Das Ende zweier Gasthöfe
19.05.2020 VillmergenAbbrucharbeiten in Villmergen
Das «Rössli» und der «Ochsen» sind schon länger zu, jetzt wird hier Platz geschaffen für eine Zentrumsüberbauung.
Die Arbeiten stossen im Dorf auf grosses Interesse. Kein Wunder, denn an ...
Abbrucharbeiten in Villmergen
Das «Rössli» und der «Ochsen» sind schon länger zu, jetzt wird hier Platz geschaffen für eine Zentrumsüberbauung.
Die Arbeiten stossen im Dorf auf grosses Interesse. Kein Wunder, denn an die beiden altehrwürdigen Gasthöfe mitten im Zentrum haben wohl die meisten viele Erinnerungen. Nun aber haben ihre letzten Tage geschlagen, seit einigen Tagen läuft der Abbruch auf Hochtouren. An ihrer Stelle entstehen 31 Wohnungen, drei Gewerberäume, eine Migros-Filiale und ein Café. An früher wird nur noch eine einzige Fassade erinnern. --chh
Alles andere als alltäglich
Derzeit werden in Villmergen das «Rössli» und der «Ochsen» abgebrochen
Gleich zwei altehrwürdige Beizen mitten im Zentrum werden dem Erdboden gleichgemacht. So etwas sorgt immer für Aufsehen. Wenn aber eine einzelne Fassade stehen bleiben soll, dann ist das Ganze noch viel spektakulärer. Und auch für die Unternehmen eine grosse Herausforderung.
Chregi Hansen
Markus Bütler ist ein Experte, wenn es um Abbrüche geht. Hat schon viel erlebt. Doch der Auftrag in Villmergen ist auch für ihn speziell. «Es ist eine sehr heikle Aufgabe, bei der es viel Fingerspitzengefühl braucht», sagt er.
Das Besondere: Die beiden alten Gasthöfe Rössli und Ochsen müssen dem Neubau «Am Dorfplatz» weichen, welcher aus 31 Wohnungen, drei Gewerberäumen, einer Migros-Filiale sowie einem Café besteht. Aber eine einzige Fassade des «Rössli» soll erhalten bleiben, und zwar diejenige Richtung Dorfplatz. «Die Fassade ist rund zehn Meter hoch. Und direkt daneben wird zwei Etagen tief in den Boden gegraben», erklärt Bütler. Die Mauer selbst muss während der Bauzeit völlig allein stehen. «Wir sind jetzt dabei, sie mit vielen Stützen zu sichern, damit sie jeglichen Sturm übersteht», erklärt der Abbruch-Experte. Dafür werden mächtige Stützträger montiert, die ein Kippen verhindern. Diese bleiben im Einsatz, bis der Neubau fertiggestellt ist.
Für Sicherheit sorgen
Noch steht die Fassade nicht frei. In einer ersten Phase wurde das Gebäude zwischen den beiden Restaurants rückgebaut. Jetzt geht es dann dem «Ochsen» an den Kragen. Wegen der Lage direkt neben der viel befahrenen Kantonsstrasse sind auch da Massnahmen nötig. «Die Sicherheit steht an erster Stelle», sagt denn auch Bütler. Darum kommt beim Abriss des «Ochsen» auch ein Verkehrsdienst zum Einsatz. Parallel dazu beginnen die Arbeiten am «Rössli», wobei die Südfassade mit speziellem Gerät von allen übrigen Mauern getrennt werden muss. Weil beide Gasthöfe über sehr viele verschieden grosse Räume verfügen, brauchen die Arbeiten viel Zeit. Ein falsches Zerren und Ziehen, und das Ganze stürzt in sich zusammen.
Mit dem Abbruch beauftragt ist die Firma Hubschmid aus Nesselnbach. Verantwortlich für den Bau ist die Xaver Meyer AG aus Villmergen. Der zuständige Bauleiter Marco Weilenmann sagt: «Der Abbruch dürfte noch bis in den Juni andauern.» Die Arbeiten stossen dabei auf grosses Interesse bei Passanten, aber auch bei den Kindern der benachbarten Schule. Der komplette Rückbau dauert vermutlich noch bis August, im Juli beginnen bereits die Bohrarbeiten für die Baugrubenabschlüsse, im August soll der Aushub starten. Dann geht es erst einmal in die Tiefe.
Alte Ziegel gerettet
Bisher verlaufen die Arbeiten nach Plan, bestätigt Bütler. Auf spannende Funde aus alten Zeiten oder auch unliebsame bautechnische Überraschungen ist man nicht gestossen. Aber aufgrund der besonderen Situation müsse man langsam vorgehen. «Wir sind mit schwerem Gerät unterwegs, da will man keinen Einsturz riskieren», sagt Bütler. Zudem muss das Material komplett getrennt werden. Auch das benötigt Zeit. Das gilt auch für die alten Ziegel – 34 Paletten wurden vor dem Abriss gerettet und sollen später wieder aufs Dach. Bütler spricht von einem schwierigen, aber auch spannenden Auftrag.
Auch für Projektleiter Dario Rosa ist dies alles andere als Alltag. Zum einen war das Baustellenkonzept eine der grossen Herausforderungen. «Es wird auf sehr engem Raum und mitten im Zentrum gebaut. Zudem hat es um den Gebäudekomplex kaum Lagermöglichkeiten.» Daher müssen während der Rohbauphase die Einmündung in die Schulhausstrasse ab der Mitteldorfstrasse sowie ein Teil der Schulhausstrasse im Bereich des früheren «Rössli»-Saals vollständig gesperrt werden. «Nur so kann die Sicherheit für Nichtbeteiligte, aber auch der Baustellenverkehr gewährleistet werden.»
Eröffnung in rund zwei Jahren
Die Tiefe der Baugrube, welche über zwei Etagen in den Boden reicht, sei ebenfalls eine Herausforderung, welche in Zusammenarbeit mit dem Bauingenieur und dem Geologen gemeistert wurde. «Im Dorfkern entsteht die tiefste je ausgehobene Baugrube von Villmergen», weiss der erfahrene Mitarbeiter der Xaver Meyer AG. Dass gleich daneben eine alte Fassade stehen bleiben muss, macht das Projekt zu einer Knacknuss, der sich die erfahrenen Baufachleute aber gerne stellen.
«Wenn alles planmässig verläuft, können wir im Herbst mit dem Rohbau beginnen», sagt Bauleiter Weilenmann. Besitzerin des Gebäudekomplexes ist die Firma AVEO Services AG aus Bassersdorf. Deren Geschäftsinhaber Ahmed Sari geht von der Eröffnung der Migros in rund zwei Jahren aus. Dann also sind «Ochsen» und «Rössli» endgültig Geschichte. Mit Ausnahme einer einzigen Fassade.




