Die Ruhe sorgt für die Inspiration
03.07.2020 WohlenHugo Meyer schreibt Gedichte und Weisheiten – und möchte die Werke bald verewigen
«Es fröndlechs Grüezi». Oder einfach nur «Grüezi» heisst eines seiner Lieblingsgedichte. Das passt auch zu Hugo Meyer, der von seiner geliebten ...
Hugo Meyer schreibt Gedichte und Weisheiten – und möchte die Werke bald verewigen
«Es fröndlechs Grüezi». Oder einfach nur «Grüezi» heisst eines seiner Lieblingsgedichte. Das passt auch zu Hugo Meyer, der von seiner geliebten Steingasse aus als gebürtiger «Uezmeler» sein Talent spät entdeckt hat. Gedichte schreiben und Weisheiten verfassen – das ist seine Leidenschaft.
Daniel Marti
Oben an der Steingasse, da ist es ihm so richtig wohl. Da kann er auf das benachbarte und über 210 Jahre alte Seckelmeisterhaus, das zurzeit saniert wird und unter Denkmalschutz steht, schauen. Da lässt sich Hugo Meyer gerne inspirieren. «Weil halt so viel Geschichte drinsteckt.» Auch vom benachbarten alten Nussbaum, von der Steingasse selber oder einfach von geschichtsträchtigen Nachbarschaften lässt er sich gerne leiten. Draussen im Garten sitzen und sinnieren. Oder auf einer Wanderung in sich gehen, den Bleistift zücken und schreiben. «Die besten Ideen habe ich bei absoluter Ruhe», sagt Hugo Meyer. Herrschen Ruhe und Stille, dann ist er gerne kreativ, schreibt Gedichte oder Weisheiten. «Nein», wehrt er gleich ab, «ich will nie belehrend sein.» Mal traurig, mal locker, mal lustig darf es sein.
Der Start an einem zauberhaften Tag
Rund 70 Gedichte hat er mittlerweile geschrieben und 123 Weisheiten. Wenn alles passt, wagt er sich im Herbst an ein Buch, das alle seine kleinen Werke beheimaten soll. Das wird er dann hüten wie einen kleinen Schatz. Wer Glück hat, wird ein Exemplar bekommen. Beispielsweise als Mitbringsel bei einem Besuch oder einfach als schönes Geschenk. Das Buch wird unweigerlich sein Talent offenlegen, denn bisher kennt nur sein persönliches Umfeld seine grosse Leidenschaft, das Schreiben.
«Früher, da hatte ich eigentlich nichts mit Sprache zu tun», blickt Meyer zurück. Erst mit der Pensionierung vor knapp vier Jahren entdeckte er seine neue Gabe. Da fand er Zeit – und eben viel Ruhe. Sein Premiere-Gedicht stammt vom November 2016. «Ein zauberhafter Tag war es.» Er habe einfach probiert, gesteht er. Seine Testpersonen waren die Frau und die Tochter. Und von diesen beiden bekam er mit dem Verlauf der Zeit immer mehr Schulterklopfen, übrigens sein einziger Lohn bisher. «Irgendwann will man doch besser werden oder sogar perfekt sein», beschreibt der Autor seinen Ehrgeiz. Nicht mit innerem Drang will er dorthin kommen. Nein, die Ideen sollen spontan erfolgen und so einfacher umsetzbar sein (zwei Beispiele seiner Gedichte siehe rechts).
Manchmal reicht nur ein Wort – und das Gedicht oder die Weisheit sind praktisch geboren. «Es föndlechs Grüezi» beispielsweise. Ein Gedicht, das er besonders mag. «Ein Grüezi kann viel bewirken», sagt Meyer, «wie man an Menschen herangeht, so kommt es doch zurück.»
Die geniale Freiheit dort oben
Oder «Uezwil». Das muss in sein Repertoire. «Ich bin ein Uezmeler», sagt Hugo Meyer bestimmt. Uezwil, eben Uezmel, ist sein Lieblingsort geblieben. Dort aufgewachsen, war er lange im Turnverein tätig. Und seine Verbindung zu den Uezwiler Schützen ist schon fast eine ewige Liebe. Genau wegen der Liebe ist Hugo Meyer in Wohlen gelandet, seine Frau konnte ihn überzeugen, das geliebte Dörfchen am Lindenberg zu verlassen. Seit 1975 wohnen die Meyers in Wohlen, seit 1980 an der Steingasse.
