Jetzt soll es schnell vorwärtsgehen
30.06.2020 WohlenDas Projekt «Wasser 2035» startet in seine 4. Phase – nächstes Jahr soll der defnitive Entscheid fallen
Der Zeitplan ist ehrgeizig. An den Sommer-«Gmeinden» im kommenden Jahr soll über den Beitritt zur neuen Organisation abgestimmt ...
Das Projekt «Wasser 2035» startet in seine 4. Phase – nächstes Jahr soll der defnitive Entscheid fallen
Der Zeitplan ist ehrgeizig. An den Sommer-«Gmeinden» im kommenden Jahr soll über den Beitritt zur neuen Organisation abgestimmt werden. Bisher zeigen 23 Gemeinden und zwei Wasserverbünde Interesse an der neuen Ringleitung. Aber noch sind einige Hürden zu überspringen.
Chregi Hansen
«Wir sind auf der Zielgeraden», freut sich Peter Lehmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung der IB Wohlen AG. Und die Freude ist berechtigt, ist er doch der Initiant des Projekts und der «geistige Vater» der Vision «Wasser 2035». Es gehe längst nicht mehr darum, ob beim Trinkwasser im Freiamt Handlungsbedarf besteht, sondern nur noch wann. «Die einen werden früher betroffen sein, die anderen später», so Lehmann.
In den vergangenen Jahren wandten sich immer mehr Gemeinden an die ibw und fragten an, ob sie in trockenen Phasen Wasser aus Wohlen beziehen können. Zudem nimmt der Wasserverbrauch wegen des Bevölkerungswachstums und den zunehmend heissen Sommer immer mehr zu. Ziel des Projekts ist es darum, eine Ringleitung vom Grundwasserpumpwerk in Niederlenz durch das Bünz- und Reusstal zu bauen und so die Wassernetze zu koppeln. So erhalten alle Gemeinden Zugang zu den Wasservorräten im Hard und können bei Bedarf gegenseitig mit Wasser aushelfen.
Kann auch die Landwirtschaft profitieren?
Technisch ist das Projekt machbar. Auch wenn es in den letzten Monaten noch einige Anpassungen brauchte. So zeigte sich, dass im Gebiet Hard nicht unbegrenzt Wasser zur Verfügung steht. Darum wurde geprüft, ob auch ein Anschluss an das Gebiet Suret möglich ist. Das zusätzlich nötige Grundwasserpumpwerk führt zu Mehrkosten von 3 Millionen Franken. Geprüft wurde auch, ob der zusätzliche Wasserbedarf der Landwirtschaft über diese neue Ringleitung abgedeckt werden kann. Dafür wurde ein Pilotprojekt initiiert. Dabei zeigt sich: Grundsätzlich könnte auch die Landwirtschaft vom Projekt proltieren, jetzt sollen die notwendigen Grundlagen geschaffen werden. Der Vorteil: Es winken Subventionen von Bund und Kanton, die beide sehr an den Resultaten interessiert sind. Und nicht zuletzt wurde das Thema des Chlorothalonils im Wasser untersucht. Hier kommt es aber zu keinen Anpassungen im Projekt. «Bisher ist keine Lösung in Sicht. Und wir können nicht unsere ganze Planung über den Haufen werfen», erklärt Ingenieur Martin Schibli.
Alles in allem hat es sich gelohnt, dass die Vision «Wasser 2035» eine Zusatzrunde einlegen musste. Dies, weil die Gemeinden zwar grundsätzlich für das Projekt sind, aber das vorgeschlagene Modell abgelehnt haben. Dieses sah vor, dass die Wasserversorgungen einen Teil ihrer Anlagen in eine neu zu gründende Aktiengesellschaft einbringen sollten. Es zeigte sich aber, dass die Gemeinden ihre Anlagen in eigenen Händen behalten wollen. In einem Kernteam wurde nach Alternativen gesucht. Und gefunden. Jetzt soll eine Interkommunale Anstalt gegründet werden, diese Körperschaft ist seit letztem Jahr im Aargau möglich. «In der Praxis ist diese IKA sehr ähnlich wie eine AG, aber sie untersteht öffentlichem Recht, was den Gemeinden entgegenkommt», erklärte Christian Wernli, Fachexperte bei der BDO. Via Eignerstrategie und Leistungsvereinbarung können die Gemeinden ihre Interessen wahren.
Für den Kanton ein spannendes Projekt
Der Kanton steht diesem Modell sehr positiv gegenüber. «Wir haben noch nicht viele Interkommunale Anstalten im Aargau. Und bisher nur eher kleine. Dieses hier wäre ein interessantes Projekt», sagt Martin Süess, Leiter des Rechtsdiensts der Gemeindeabteilung. Dieses Feedback ist wichtig, denn eine IKA muss vom Regierungsrat genehmigt werden. Zudem dürfte eine solche Organisation mehr Akzeptanz bei den Stimmbürgern erhalten als eine private AG.
Das neue Modell bringt gewisse Veränderungen mit sich. Neu werden die bestehenden, für die Ringleitung benötigen Anlagen und Leitungen nicht mehr übertragen, sondern bleiben im Besitz der Gemeinden. Sie erhalten für die Mitnutzung eine Entschädigung. Das hat zur Folge, dass auch der Finanzplan überarbeitet wurde.
Jetzt sind Gemeinden am Zug
Für die Gründung der neuen Organisation sind mindestens 6 Millionen Franken nötig. Mit diesem Kapital könnte die Anstalt die notwendigen neuen Anlagen mit Kosten von rund 24 Millionen Franken erstellen. In einer Leistungsvereinbarung soll nun geregelt werden, wie die Kosten für die einzelnen Gemeinden aussehen. Auf eine Verzinsung des Kapitals soll verzichtet werden. «Dadurch würde lediglich das Wasser teurer, davon proftiert niemand», erklärt Lehmann. Zudem wurde bereits ein erster Kostenverteiler erstellt. Er enthält einen Beitrag an die Versorgungssicherheit und einen Leistungspreis.
«Im Kernteam sind wir uns einig, dass dies der richtige Weg ist. Auch wenn es bei den Details noch gewisse unterschiedliche Ansichten gibt», so Lehmann am Schluss des Abends. Aber: Man könne nicht alles schon regeln, bevor man nicht wisse, dass die Anstalt gegründet wird. Nun sind wieder die Gemeinden gefordert. Und sie stehen unter Zeitdruck. Bis Ende August müssen sie melden, ob sie weiter dabei sein wollen. Und damit auch die nächste Phase fnanziell unterstützen. Bis Ende Jahr soll dann die defnitive Vorlage verabschiedet werden, damit die Stimmbürger in den Gemeinden im nächsten Sommer darüber befnden wollen. «Als wir mit dem Projekt gestartet sind, schien 2035 weit weg. Aber die Zeit vergeht schnell. Und der letzte Sommer hat gezeigt, dass wir handeln müssen», sagt Lehmann. Der nun hofft, dass der Grossteil der Gemeinden dem Projekt weiter eine Chance gibt.