Zusammenhalt weiter pflegen
22.05.2020 BremgartenDie Stadtmusik Bremgarten und das Vereinsleben in Coronazeiten
Dass das Vereinsleben wegen der Viruspandemie nicht zwangsläufig ganz zum Erliegen kommen muss, beweist die Stadtmusik mit einer innovativen Idee. Dennoch: das gemeinsame Proben und Treffen vor Ort fehlt. ...
Die Stadtmusik Bremgarten und das Vereinsleben in Coronazeiten
Dass das Vereinsleben wegen der Viruspandemie nicht zwangsläufig ganz zum Erliegen kommen muss, beweist die Stadtmusik mit einer innovativen Idee. Dennoch: das gemeinsame Proben und Treffen vor Ort fehlt.
André Widmer
Es hätte der Höhepunkt des Vereinsjahres 2020 der Stadtmusik Bremgarten werden sollen: die Aufführungen der Friedensmesse «The Armed Man». Zusammen mit dem Oratorienchor Winterthur wollte man im März ein eindringliches, eindrückliches Musikerlebnis präsentieren. Doch die Coronaviruspandemie und die einschneidenden Massnahmen zur Einschränkung des öffentlichen Lebens machten den Organisatoren einen dicken Strich durch die Rechnung – kurz vor dem Moment, als Musiker und Sänger erstmals gemeinsam proben wollten.
Stadtmusik-Dirigent Niki Wüthrich: «Zwei Tage davor wurde von beiden Vereinen der Entscheid getroffen. Das war richtig, auch wenn es extrem wehtat.» Zwei Jahre Vorbereitungszeit für die Katz – wenn auch vielleicht nicht ganz: Aufgrund der Unwägbarkeiten rund um die Pandemie, aber auch vor allem der Terminplanungen beider Vereine wird es 2020 und 2021 nichts mit «The Armed Man». Aber: «Wir haben die Hoffnung für 2022», so Wüthrich. Für die Mitglieder eine Enttäuschung, insbesondere aber auch für Musikkommissions-Präsidentin Margrit Stutz, die mit den beiden Dirigenten der beteiligten Vereine das Projekt vorantrieb. «Für mich war es konsternierend, wie dieses Coronavirus in sämtliche Lebensbereiche eingreift», so Stutz.
«Führt nichts an Schutzkonzepten vorbei»
Gerade Musikvereine haben eine altersdurchmischte Struktur des Ensembles und leben geradezu vom gemeinsamen Üben. Das trifft natürlich auch auf die Stadtmusik Bremgarten zu mit aktiven Mitgliedern zwischen 18 und 80 Jahren. Während Sportvereine im reduzierten Mass und unter Vorlage eines Schutzkonzeptes trainieren dürfen, sind die Räumlichkeiten für die übrigen Vereine noch geschlossen. Weitere Lockerungen sind von Entscheiden des Bundesrates abhängig. Auch die Stadtmusik muss deshalb weiterhin auf gemeinsames Üben und Treffen verzichten – zumal auch das Versammlungsverbot ab fünf Personen immer noch gilt.
Zumindest der Berufsorchesterverband arbeite derzeit an einem Konzept, erklärt Dirigent Niki Wüthrich. Der Unterschied zum Sport wie zum Beispiel Fussball, der an der «frischen Luft» betrieben wird, bestehe auch darin, dass man als Musikverein in geschlossenen Räumen übe, gibt Wüthrich zu bedenken. «Es führt nichts an Schutzkonzepten vorbei», sagt der Dirigent.
«Aus der Not eine Tugend»
Seit rund zwei Monaten ruht nun der Vereinsbetrieb der Stadtmusik – aber dennoch nicht ganz. Die Stadtmusik Bremgarten ist bekannt dafür, offen für Experimente und innovativ zu sein. So haben die Musikerinnen und Musiker zu Hause Videos aufgenommen, wie sie den Titel «Heldä und Legendä» spielen. Das Video wird derzeit abgemischt und sollte danach online abrufbar sein. «Aus der Not eine Tugend machen», so dazu Niki Wüthrich. Der «Aargauer Feuerwehrmarsch» wurde über die Onlineliveplattform Zoom zusammen geübt. Allerdings waren da lediglich 20 der 44 Mitglieder beteiligt, zudem sei das Programm für gemeinsames Musizieren aufgrund möglicher zeitlicher Verzögerungen nicht so praktikabel. Immerhin konnte man so auch den Zusammenhalt pflegen.
Dirigent Niki Wüthrich hat keine Angst, dass «seine» Musikerinnen und Musiker ihre Fähigkeiten aufgrund der Zwangspause einbüssen. Schliesslich dauere auch die alljährliche Sommerpause einige Wochen. Und: «Sie haben ihre Fähigkeiten über Jahre aufgebaut.» Diese verliere man nicht einfach so. Doch das gemeinsame Musizieren vermisse er total. Als Mitglied einer Bläsergruppe konnte Niki Wüthrich am Ostersonntag an einem live übertragenen Gottesdienst aus dem Zürcher Fraumünster teilnehmen. «Das tat gut», schildert Wüthrich das Erlebnis. Auch Margrit Stutz vermisst die Proben mit der Stadtmusik, auch wenn sie sich mittlerweile an das Üben zu Hause gewöhnt hat und die Motivation dafür da ist. «Es hat eine Wirkung, ob ich Musik mache», erzählt sie. Das Üben ist wichtig, weil der Qualitätsanspruch in der Stadtmusik, die national der 1. Stärkeklasse angehört, hoch sei.
Dirigent Niki Wüthrich will die Motivation in der Stadtmusik unter anderem auch damit hochhalten, dass er Links zu neuen Stücken, die einst eingeübt werden sollen, verschickt. Die Hoffnung ist auch da, dass ab dem Lockerungsschritt vom 8. Juni Proben wieder möglich sein könnten. Vielleicht auch erst in einzelnen Registern oder halben Gruppen, wer weiss. Zudem hat Wüthrich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass ein kleines Open-Air-Konzert beim Spittelturm am 20. Juni durchgeführt werden könnte.