Freude an alten Motoren
29.05.2020 VillmergenEin normales Auto ab Werk – das ist nichts für Peter Lüthi. Der Villmerger bevorzugt Oldtimer, an denen er dann stundenlang basteln kann. «Da ist praktisch alles mechanisch. Nicht wie die heutigen Fahrzeuge, die man an einen Computer hängt», lacht er. Er besitzt ...
Ein normales Auto ab Werk – das ist nichts für Peter Lüthi. Der Villmerger bevorzugt Oldtimer, an denen er dann stundenlang basteln kann. «Da ist praktisch alles mechanisch. Nicht wie die heutigen Fahrzeuge, die man an einen Computer hängt», lacht er. Er besitzt gleich zwei alte Triumph Spitfire – eine für Ausfahrten, die andere für Rennen. --chh
Das Grinsen im Gesicht
Peter Lüthi ist im Vorstand des Spitfire-Club Schweiz – und besitzt gleich zwei besondere Modelle
Er fällt auf, der Ferrari-rote Sportflitzer mit dem edlen Design. Mit seinem Triumph Spitfire IV fährt Peter Lüthi gerne durch die Gegend. Doch in der Garage hütet er noch einen anderen, besonderen Schatz, einen Oldtimer-Rennwagen. Natürlich auch einen Spitfire.
Chregi Hansen
Der Besuch ist angekündigt. Peter Lüthi hat den Wagen darum extra vor die Garage gestellt. Als der Redaktor eintrifft, wischt er gerade ein letztes Mal über die blitzblanke Karosserie. Das Rot glänzt im Sonnenlicht. Lüthi steht stolz daneben. «Das ist er jetzt», sagt er und fährt nochmals mit dem Lappen über die Motorhaube.
Sein Stolz: ein Triumph Spitfire IV, Jahrgang 1972. Vor fast 50 Jahren in Genf erstmals eingelöst. Eine spezielle Anfertigung, denn er hat schwarze Stossstangen. Und lackiert ist er nicht im Original-Rot, sondern im Ferrari-Rot. Ein kleines, sportliches Cabriolet mit einem Softtop-Verdeck. Es sei nicht ganz dicht, gibt Lüthi zu. «Ich habe mich früher immer gewundert, warum alle Spitfire-Fahrer Papiertaschentücher im Wagen liegen haben, jetzt weiss ich es», lacht er. Aber im Regen fährt er sowieso selten. Der Spitfire ist für die Sonntagsspazierfahrten. «Damit fällt man schon auf», sagt er. «Es kam auch schon vor, dass mich die Polizei angehalten hat, einfach weil sie sich das Auto genauer anschauen wollte.»
Liebe auf den ersten Blick
Autos haben den 66-Jährigen schon immer fasziniert, wie er gesteht. «Ich wollte nie einen 08/15-Wagen, habe immer an meinen Autos gebastelt. Sie tiefer gelegt, etwas mehr PS herausgeholt, aber alles immer im legalen Bereich», erklärt er. Als gelernter Maschinenmechaniker kann er vieles selber machen, nur das Schweissen liegt ihm nicht, da holt er sich Hilfe.
Der Spitfire war allerdings nicht die erste Wahl, als er sich Ende der 90er-Jahre entschloss, sich einen Oldtimer zuzulegen. «Die Wahl fiel damals auf einen alten VW Scirocco, aber ich habe den Wagen nicht durch die Fahrzeugkontrolle gebracht. Über einen Freund kam ich dann auf den Triumph.»
Es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. «Eigentlich ist es ein Frauenauto», lacht der Villmerger. «Aber es ist toll. Ich weiss noch genau, wie es war, als ich meine erste Ausfahrt mit ihm machte. Ich brachte das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht», erzählt er. Weniger Freude hatte seine Frau Myrta. «Mir hat der Sportwagen am Anfang überhaupt nicht gefallen. Wenn Peter mich von der Arbeit abholte, durfte er nicht direkt vor dem Gebäude parkieren», erinnert sie sich. Inzwischen lässt sie sich gerne ausfahren – selber hinter das Steuer setzt sie sich aber nicht. «Zum Glück haben wir noch ein normales Auto», lacht sie.
Seit 21 Jahren ist der Roadster nun in seinem Besitz. Unzählige Stunden hat Lüthi in den Wagen investiert. Kurz nach dem Kauf wurde er auch Mitglied im Spitfire-Club Schweiz, seit Jahren engagiert er sich im Vorstand. «Wir sind etwa 120 Mitglieder, davon aber nur etwa 30, die sehr aktiv sind. Hier in Villmergen haben wir ein richtiges Nest mit vier Mitgliedern», sagt Lüthi, der als Redaktor das clubeigene Magazin betreut. Im Verein unterstützt man einander, gibt sich Tipps, hilft bei den Arbeiten. In Lenzburg hat Lüthi zusammen mit Kollegen eine Garage mit Hebebühne gemietet, in der sie viel Zeit verbringen. Auch in der Nachbarschaft hat es einige Autoliebhaber, die sich unterstützen. «Es ist eben ein ganz spezielles Hobby für Menschen mit einem speziellen Fahrzeug.»
