Nur noch Absagen
10.03.2020 VillmergenRichnerstutz in Villmergen und die Virus-Angst
Das Coronavirus und seine Folgen: Die Villmerger Firma Richnerstutz trifft es hart.
Alle sprechen davon, dass Grossveranstaltungen ab 1000 Personen zurzeit und bis auf Weiteres verboten sind. Solche Events werden ...
Richnerstutz in Villmergen und die Virus-Angst
Das Coronavirus und seine Folgen: Die Villmerger Firma Richnerstutz trifft es hart.
Alle sprechen davon, dass Grossveranstaltungen ab 1000 Personen zurzeit und bis auf Weiteres verboten sind. Solche Events werden gegenwärtig reihenweise abgesagt. Was bedeutet das für den Branchenleader im Eventbau und in der Eventorganisation? Das Villmerger Unternehmen Richnerstutz verliert Auftrag um Auftrag und steuert schweren Zeiten entgegen. --dm
Ungewissheit ist das Problem
Coronavirus und seine Folgen: Die Absagen der Grossevents bringen Richnerstutz in Villmergen in Schwierigkeiten
Das Coronavirus und die damit verbundenen Absagen der Grossveranstaltungen treffen die Villmerger Firma Richnerstutz ins Mark. Innert Kürze musste der Betrieb radikal gedrosselt werden. Kurzarbeit ist die sofortige Konsequenz. Und die düsteren Aussichten bleiben.
Daniel Marti
Die Aufträge sind auf Sparflamme, einzig die Zahlen der Absagen schnellen in die Höhe. Die Auftragslage hat sich innert Kürze schlagartig verändert. Die Firma Richnerstutz, nationaler Branchenleader im Eventbau, bekommt die Massnahmen rund um das Coronavirus hart zu spüren. Das Unternehmen mit 140 Mitarbeitenden hat seinen Betrieb drastisch herunterfahren müssen. Den Geschäftsführern, André Stutz und André Richner, geht die Arbeit trotzdem nicht aus. Sie führen laufend Gespräche mit Kunden, mit Eventveranstaltern, mit dem Team. Aber zurzeit gibt es kaum positive Meldungen.
Als der Bundesrat vor eineinhalb Wochen erstmals informierte und seine Massnahmen kommunizierte, da war der erste Gedanke von Stutz und Richner sofort: «Das kann nicht gut gehen. Da bricht eine Welt zusammen.»
«Die Firma nicht gefährden»
Tatsächlich. Gleich drei Grossveranstaltungen wurden umgehend zum Coronaopfer. Die Giardina, die führende Gartenmesse in Zürich, wurde abgesagt und bis auf Weiteres verschoben. Der traditionsreiche Autosalon Genf wurde kurz vor der Eröffnung abgesagt und ersatzlos gestrichen. Und die Baselworld, die Anfang Mai hätte stattfinden sollen, wurde auf Januar 2021 verschoben. Baselworld ist die wichtigste Erlebnisplattform der globalen Uhren-, Schmuckund Edelstein-Industrien. Giardina, Autosalon, Baselworld – bei allen drei Top-Veranstaltungen ist Richnerstutz als umfassender Eventbetreuer und Eventbauer stark involviert. Drei Grossaufträge wurden mit einem Wimpernschlag zunichte gemacht.
Solche Absagen, so Stutz, seien für die Branche eine Katastrophe. Eigentlich auch für die Firma Richnerstutz. «Bei jeder Krise wird zuerst bei der Werbung gespart», sagt er. Diese Folgerung ist bekannt. Deshalb war sein Unternehmen schon gewappnet, aber nicht restlos. Richnerstutz erzielt den Umsatz zu 90 Prozent mit dem Event-Bau und mit klassischer Werbung. Aber es sind nicht nur die Absagen der Grossanlässe, die negative Spuren hinterlassen. Aufgrund der Gefahr durch das Coronavirus verbietet der Bundesrat Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen bis auf Weiteres. Und was unter dieser etwas willkürlich ausgewählten Limite ist, wurde nie restlos erklärt. Verwirrung pur. Keine einheitliche Regelung. Überall Verunsicherung. Die brutale Folge davon für Richnerstutz: In den vergangenen zehn Tagen ist praktisch kein Auftrag mehr eingegangen. Das Geschäftsführungsduo André Stutz und André Richner reagierte rasch: Einzig die sofortige Einführung von Kurzarbeit für die Belegschaft ist eine gangbare Massnahme. «So ist wenigstens die Firma nicht gefährdet», sagt Stutz.
