Ein gemeinderätliches Schreiben aus dem Jahr 1951 – Peter Schürmann erinnert sich
In Zeiten von Corona blickt man auch zurück, um vergleichen zu können. Oder gab es etwas Ähnliches? Bei solchen Überlegungen können einem spezielle ...
Ein gemeinderätliches Schreiben aus dem Jahr 1951 – Peter Schürmann erinnert sich
In Zeiten von Corona blickt man auch zurück, um vergleichen zu können. Oder gab es etwas Ähnliches? Bei solchen Überlegungen können einem spezielle Schriftstücke in die Hände gelangen. Wie die Maikäferplage von 1951.
«Der diesjährige Maikäferflug wird auch den Gemeindebann Wohlen berühren.» Diese Einleitung eines Schreibens ist auch Peter Schürmann sofort in die Augen gestochen, als er in diesen Tagen ein besonderes Dokument in seinen Unterlagen entdeckte. Der Gemeinderat von Wohlen wandte sich vor 69 Jahren mit ebendiesem Schreiben an Peter Schürmann und seine Mosterei. Peter Schürmann ist der ehemalige Geschäftsleiter und Inhaber von Schüwo Trink-Kultur in Wohlen. Heute haben die drei Söhne das Sagen.
Das besagte Schreiben stammt vom April 1951 und erinnert an die Bürgerpflichten. «Die Pflicht zum Einsammeln der Maikäfer liegt den Eigentümern oder Besitzern von Grundstücken ob», heisst es darin. «Für die ersten zehn Aren Grundbesitz sind mindestens vier Liter Käfer, für je weitere zehn Aren mindestens ein halber Liter Käfer abzuliefern.»
80 Rappen pro Kilo
Und der Gemeinderat rechnet Peter Schürmann auch gleich vor, was er von ihm erwartete. So steht geschrieben: «Sie haben deshalb als Eigentümer eines sammelpflichtigen Grundbesitzes von 38 Aren fünfeinhalb Liter Maikäfer an die Sammelstelle lebend abzuliefern.» Die Sammelstelle befand sich damals bei der Gemeindescheune an der Steingasse.
Weiter seien die Grundbesitzer verpflichtet, beim ersten Erscheinen der Käfer mit der Sammlung zu beginnen «und die Letztere so rasch und energisch als möglich zu betreiben». Der Gemeinderat verwies zudem auf die Bestimmungen der regionalen Verordnungen, diese stammen vom März 1927. Ob Peter Schürmann dann die geforderten fünfeinhalb Liter Maikäfer tatsächlich abgeliefert hat, kann heute nicht mehr auf das Gramm genau beziffert werden. Aber die Erinnerungen sind vorhanden. Die Plage habe Wohlen und eine grössere Region rundherum betroffen. Peter Schürmann meint jedenfalls, «dass sich damals niemand getraut hätte, diese Weisungen zu ignorieren».
Maikäfer konnten damals einen grossen wirtschaftlichen Schaden anrichten. Der Maikäfer frisst Pflanzenwurzeln und richtet damit grosse Schäden in den Kulturen an. Erst in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts begannen die Forscher, chemische Pflanzenschutzmittel zur Bekämpfung der Maikäfer zu testen. Die ersten Mittel waren zwar wirkungsvoll, hatten aber Nebenwirkungen. Erst in den Neunzigerjahren wurde ein natürlicher Feind des Maikäfers entdeckt: der Pilz Beauveria.
Die erste überlieferte Maikäferplage in der Schweiz stammt übrigens aus dem Jahr 1479. Damals frassen Engerlinge die Berner Landschaft fast auf. Die letzte grosse Maikäferplage in der Schweiz trat Ende der Vierzigerjahre auf. Sogar in Städten wurden die Einwohner zum Sammeln der Tiere verpflichtet. Der Kilopreis lag damals bei 80 Rappen. Die eingesammelten Tiere wurden verbrannt oder den Schweinen verfüttert. --dm