Idealer Ausgleich zur Arbeit im Büro
Lüthi liebt es, an seinem Wagen zu basteln. «Ich habe beruflich immer neue Aufgaben übernommen. Habe mich weitergebildet und mehr und mehr Zeit im Büro verbracht. Mir hat das Handwerkliche gefehlt, daher ist das für mich ein idealer Ausgleich», sagt er. Billig ist das Hobby nicht, gibt er zu, finanziert hat er es sich mit seiner zweiten Leidenschaft, der Musik. Lüthi hat früher in verschiedenen Formationen gespielt und unterrichtet bis heute Saxofon. Mit dem aktiven Musizieren in Vereinen hat er inzwischen aufgehört. «Die Stücke wurden immer anspruchsvoller und mir fehlte die Zeit, um so viel zu üben», bedauert er.
Umgekehrt hat er nun mehr Zeit für seine Autoleidenschaft. Wenn es um Spitfires geht, ist er ein wandelndes Lexikon. Und längst ist ein zweiter Wagen dazugekommen – ein Spitfire Mk3, Jahrgang 1968. Aufgebaut von Lüthi im gleichen Stil, wie sie die Triumph-Werke für die 24-Stunden-Rennen von Le Mans einsetzten. Strahlend präsentiert er das Rennauto in der Garage. «Hier ist fast alles noch mechanisch, das sind noch richtige Autos», sagt er stolz, während er den Motor erklärt.
Ehefrau Myrta erinnert sich noch gut an den Kauf: «Ich war mit einer Freundin im Urlaub und gerade am Shoppen, als mich Peter anrief und mir erzählte, er habe sich auch etwas Kleines gekauft. Einen neuen Spitfire.» Aufgestöbert hatte er das völlig verdreckte und verrostete Auto in einem offenen Unterstand in Villmergen. «Als ich ihn mit einem Freund abholte, liess sich der Wagen nicht mal bewegen. Erst nach einem Besuch in der Waschanlage sah er wie ein Auto aus», erinnert sich Lüthi.
Als das Rennfieber erwachte
Der Rennwagen war auf den ersten Blick ein Schnäppchen, gerade mal 300 Franken hat der neue Besitzer dafür bezahlt. Inzwischen hat er ein Vielfaches davon in die Restauration investiert. «Wenn ich gewusst hätte, was alles auf mich zukommt, hätte ich es vielleicht nicht gemacht», schmunzelt er. Anderseits, das Arbeiten an dem Wagen macht ihm Spass. Und seit ihn sein Teamkollege mit seinem Wagen auf einer Rennstrecke fahren liess, hat ihn das Fieber gepackt. «Ich hatte schon immer Lust, Rennen zu fahren. Aus Rücksicht auf die Familie habe ich lange darauf verzichtet», sagt er. Aber nach den ersten Runden auf dem Hockenheimring war es um ihn geschehen.
Mehr als drei Jahre stand der zweite Spitfire dann in der Lenzburger Garage. Er wurde zwar komplett auseinandergebaut und überholt, aber irgendwie fehlte danach die Motivation, die Arbeit zu beenden. «Nach diesem Ausflug auf den Circuit de Spa-Francorchamps hat es klick gemacht. Mit meinen Kumpels verbrachte ich halbe Nächte in der Garage und schraubte an meinem Wagen.» Gleichzeitig absolvierte Lüthi die notwendigen medizinischen Tests und anspruchsvolle Lizenz-Kurse und besorgte sich die Ausrüstung, um Rennen fahren zu können. «Es hat mich gepackt», gibt er zu.
Drei- bis viermal pro Jahr fährt Lüthi mit seinem Rennteam zu Oldtimer-Rennen wie dem Histo-Cup am Red Bull Ring in Spielberg und in Salzburg, nach Zandvoort oder nach Spa. Auch wenn er gerne Gas gibt, «mein oberstes Ziel ist, dass ich und der Wagen ganz bleiben», gibt er zu. Und weil dies den meisten Teilnehmern gleich geht, kommt es selten zu Unfällen. Es wird eher mal abgebremst als ausgebremst. Trotzdem: Einfach nur Runden drehen, das ist dem Villmerger dann doch zu wenig. «Man versucht schon immer, noch etwas schneller zu sein. Aber man muss eben das Auto und die Physik kennen und wissen, was jetzt in der Kurve passiert.» Dabei hat der Autoliebhaber zwei grosse Ziele. «Ich möchte endlich mal schneller sein als mein Kollege. Und irgendwann mal einige Runden in Brands Hatch drehen, dem Mekka des britischen Motorsports.» Da würden er und seine Kollegen mit ihren britischen Sportwagen bestens hinpassen. «Aber der Aufwand dafür ist eben riesig», weiss Lüthi.
Vielleicht bald ein neues Projekt
Immerhin – mit seinem roten Spitfire war er schon in England und Schottland. Der Club organisiert Ausfahrten und Reisen, besucht auch Firmen, die noch immer Originalteile herstellen – auch wenn der Name Triumph nach der Übernahme durch BMW eigentlich nur noch auf dem Papier besteht. Englischen Autos will Lüthi weiter treu bleiben. Vielleicht gibt es schon bald ein neues Projekt. «Das ist eben meine Passion», meint er. «Und seit der Pensionierung habe ich auch genügend Zeit.» Sagts, und bastelt weiter am Choke der Rennmaschine herum.