedrale, ein Tempel.»