Ungewissheit und Hilfl osigkeit
Welches ist denn das grösste Problem? Die Angst vor Corona? «Die Ungewissheit», antwortet Richner. «Die Ungewissheit, wie lange dieser Zustand andauern wird.» Den finanziellen Faktor werde das Unternehmen in den Griff bekommen. «Wir sprechen auch nicht von Entlassungen. Aber ein weiteres Problem ist die Handlungsfähigkeit.» Nach einer sofort durchgeführten Risikoanalyse können zumindest alle bestehenden Aufträge ausgeführt werden. An der Ungewissheit sei auch die Art und Weise der Kommunikation aus Bundes - bern mitschuldig, findet Richner. Er wolle keine Vorwürfe erheben, aber diese Kommunikation habe nur zur Verwirrung beigetragen. «Mit viel Hilflosigkeit und ohne Strategie» sei Bundesbern vorgegangen. Es sei richtig, die Bevölkerung aufmerksam zu machen. Aber es fehle eine einheitliche Linie bei den Massnahmen gänzlich. Dagegen hat er nun gerne zur Kenntnis genommen, dass der Bundesrat die Corona-geschwächte Wirtschaft nun allenfalls doch unterstützen will.
Zum Glück gutes 2019
Die Geschäftsleitung will sich bewusst nicht in die politischen Belange einmischen. Die Politik hat dem Unternehmen auch schon Glück gebracht. Beispielsweise der Treffpunkt der Mächtigen dieser Welt. Am WEF in Davos sticht Richnerstutz beim Eventbau die Mitbewerber regelmässig aus. Auch heuer. «Die Tage in Davos waren super», blickt André Stutz zurück, «zum Glück hatten wir einen sehr guten Januar und ein gutes Jahr 2019.» Diese Reserven können jetzt gut gebraucht werden. «Die Firma ist gesund», betont er. Diverse Aufträge im Eventbau bei Topanlässen sorgten für ein erfolgreiches vergangenes Jahr: Fête des Vignerons in Vevey, Zürich Filmfestival, Eidgenössisches Schwingfest in Zug, Art on Ice.
Diese Engagements und ein weiterer Umstand geben ihm ein wenig Hoffnung. Im vergangenen September war Landammann Urs Hofmann im Betrieb in Villmergen auf Besuch. «Das war ein guter Kontakt. Wir alle haben gespürt, dass der Landammann an der Wirtschaft des Kantons Aargau interessiert ist», so Richner.
«Die können das» – auch in der Krise
Zurück zur Event-Branche, die unter den Coronamassnahmen leidet. Täglich erhält André Richner Feedbacks. Und darf feststellen, dass die Branche zusammenhält. Wobei sich alle schon jetzt nach Normalität sehnen. «Früher als Nobody», räumt er ein, «führten wir einen grossen Kampf gegen die Mitbewerber.» Nun als Leader im Eventbau setzt er sich für die gesamte Branche ein. Und stellt zudem internationale Unterschiede fest. Zu Richnerstutz gehören gesamthaft vier Firmen, eine davon hat ihren Sitz in Stuttgart, die Softwareschmiede netvico GmbH. Während die Massnahmen in der Schweiz laut Richner «eher willkürlich sind», geht man mit dem Coronavirus in Deutschland ein wenig gelassener um.
Schnelle Besserung sieht er hierzulande nicht. «Kurzfristig müssen wir ein Horrorszenario überstehen. Und so ab Juni geht es hoffentlich wieder aufwärts.» Darum setzt er auch auf das Motto des Unternehmens: «Richnerstutz – die können das.» Die können also auch eine Krise meistern.
Die Breite des Unternehmens hilft dabei sicherlich. Die 140-köpfige Belegschaft der Firma widmet sich vielfältigen Aufgaben: Werbetechnik, temporäre Architektur und Zeltbau, Event-, Messe- und Ladenbau, Aussenwerbung. Diese Vielfalt ist ein Trumpf im harten Kampf der Eventbranche. Geschäftsführer und Verwaltungsrat André Stutz abschliessend: «Wir müssen agil und kompetent bleiben sowie stets schnell handeln. Und uns immer bewusst sein, dass in der globalen Welt nichts berechenbar ist.»