Zurück zu Uezwil. Die Familie zählte sechs Kinder und musste den frühen Tod der Mutter verkraften. «Es war eine harte Zeit», gibt Meyer zu, «aber die Freiheit dort oben in Uezwil war genial.» «S`Naglers» wurden sie genannt, weil die Grosseltern Nägel herstellten. «Uezwil ist einfach sympathisch geblieben. Man kennt einander und spricht miteinander.» Grüezi sagt man sowieso. Hugo Meyer ist gerne und oft in seinem Uez wil. Er benötige diese Inspiration. «Denn auf Auftrag ist es unmöglich, ein Gedicht zu kreieren.» Und sowieso, seine Gedichte, seine Weisheiten gibt es nur auf Mundart. «Das zeigt die eigene Identifikation.»
Alte Telefone haben es ihm angetan
Neben dem Gedichteschreiben hat Hugo Meyer noch ein weiteres Hobby. Der gelernte Elektromonteur, der zudem 26 Jahre lang Prüfungsexperte für Elektromechaniker war, ist ein Sammler. Im Untergeschoss seines Hauses hat er seine Schmuckstücke aufgereiht: alte Telefone. Die Auswahl ist vielfältig. Ein über hundert Jahre altes Kurbeltelefon, das mal im Wohler «Rössli» stand, oder Geräte aus der Zeit, als die Telefone nur schwarz waren, zählen zu seiner Sammlung. «Jedes Stück hat seine Geschichte», sagt Hugo Meyer. «Früher hat man eben das Telefon nicht in den Hosensack genommen», blickt er augenzwinkernd zurück. Aber die Basis sei ja die Gleiche geblieben. In jedem dieser alten Geräte sei eine Geschichte drin, erklärt er, «darum mache ich mir über jedes einzelne Stück meine Gedanken».
Gedanken, die sich neben den Sammelstücken um seine Gedichte und Weisheiten drehen. Ein Vorbild hat er übrigens auch: Das ist Mundartdichter Robert Stäger. Von dieser Person ist Hugo Meyer begeistert. Stäger schrieb heiter-besinnliche Kurzgeschichten und schilderte vor allem das einheimische Leben. Hier sind Parallelen feststellbar. Hugo Meyer schreibt aktuell an einem Stück für ein Kleintheater. 20 Minuten wird es letztlich wohl dauern. «Ein Stück zum Lachen», ergänzt Meyer. Eben: heiter und besinnlich, wie Stäger, wie Hugo Meyers Gedichte.
«Uezmel», es Dorf em Freiamt
Ned gross, aber iladend schöön,
mer grüesst ond könnt enand,
mer wenkt enand zue
ond mer ged enand d’Hand.
Ech go gern i mis Heimatdorf,
wandere dor’s Älewäldli is Oberholz,
i fende em Dörfli mini Bekannte,
als Uezmeler, macht mi das schtolz.
Ond emmer wenn i of Uezmel go,
do fend i Lüüt, won i könne,
mer verzellt vo früenere Zyte,
mer mag enand nor s’Guete gönne.
Es esch es sympathisches Dörfli,
gang emol verbi ond nem der Zyt,
nem de Wääg onder d’Füess,
du wersch gseeh, es esch ned wiit.
Ond wenn de z’Uezmel acho besch
ond dänksch: «Jetzt han i gnue»,
de gang doch no i Kapälle ie
ond gnüüs de Momänt vo de Rueh.
Kapälle, eso schöön und pflägt,
so iladend ond herzig wie si esch,
nem der doch Zyt ond de setz äne
ond dänk, wie glöcklech du besch.
«Uezmel», mini Heimat.
Es fröndlechs Grüezi
Mer glaubts fascht ned, es bruucht ned
vell, nor es fröndlechs Grüezi, wemer well,
das cha doch ned z’vell si, sicher ned,
mer glaubt gar ned, wie vell das da eim ged.
Eis, zwöi oder au drüü am Tag, es dör-
fid au mee si, s’händ alli freud dra, ob
Jong ob Alt, ob Gross oder Chlii,
mer sell sech ned weere, wie em Wind
en Eiche, mer glaubt gar ned, was mer
demet cha erreiche.
Es Grüezi vo Herze, oseme schrahlende
Gsecht, esch wienes wonderschööns
gschrebnigs Gedecht,
mer öffnet sech de Lüüt ond ladsi demet ii,
zom’s Grüezi zerwedere, eso sets au si.
Oft ged’s druus e nätti Onderhaltig,
was es Grüezi eim cha gee, da esch eifach gwaltig,
drom meint i, machid doch wiiter eso,
es versüesst eim de Alltag, s macht is glöcklech ond frooh.
Drom wett i am Schloss no sääge,
send fröndlech zonenand,
hebeds guet zäme ond gänd enand d’Hand.